Digitaler Open Space: Das Lenbachhaus-Collaboratory

Mit dem Collaboratory schuf das Lenbachhaus München einen digitalen Open Space, einen experimentell und prototypisch entwickelten Raum für Austausch und Interaktion.

Mit dem Collaboratory schuf das Lenbachhaus einen digitalen Open Space, einen Raum für Austausch und Interaktion.

[Werbung] Wie fast alle Kulturinstitutionen war auch das Lenbachhaus in München seit März 2020 Pandemie-bedingt immer wieder geschlossen. Bis heute erlaubt es die durch COVID-19 geprägte Situation nicht, sich in vollem Umfang mit dem Publikum vor Ort persönlich zu treffen und auszutauschen. Eine Alternative bietet der digitale Raum, in dem das Museum auch während der Pandemie seinem Bildungs- und Vermittlungsauftrag nachkommen kann. Um neue Formen der Interaktion zu erproben und zu erforschen rief das Lenbachhaus deshalb das Collaboratory ins Leben, einen Open Space, der die soziale Distanz überwinden und Raum für Austausch und gemeinsame Aktionen schaffen soll. Das Spannende daran: Das Collaboratory wurde experimentell und prototypisch entwickelt. Beteiligt war eine Vielfalt von Akteuren aus Vermittlung, Kunst, Gestaltung und IT – doch auch die Impulse der Nutzer wurden in das Projekt mit einbezogen. Ein Konzept, von dem auch andere Kulturinstitutionen lernen können.


Die dynamische Entwicklung des digitalen Open Space

Alles begann mit „dive in“, dem Programm für digitale Interaktionen der Kulturstiftung des Bundes. Im Rahmen des Förderprogramms wurden in Deutschland bundesweit Kulturinstitutionen darin unterstützt, mit innovativen digitalen Dialog- und Austauschformaten auf die aktuelle Pandemie-bedingte Situation zu reagieren. Das Lenbachhaus nutzte dieses Programm für das Projekt Collaboratory, in dem hinterfragt werden soll, wie Interaktion und Partizipation in der Auseinandersetzung mit künstlerischen Arbeiten aus dem Museum im digitalen Raum möglich sein können. „Unser Ziel war es, innovative digitale Formate zu entwickeln und die Herausforderungen und Möglichkeiten des experimentellen Arbeitens in den Fokus zu stellen“, erklärt Tanja Schomaker, Projektleiterin und Leiterin Bildung und Vermittlung des Lenbachhauses.

Um Zielgruppen für das zu entwickelnde digitale Vermittlungsangebot zu definieren, führte das Museum zunächst mehrere Workshops durch. Als Grundlage dienten hier Datenauswertungen zu den Nutzern der Museums-Website, die Erfahrungen von Museumsmitarbeitenden und auch strategische Überlegungen spielten eine Rolle. Auf dieser Basis entwickelte das Projektteam verschiedene Personas, also detaillierte Beschreibungen einzelner Zielgruppenakteure. „Dies sollte es uns ermöglichen, einen empathischen Zugang zu möglichen Bedürfnissen zu erhalten“, so Klaus Neuburg vom Serve and Volley Studio, zuständig für Konzeption der Gestaltung des Collaboratory. Er räumt aber auch ein, dass die Persona-Methode nicht ganz unumstritten ist: „Es besteht dabei die Gefahr, dass potenzielle Nutzerstrukturen unterkomplex betrachtet werden könnten. In der ersten Projektphase wurde deshalb großer Wert auf eine differenzierte Betrachtung unserer Annahmen zu Personas gelegt.“

Da das Projekt auf der Idee eines digitalen Open Space basieren sollte, diskutierte man nicht nur innerhalb des Museumsteams über mögliche Zielgruppen und deren Bedürfnisse und Interessen. Auch das Publikum sollte von Anfang an in den Entstehungsprozess des digitalen Raumes mit einbezogen werden. Daher ging man schon frühzeitig mit ersten Ergebnissen des Collaboratory online: „Nach einer ersten Startseite, über die Nutzer ihre Wünsche und Ideen an uns senden konnten, waren der 3D-Raum und erste Module bereits im Sommer 2021 nutzbar. Dies wurde dann Schritt für Schritt erweitert“, erklärt Klaus Neuburg. Diese erste Phase war für die Entwickler besonders wichtig, um so viele Impulse wie möglich aus dem Publikum zu erhalten. Generell entschied man sich bei der Entwicklung übrigens für eine agile Vorgehensweise, das heißt, dass zunächst die grundsätzlich notwendigen Funktionen des Collaboratory umgesetzt wurden und in späteren Schritten kamen die „nice to haves“ hinzu. „Ehrlicherweise ist es aus Zeitgründen oft aber bei den ‚must haves‘ geblieben“, räumt Programmierer Tilman Reiff ein. „Aber das ist auch okay, weil die wesentliche Funktion vorhanden ist und wir nun viel besser einschätzen können, was wir wirklich noch von den ’nice to haves‘ brauchen und wie hoch der Realisierungsaufwand ist.“


