Museums-Tipp: Das Musée Rodin in Paris

Auguste Rodin gilt als einer der wichtigsten Bildhauer des 20. Jhd. In Paris zeigt das Musée Rodin seinen Nachlass und ermöglicht es, in die Arbeitsweise des Künstlers einzutauchen.

In Paris zeigt das Musée Rodin den Nachlass von Auguste Rodin und ermöglicht es, in die Arbeitsweise des Bildhauers einzutauchen.

[Museum Pass] Es gehört mit zu den meist besuchten Museen in Paris: das Musée National Auguste Rodin. Im Stadtpalais Hôtel Biron aus dem 18. Jhd. und im umgebenden Garten können die Werke und die persönliche Sammlung von Auguste Rodin entdeckt werden. Dieser vermachte im Jahr 1916, kurz vor seinem Tod, seinen Nachlass dem französischen Staat und ermöglichte damit die Gründung des Museums. Das Besondere am Musée Rodin ist, dass der Bildhauer den Ort selbst auswählte, um hier seine Arbeiten für die Nachwelt zu präsentieren. Seit seiner Eröffnung im Jahr 1919 zeigt das Museum nun nicht nur die bedeutendsten Arbeiten von Rodin, sondern gibt auch Einblicke in den gesamten künstlerischen Entstehungsprozess der Werke, von der Inspiration durch archäologische Funde über die Anfertigung von Ton-Modellen und Gipsformen bis hin zu den finalen Skulpturen in Bronze oder Stein. Daneben werden auch Werke von Rodins Schülerin und Geliebten Camille Claudel gezeigt, ebenso wie Arbeiten aus seiner Privatsammlung, etwa Gemälde befreundeter französischer Künstler.


Das Musée National Auguste Rodin wurde 1919 im Hôtel Biron eröffnet.
Das Musée National Auguste Rodin wurde 1919 im Hôtel Biron eröffnet. In dem Stadtpalais, das zwischen 1727 und 1731 nach Entwürfen von Jacques-Ange Gabriel und Jean Aubert erbaut wurde, verbrachte Rodin seine letzten Lebensjahre. Den umgebenden Garten nutzte er, um seine größeren Bronzeskulpturen zu präsentieren.

Ein Rundgang durch das Werk von Auguste Rodin

Der Ausstellungsrundgang beginnt im Erdgeschoss des Musée Rodin. In acht Räumen werden hier Entwürfe aus Ton, Gipsabgüsse sowie Bronze- und Marmorskulpturen gezeigt, anhand derer sich die künstlerische Entwicklung von Auguste Rodin (1840-1917) nachvollziehen lässt. Ein besonderes Augenmerk wird hier auf den Produktionsprozess der Skulpturen gelegt. Die ersten drei Räume sind der frühen Karriere des Künstlers gewidmet. Von hier aus gelangt man zu einer Rotunde, einem der schönsten Räume des Museums, der mit einer dunklen Holzverkleidung, hellem Parkettboden, einer Stuck-verzierten Decke und großen Spiegeln noch an die Entstehungszeit des Hôtel Biron erinnert.

Die Atmosphäre des Raumes im Stil des Rokoko bildet einen interessanten Kontrast zu den Skulpturen Rodins, die an den Wänden und in der Mitte des Raumes platziert sind und sich in den umgebenden Spiegeln reflektieren. Eine der wichtigsten Skulpturen hier ist „Das Bronzezeitalter“ (1875/76), für die der belgische Soldat Auguste Ney Modell stand. Die Arbeit löste im Pariser Salon einen Skandal aus, weil Rodin vorgeworfen wurde, er hätte von seinem menschlichen Modell einen Abguss genommen. Rodin musste daraufhin beweisen, dass er wirklich eine Skulptur angefertigt hatte und ihm der Soldat lediglich als Vorbild diente. Der Skandal hatte für Rodin aber auch positive Folgen, denn er steigerte seine Bekanntheit als Künstler.


Im Erdgeschoss widmet sich das Musée Rodin der Entstehung von Rodins wichtigsten Bronzeskulpturen.
Im Erdgeschoss widmet sich das Musée Rodin der Entstehung von Rodins wichtigsten Bronzeskulpturen. In der Rotunde, in der die Werke des Künstlers präsentiert werden, ist noch erkennbar, wie das Hôtel Biron in seiner Entstehungszeit gestaltet war.

