Können Influencer Museen bei der Kulturvermittlung unterstützen?

Die Kunsthalle Karlsruhe nutzt zur Vermittlung der Ausstellung „Sean Scully. Vita Duplex“ auch Kooperationen mit Bloggern und Instagram-Nutzern.

Die Kunsthalle Karlsruhe nutzt zur Vermittlung der Ausstellung „Sean Scully. Vita Duplex“ auch Kooperationen mit Bloggern und Instagram-Nutzern.

[Werbung] Museen und Kultureinrichtungen stehen vor der Herausforderung, mitunter komplexe Inhalte gut verständlich zu vermitteln. Ein möglichst breites Publikum soll erreicht und für Kunst und Kultur interessiert werden. Während ein „klassisches“, oft älteres Kulturpublikum meist noch gut über einschlägige Kanäle wie Newsletter, Veranstaltungskalender oder die lokale Presse angesprochen werden kann, sind andere, eher jüngere Zielgruppen, manchmal nicht ganz so leicht von Museumsinhalten zu begeistern. Aktuell zeigt die Kunsthalle Karlsruhe bei der Ausstellung „Sean Scully. Vita Duplex“, wie breit ein Vermittlungsprogramm aufgestellt sein muss, um ganz unterschiedliche Interessentengruppen zu erreichen. Dabei spielt auch die Kooperation mit Online-Akteuren eine Rolle, die in Blogs oder in Sozialen Netzwerken wie Instagram ihre Eindrücke aus der Ausstellung teilen.


Auf keinen Fall Influencer

Das Wort „Influencer“ hört man in der Kunsthalle Karlsruhe eigentlich nicht so gerne, schließlich geht es bei Kulturvermittlung ja nicht darum, jemanden in eine bestimmte Richtung zu beeinflussen. Vielmehr soll zu einer Auseinandersetzung mit aktuellen Themen angeregt werden, die das Museum in seinen Ausstellungen aufgreift. Deshalb bietet die Kunsthalle verstärkt seit 2014 regelmäßig unterschiedliche Veranstaltungen für und mit Online-Akteuren an. Diese Blogger, Instagrammer, Twitterer usw. entstammen nicht zwingend einem Kultur-Kontext, wie Tabea Mernberger, verantwortlich für Presse und Digitale Kommunikation in der Kunsthalle Karlsruhe, im Interview mit uns betont: „Uns geht es darum, neue und ungewöhnliche Perspektiven und vor allem Herangehensweisen auf die Kunsthalle, ihre Ausstellungen und ihre Inhalte zu ermöglichen. Durch die Vielfalt, die sich im Onlinebereich widerspiegelt, wird es möglich, vermeintliche Barrieren und Berührungsängste zu reduzieren und auch selbst von den immer wieder überraschenden und neuen Sichtweisen zu profitieren.“

Für die Kunsthalle Karlsruhe ist die Kooperation mit Bloggern, Instagrammern oder anderen Online-Akteuren deshalb heute aus dem Museumsbereich nicht mehr wegzudenken: „Diese Personen unterstützen die Kulturinstitutionen durch ihre Präsenz bei der Verbreitung des musealen Bildungsauftrags und sind dementsprechend ein wesentlicher und ständiger Bestandteil unserer Vermittlungs- und Öffentlichkeitsarbeit“, betont Tabea Mernberger. Jeder Online-Akteur, mit dem das Museum zusammenarbeitet, bringt dabei seine eigene aktive Community mit. Besonders auf das Entstehen von Diskussionen innerhalb dieser digitalen Gemeinschaften zielt die Kunsthalle Karlsruhe ab, wie Tabea Mernberger einräumt: „Gerade die Reflexion von Inhalten, das Nachdenken, Verknüpfen und Diskutieren ist es, wozu wir im Sinne unserer musealen Kernaufgaben anregen wollen.“


Interaktion mit dem Digitalen Publikum

Neben analogen Vermittlungsangeboten versucht die Kunsthalle Karlsruhe ihre digitalen Angebote für die jeweiligen Zielgruppen und passend zu den verschiedenen Ausstellungsinhalten zu konzipieren. Für das Museum spielt dabei die Flexibilität der Formate eine wichtige Rolle. Immerhin kann digitale Vermittlung sowohl vor Ort als auch ortsungebunden stattfinden. In jedem Fall soll das Digitale kein „Abfallprodukt“ des Analogen sein, wie Tabea Mernberger betont: „Es ist ein eigenständiges Vermittlungsangebot, das es ermöglicht, die Inhalte übergreifend anzubieten und so auch im Sinne des audience developments neue Dialoggruppen zu erreichen. Zugleich schließt es natürlich nicht aus, dass es nicht auch Schnittmengen zwischen den analogen und digitalen Besuchern gibt.“

Ein Beispiel für ein solches Vermittlungsangebot, das zugleich vor Ort, aber auch digital stattfand, ist die Kooperation der Kunsthalle mit der Foto-Community This Ain’t Art School. Unter dem Hashtag #doubleassignment wurden bei Instagram auf dem Account @thisaintartschool vom 13. Mai bis 3. Juni 2018 die Nutzer dazu aufgerufen, sich mit dem Werk von Sean Scully auseinanderzusetzen. Ebenso wie der Künstler, der in seinen abstrakten Werken Gegensätze zum Ausdruck bringt, sollten auch Instagrammer Fotos posten, in denen z.B. Licht auf Dunkelheit trifft, Glück auf Traurigkeit – oder andere Gegensätze sichtbar werden. Ergänzt wurde die Interaktion in der Online-Community mit einem Treffen vor Ort in der Ausstellung „Sean Scully. Vita Duplex“ am 8. Juli 2018. Mit dem Hashtag #meetkunsthalle_ka konnten die Eindrücke aus dem Museum digital geteilt werden, um sich nicht nur analog vor Ort über die Ausstellung auszutauschen, sondern um sich auch online zu vernetzten und vielleicht auch mit Kunstfans ins Gespräch zu kommen, die in der Kunsthalle nicht dabei sein konnten.