Die Projektentwicklung als Experiment

Da das Collaboratory als Prototyp angelegt ist, hatte das Projektteam die Freiheit, sich auf konzeptionelles und technisches Neuland zu wagen. „Dass wir es in dem vorhandenen Rahmen geschafft haben, einen Multi-User 3D-Space mit serverseitiger Physik-Engine zu bauen, hätte ich zu Beginn des Projektes nicht für möglich gehalten“, schwärmt Tilman Reiff. Dabei betont er, wie wichtig es war, mit „fachfremden“ Personen zusammenzuarbeiten, um die Komfortzone als Entwickler zu verlassen: „Ohne den unvoreingenommenen ’so stelle ich mir das vor‘-Blick der Non-Techies hätten wir diesen technischen Aufbau nie in Erwägung gezogen und ohne den experimentelle Rahmen wäre uns das Risiko des Scheiterns zu hoch gewesen.“ Klaus Neuburg vom Serve and Volley Studio ergänzt: „Die Vorgehensweise war für ein Vorhaben in diesem Bereich und dieser Größenordnung innovativ und auch mutig. Während üblicherweise bei vergleichbaren Projekten ein großer Teil der Energie in die Erstellung von Pflichtenheften und Anforderungslisten gesteckt wird, war beim Collaboratory von Anfang an das Experiment als Methode essentieller Bestandteil des Prozessdesigns.“

Dank eines ergebnisoffenen Ansatzes konnten bei der Entwicklung von Beginn an alle möglichen Lösungen in Betracht gezogen werden – natürlich innerhalb eines groben Projektrahmens. Um dabei dennoch eine Planbarkeit gewährleisten zu können, wurden für die verschiedenen Teilbereiche des Projektes jeweils Zeitabschnitte definiert und mehrere regelmäßige Abstimmungsrunden in verschiedenen Zusammensetzungen eingerichtet. Dadurch konnten die unterschiedlichen Module des Collaboratory in kleinen Schritten und zeitversetzt weiterentwickelt werden. „Auch wenn dies streng genommen keinen klassisch agilen Prozess mit den damit verbundenen Rollen und Abläufen darstellt, könnte man zumindest von einem agilen oder stark iterativen Ansatz sprechen“, erklärt Klaus Neuburg.

Welche organisatorischen Herausforderungen mit dieser Arbeitsweise verbunden waren, erläutert Projektmanagerin Laura Wünsche: „Während ein Modul des Collaboratory noch in Endumsetzung war, feinabgestimmt, Texte eingepflegt und von mehreren getestet werden musste, befand sich das folgende Modul bereits in der Konzeptionsphase. Anfangs- und Endphasen haben verschiedene Dynamiken. Der begrenzte zeitliche Rahmen des Projektes erhöhte den Druck zusätzlich. Tools wie Miro, Slack und Trello sowie eine gemeinsame Datenablage haben uns beim agilen Projektmanagement für die Abstimmungsprozesse und Übergaben hier sehr geholfen.“


Die Module des Collaboratory

Letztendlich wurden die Zielgruppen für das Collaboratory sehr weit gefasst, von Kindern bis zu Erwachsenen, von Menschen mit geringer digitale Kompetenz bis hin zu sogenannten Digital-Professionals. Um diese breiten Nutzergruppen anzusprechen, wurde beschlossen, dass der digitale Raum möglichst leicht zugänglich sein muss, also ohne formalen Anmeldeprozess. Als Avatare wurden einfache Kugeln gewählt, die sich lediglich über eine Farbauswahl und die Vergabe eines Nutzernamens personalisieren lassen. Andere stereotype Identitätsmerkmale gibt es nicht. Die möglichen Avatar-Farben sollen übrigens an einen Regenbogen erinnern und damit als Zeichen für Toleranz und Akzeptanz der Vielfalt von Lebensformen, Perspektiven und Meinungen stehen.