Zentrale Werke und moderne Kunst

Der nächste Raum ist der Entstehung eines von Rodins bekanntesten Werken gewidmet: „Der Kuss“. Zentral ist hier eine große Skulptur aus weißem Marmor platziert, an der Rodin von 1888 bis 1898 arbeitete, umgeben von diversen Vorstufen und Entwürfen zu dem Motiv. Die Skulptur zeigt Paolo and Francesca, zwei Figuren aus Dantes „Göttlicher Komödie“, ein Werk, mit dem sich Rodin intensiv für die Arbeit an seiner monumentalen Skulptur zum „Höllentor“ beschäftigte, für die er über 200 Einzelfiguren und Figurengruppen schuf.

Auch für Jean-Paul Marcheschi (*1951) ist Dantes „Göttliche Komödie“ eine wichtige Inspiration. Er gehört zu den drei modernen Künstlern, die vom Musée Rodin damit beauftragt wurden, Werke für die Räume im Untergeschoss des Museums zu schaffen. Die Arbeiten sind dabei je einem Element gewidmet: im Fall von Marcheschi ist es das Feuer. Seine Werke „Riveder le stelle (Dante, Hell, XXXIV)“ und „Marsyas (Dante, Paradise, Song 1)“ aus dem Jahr 2020 sind an den Wänden des Raumes angebracht, der Rodins Arbeit am „Höllentor“ thematisiert.

In weiteren Ausstellungsräumen sind als Wandgestaltung zudem Arbeiten der Künstler Barthélému Toguo (*1967) und Li Xin (*1973) platziert. Während Toguo mit „Gaialaiv“ (2020) das Thema Erde aufgreift, passend zum Raum, in dem es um Rodins Arbeiten für die Porzellanmanufaktur Sèvres geht, rückt bei Li mit „Waves“ (2020) das Thema Wasser in den Mittelpunkt, als Verweis auf Rodins Skulptur „Danaïde“ (1889/90). Sie zeigt, in Anlehnung an eine mythologische Figur, eine erschöpft ausgestreckte Frau, deren Haare wie Wellen über den Stein gleiten, auf dem sie liegt.


Im ersten Obergeschoss zeigt das Musée Rodin Werke der Künstlerin Camille Claudel.
Im ersten Obergeschoss zeigt das Musée Rodin Werke der Künstlerin Camille Claudel, die 1952 von Paul Claudel an das Museum gespendet wurden. Ihre Skulpturen werden zusammen mit denen von Rodin gezeigt, hier etwa „Die Kathedrale“ (1908), eine Arbeit aus Stein, in der sich die rechten Hände von zwei Personen berühren.

Rodins Inspirationen und Wegbegleiter

Über den Cantor-Saal mit einer monumentalen Treppe gelangt man ins erste Obergeschoss des Museums, wo sich der Rundgang fortsetzt. Hier rückt unter anderem Camille Claudel (1864-1943) ins Zentrum der Ausstellung. Anhand zahlreicher Werke, die 1952 von Paul Claudel an das Museum gespendet wurden, wird ihre Beziehung zu Rodin dargelegt – zunächst als Schülerin, dann als Geliebte und schließlich als eigenständige Künstlerin. Begleitet werden ihre Skulpturen von den Werken weiterer Zeitgenossen, etwa von Aristide Maillol oder von Antoine Bourdelle.

In den folgenden Räumen sind auch zahlreiche Werke aus Rodins privater Sammlung zu sehen. Es sind Gemälde von befreundeten Künstlern, etwa von Claude Monet oder Vincent Van Gogh, aber auch Skulpturen aus verschiedenen Kulturen und archäologische Fundstücke, die Rodin studierte und als Inspiration für seine eigene künstlerische Arbeit nutzte. Er befasste sich als junger Künstler zunächst mit der antiken griechischen und römischen Kunst, entwickelte später aber auch ein Interesse für die Kunst anderer Kulturen. Er sammelte im Laufe seines Lebens zahlreiche Objekte aus Asien, Assyrien und Amerika sowie Artefakte aus dem mittelalterlichen Europa. Anhand dieser Stücke analysierte er die Darstellung von Körpern und Drapierungen, aber auch die Auswirkungen der Zeit auf die verschiedenen Materialien. Doch Rodin sammelte nicht nur Kunstobjekte. So gehören etwa auch Muscheln zu seiner Sammlung, die auf kleine Onyx- oder Marmorsockel montiert wurden. Sie reflektieren das Interesse des Künstlers für Formen aus der Natur.