Für Tabea Mernberger von der Kunsthalle Karlsruhe ist das Potenzial dieser Angebote groß: „Zum einen bieten digitale Vermittlungsangebote die Möglichkeit, die Ausstellungsinhalte international zugänglich zu machen, was wir als einen Bestandteil unseres musealen Bildungsauftrags begreifen, der nicht auf den analogen Raum beschränkt bleiben sollte. Durch die Kooperation mit This Ain’t Art School hatten wir einen Partner an unserer Seite, der eine große, bereits bestehende Community erreichen und mit den Inhalten der Kunsthalle Karlsruhe in Kontakt bringen konnte. Zudem können sich (digitale) Besucher bei solchen Aktionen aktiv und kreativ mit den Ausstellungsthemen beschäftigen und etwas eigenes schaffen.“


Die Vermittlung abstrakter Kunst

Die aktive und kreative Auseinandersetzung mit der Ausstellung „Sean Scully. Vita Duplex“, die noch bis 5. August 2018 zu sehen ist und unter dem Hashtag #vitaduplex in Social Media verfolgt werden kann, findet jedoch nicht nur im Digitalen statt. Das Vermittlungskonzept der Kunsthalle Karlsruhe setzt bereits bei der jüngsten Zielgruppe des Museums an, wie Kuratorin Kirsten Voigt gegenüber MusErMeKu betont: „Unsere Kunstvermittlung spricht vor allem auch Kinder und Jugendliche mit praxisorientierten Veranstaltungen zur Ausstellung an. Auf die Betrachtung der Originale folgt praktisches Arbeiten im Malkeller. Außerdem wird die Ausstellung auch von einer eigenen Ausstellung für Kinder und Jugendliche in der Jungen Kunsthalle flankiert. Sie trägt den Titel ‚Farbe querfeldein‘ und befasst sich mit einem zentralem Thema des Malers Sean Scully: mit der Farbe und ihren verschiedensten Dimensionen.“

Ergänzend zu klassischen Führungen, Vorträgen und einem Multimedia-Guide, der den Künstler ausführlich mit Passagen aus Vorträgen, Interviews und Gedankenskizzen zu Wort kommen lässt, bietet die Kunsthalle Karlsruhe außerdem Konzerte als Teil ihres Vermittlungsprogramms. Die Einbeziehung von Musik lag für das Museum auf der Hand, wie Kuratorin Kirsten Voigt berichtet: „Die Kunsthalle kooperiert seit vielen Jahren auf verschiedenen Gebieten regelmäßig mit der Staatlichen Hochschule für Musik. Deshalb, und weil Sean Scully ein inniges Verhältnis zu klassischer Musik hat, war es naheliegend, eines der regelmäßig stattfindenden Konzerte im Haus diesem Künstler und seinen musikalischen Vorlieben zu widmen.“

Neben Stücken, die für Cello solo konzipiert sind, kommt auch eine Komposition zur Aufführung, die durch Sean Scullys Malerei inspiriert wurde. „Es ist ein Gewinn für uns, eine Art interpretatorischer Mehrwert, zumal sich Scullys Malerei zentral mit Fragen der Rhythmik befasst. Für den Künstler spricht die Abstraktion ganz wesentlich und transkulturell durch Rhythmisierung von Farbe und Form auf der Fläche. Scullys Malerei ist durch die Bewegtheit der Pinselgestik geprägt, durch die Orchestrierung der Farbe, Farbakkorde, aber auch das Melodiöse von Linienführungen“, so Kirsten Voigt. Sie betont, dass gerade für die Abstraktion Analogisierungen zu musikalischen Strukturen von besonderem Belang seien. „Scully arbeitet zu Musik und weiß um ihre Qualität, Stimmungen hervorzurufen oder zu verstärken. Diese Effekte nutzt er für seine Arbeit, die einen mitreißen kann, die emotional ist und gleichzeitig strukturiert, wie vielleicht ein großartiger Song, eine überraschende Improvisation oder eine Suite von Bach“, erklärt die Kuratorin.


Mehrere Zugänge ermöglichen

Die Kunsthalle Karlsruhe zeigt mit der Ausstellung „Sean Scully. Vita Duplex“, wie wichtig es ist, ein möglichst breit gefächertes Vermittlungsprogramm anzubieten, um verschiedene Zielgruppen individuell ansprechen zu können. Kooperationen können dabei essentielle Elemente darstellen, sei es im analogen, wie im Fall der Kunsthalle mit der Staatlichen Hochschule für Musik, oder im digitalen Raum mit Online-Akteuren wie Bloggern oder Instagrammern. Die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Impulsgebern, die einen externen Blick auf ein Thema ermöglichen, hilft neue Perspektiven aufzuzeigen – sowohl für das eigene Haus, als auch für ein weiteres Publikum, das sich dadurch ansprechen und für Inhalte begeistern lässt.

Dieser Beitrag entstand im Auftrag der Kunsthalle Karlsruhe zur Ausstellung „Sean Scully. Vita Duplex“.


Header-Bild: Angelika Schoder – Sean Scully in der Kunsthalle Karlsruhe, 2018


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Angelika Schoder

Über die Autorin

Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.

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