Geneinsam wurden im Projektteam, unter der Einbeziehung der Impulse aus dem Publikum, folgende Module für das Collaboratory entwickelt, die sich je an unterschiedliche Zielgruppen richten:

Laden 2021: Die Zielgruppe dieses Moduls sind Erwachsene. Erreicht werden sollen sowohl sogenannte Kunst-Professionals als auch Menschen ohne Bezug zum Thema Kunst. Die erste Gruppe soll durch die Anlehnung an ein Kunstwerk interessiert werden: Das Modul knüpft an die Installation „Laden 1975-2015“ von Hans-Peter Feldmann an, die sich in der Sammlung des Lenbachhauses befindet. Die zweite Gruppe soll dadurch angesprochen werden, dass hier ein Bezug zur unmittelbaren Lebenswirklichkeit gewählt wurde: Man kann eigene Fotos von Alltagsgegenständen hochladen und so ein aktuelles, kollektives Bild unserer Gesellschaft mitgestalten. In Bezug zu Feldmanns konzeptionellem Kunstwerk lassen sich so Fragen zum Verhältnis von Hochkultur und Alltagskultur verhandeln.

Open Stage: Dieses Modul hat keine konkrete Zielgruppe, es ist als Community Plattform für alle Collaboratory-Nutzer gedacht, um hier Vorträge, Aufführungen oder Diskussionsrunden anzuschauen. Hier wird auch besonders auf das Modul des Chat hingewiesen, das ebenso für alle Zielgruppen gedacht ist, um sich mit anderen Nutzern auszutauschen. (Die Open Stage war ursprünglich auch als nicht-öffentlicher Ort zum Austausch und zur Vernetzung für Communitys gedacht. Dies konnte vom Lenbachhaus aufgrund des begrenzten Förderrahmens für das Collaboratory aber bisher noch nicht umgesetzt werden.)

Digital Crèmbach: Die Zielgruppe dieses Peer-to-Peer Formats im Collaboratory sind Jugendliche bzw. junge Erwachsene, die untereinander Ideen austauschen können, etwa Tipps, wie man sich jemandem vorstellt. Es ist die digitale Erweiterung des Kollektiv Crèmbach, eine Initiative für junge Menschen, die sich dafür einsetzt, dass das Lenbachhaus ein Museum für alle wird.

Digizine: Dieses Modul wurde mit dem Fokus auf Schulklassen entwickelt, es kann aber auch von anderen Zielgruppen genutzt werden. Hier können Nutzer alleine oder gemeinsam im Team digitale Magazine erstellen und als PDF teilen.

Neben diesen Hauptmodulen sind im Collaboratory noch Gamification-Elemente wie Soundscapes und Light Interaction zu finden. Es sind Gestaltungselemente, die nicht auf eine bestimmte Zielgruppe ausgerichtet sind, sondern einfach einen spielerischen Zugang zum digitalen Raum ermöglichen sollen, indem mit Klang, Licht und Farbe gespielt wird. Hier wird auch auf den realen Museumsraum verwiesen, etwa auf die aktuelle Ausstellung von Dan Flavin im Kunstbau. Gleichzeitig kommt es zu einer Verschränkung von der Fragestellung nach dem Raum, die bei Flavin zentral ist, aber auch an den digitalen Raum gestellt werden kann.

Im Collaboratory entsteht zudem noch das Modul Re:framing, das als Serious Game konzipiert wurde und sich mit dem Bild „Türkisches Café“ von August Macke auseinandersetzt, das auch in der Ausstellung „Gruppendynamik – Blauer Reiter“ im Lenbachhaus gezeigt wird. In dem Text-Adventure sollen Themen wie Kolonialismus, Exotismus und Orientalismus aufgegriffen werden.


Inhaltliche Vielfalt durch verschiedene Perspektiven

Ziel des Collaboratory ist es, vielfältige Stimmen und Erzählungen zu präsentieren. Neben einer aktiven Auseinandersetzung mit künstlerischen Arbeiten sollten hier auch gesellschaftlich relevante Themen diskutiert werden. Der Projekttitel ist im Bezug dazu ganz bewusst gewählt, wie Projektleiterin Tanja Schomaker erklärt: „Gemeinschaft, Zusammenarbeit, Solidarität sind zentrale Leitfäden für die Inhalte im Collaboratory.“

Um das Projekt zu entwickeln, arbeitete man im Lenbachhaus abteilungsübergreifend. „Gerade bei digitalen Projekten scheint es uns besonders wichtig, dass verschiedene Expertisen zusammenkommen, um gute Formate zu erstellen: Hard- und Software, vermittlerische Konzepte und eigens erstellte Inhalte müssen auf intelligente und ansprechende Weise zusammengebracht werden“, so Projektleiterin Jacqueline Seeliger. Besonders die Abteilungen Kunstvermittlung und Digitale Kommunikation arbeiteten hier daher eng zusammen. Ergänzt wurde das Team durch Akteure aus dem Lenbachhaus-Jugendbeirat und dem Kuratoren-Team sowie durch Kunstakteure, Lehrpersonal und Menschen mit Programmier- und 3D-Expertise. Das Kernteam hinter dem Collaboratory bestand aus 10 Personen, das erweiterte Team bestand sogar aus insgesamt 43 Personen.