Um diese Objekte zu präsentieren, die Rodin vor allem zwischen 1893 und 1917 erwarb, rekonstruierte das Musée Rodin anhand von historischen Fotografien die ursprünglichen Wohn- und Arbeitsräume des Künstlers im Hôtel Biron, das er 1908 bezog. Rodin mischte hier eigene Werke mit Kunstwerken und Antiquitäten aus seiner Sammlung und setzte so bereits eine erste Idee des Museums um. Im letzten Ausstellungsraum findet sich inmitten von Antiquitäten aus Rodins Sammlung seine Skulptur „Der Schreitende Mann“ (1899-1900), die in ihrer abstrakten Form an die späteren Werke von Alberto Giacometti erinnert und Rodins Einfluss auf zahlreiche Künstler der Moderne verdeutlicht.


Für die Arbeit "Der Schreitende Mann" nutzte Rodin Studien vom Körper und den Beinen seiner Skulptur zu Johannes dem Täufer.
Für die Arbeit „Der Schreitende Mann“ nutzte Rodin Studien vom Körper und den Beinen seiner Skulptur zu Johannes dem Täufer aus dem Jahr 1878. Im Museum ist die Skulptur inmitten von Rodins privater Sammlung von antiken Objekten und Antiquitäten zu sehen.

Der Skulpturengarten des Musée Rodin

Die Ausstellung setzt sich im sieben Hektar großen Garten um das Hôtel Biron fort. Zwischen kegelförmig gestutzten Bäumen ist rechts neben dem Museumsgebäude Rodins „Der Denker“ (1880) platziert. Ursprünglich wurde die Skulptur unter dem Titel „Der Poet“ in einer Größe von etwa 70 cm von Rodin als das krönende Element seines „Höllentor“ geplant. Die Gestalt sollte Dante darstellen, den Autor der „Göttlichen Komödie“, auf die sich die Skulptur des Höllentors bezieht. Er lehnt sich auf einen Arm gestützt nach vorne, um die Kreise der Hölle zu betrachten. Rodin schuf den „Denker“ allerdings nicht nur für das Höllentor, sondern stellte die Skulptur auch als eigenständiges Werk aus, in späteren Jahren auch in einer vergrößerten Version. Das Musée Rodin zeigt in seinem Garten einen rund 1,90 m hohen Abguss aus dem Jahr 1903.

Auf der gegenüberliegenden Seite, links vom Museumsgebäude, befindet sich die Skulptur des „Höllentors“. Der monumentale Abguss stammt aus dem Jahr 1928 und wurde extra für die Sammlung des Musée Rodin angefertigt. Rodin arbeitete mehrere Jahre an dieser Skulptur, für die er über 200 einzelne Figuren und Figurengruppen schuf. Die meisten Werke, für die Auguste Rodin heute bekannt ist, finden sich in verkleinerter Version auch in seinem Höllentor wieder. Der Künstler selbst schaffte es zu Lebzeiten nicht mehr, alle Elemente zur finalen Skulptur zusammenzufügen. Erst nach seinem Tod konnte das Höllentor nach Rodins Plänen fertiggestellt werden.

Zur Rue de Varenne hin ist vor dem Museum zudem die Skulptur der „Bürger von Calais“ zu sehen, neben dem „Denker“ vielleicht die bekannteste Arbeit des Künstlers. Das Denkmal wurde im Jahr 1884 von der Stadt Calais in Auftrag gegeben. Es soll an das kollektive Opfer von sechs Persönlichkeiten erinnern, die sich am Ende der Belagerung von 1346-47 während des Hundertjährigen Krieges auf den Weg machten, um dem siegreichen König von England die Schlüssel der Stadt zu übergeben. Jede der Figuren ist in einer eigenen Gestik und Bewegung dargestellt und verkörpert einen bestimmten Ausdruck, etwa Verzweiflung, Zuversicht oder Resignation. Heute befindet sich die Skulptur, neben dem Musée Rodin in Paris und vor dem Rathaus in Calais, weltweit in bedeutenden Kunstsammlungen, etwa in der Ny Carlsberg Glyptotek in Kopenhagen, im Metropolitan Museum of Art in New York oder im Kunstmuseum Basel.

Bereits zu Lebzeiten stellte Rodin übrigens seine Skulpturen im Garten um das Hôtel Biron aus. Bis heute setzt das Musée Rodin diese Idee des Künstlers fort. Wer das Museum besucht, sollte also auch ausreichend Zeit für einen Spaziergang durch den Skulpturengarten mitbringen.


Musée Rodin

77 Rue de Varenne
75007 Paris

musermeku dankt dem Paris Convention and Visitors Bureau / Atout France für die kostenlose Bereitstellung des Paris Museum Pass.


Bilder: Angelika Schoder – Musée Rodin, Paris 2022


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Angelika Schoder

Über die Autorin

Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.

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