Hinzu kamen zudem noch Fokusgruppen, also Nutzer, die Impulse für das Projekt beisteuerten. Für das Digizine tauschte sich das Projektteam etwa direkt mit Schulklassen und Lehrpersonal aus und für das Modul Digital Crèmbach haben die Künstlerin und Interaction Designerin Stephanie Marie Cedeño und die Projektleiterin Charlotte Coosemans mit dem Jugendgremium des Lenbachhauses zusammengearbeitet. Auch das Team des Museums war eine eigene Fokusgruppen, um den digitalen Open Space immer wieder zu testen. Beteiligt waren hier Personen aus fast allen Museumsabteilungen: aus dem Betriebsdienst, aus der Verwaltung und der Provenienzforschung, Registrare und der Direktor, Personen aus der Restaurierung, dem Kuratoren-Team und dem Besucherdienst, aus der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, aus der Vermittlung und der Digitalen Kommunikation sowie das Jugendgremium, Volontäre, Praktikanten und Jugendliche, die ein Freiwilliges Soziales Jahr Kultur im Museum absolvieren. Um die Organisation aller Beteiligten zu bewältigen, wurde vom Lenbachhaus auch eine Stelle für das Projekt- und Community-Management geschaffen, die durch das „dive in“ Förderprogramm finanziert wurde.


Der digitale Raum: Spielerisch und barrierearm

Um die Möglichkeiten der Interaktion, Kommunikation und Kollaboration in virtuellen Räumen auszuloten, verbindet das Collaboratory verschiedene Elemente aus Multiplayer-Games, einen 3D-Raum, Interaktionen in Echtzeit sowie Physik-Simulationen. Die Idee dahin ist es, den Nutzern eine gute Mischung aus Raumgefühl, Orientierung und Steuerung zu bieten und den digitalen Raum damit auch als solchen erlebbar zu machen. „Der Physik-Simulation kommt dabei eine wichtige Rolle zu, weil sie einerseits die virtuelle Präsenz realer erscheinen lässt, darüber hinaus aber auch viele spielerische Möglichkeiten bietet, wie etwa das Abspringen von einer Schaukel im Modul Digital Crèmbach, erklärt Tilman Reiff vom Büro für Brauchbarkeit, zuständig für die Programmierung des Collaboratory. Zudem war ein Multiplayer-Server notwendig, um die Anwesenheit und Bewegung aller Nutzer in Echtzeit abzubilden. Dies ermöglicht gemeinsame Erlebnisse, wie etwa das Tic-Tac-Toe-Spielen in den Light Interactions. „Diese Funktion wurde übrigens vom Publikum beim Launch-Event des Collaboratory vorgeschlagen und ausprobiert, daran hatten wir vorher noch gar nicht gedacht“, so Tilman Reiff. „Wir haben beim Collaboratory also von den Erfahrungen der Gaming-Szene profitiert, aber nicht gezielt für diese konzipiert oder entwickelt“, fügt er hinzu.

Potentielle Hürden bei der Bedienung wurden, wenn möglich, von Beginn an von den Entwicklern ausgeräumt. So funktioniert die Steuerung der Avatare im Collaboratory sowohl mit der Maus als auch mit der Tastatur – dies soll einen möglichst intuitiven Einstieg gewährleisten. „Uns ging es darum, originär digitale Möglichkeiten für gemeinsamen Austausch zu nutzen und das Erleben von künstlerischen Praktiken zu erproben“, erklärt Projektleiterin Jacqueline Seeliger. Für das Museum war hier wichtig, dass nicht versucht werden sollte, ursprünglich für den analogen Raum konzipierte Formate einfach ins Digitale zu übertragen. „Nach unserer Erfahrung im ersten Lockdown wurden Angebote dadurch eher komplizierter. Wir haben uns also gefragt: Wie kann Partizipation und Teilhabe digital ermöglicht werden, abseits von kommerziellen Plattformen? Wie können wir einen Raum für Austausch und Begegnung schaffen mit anderen Menschen – die dabei auch tatsächlich spürbar sind – aber auch mit Kunst und künstlerischen Arbeitsweisen?“, so Seeliger weiter. Ziel des Collaboratory sollte es deshalb sein, Nutzer nicht nur als passive Konsumenten zu behandeln, sondern diese auch selbst aktiv werden zu lassen.

Um dies im digitalen Raum umzusetzen, spielte das Thema Barrierefreiheit für das Lenbachhaus von Anfang an eine wichtige Rolle, allen voran die Berücksichtigung der „Richtlinien für barrierefreie Webinhalte (WCAG 2.0)“. „Für das Collaboratory haben wir den Auftrag des ‚dive in‘ Förderprogramms ernst genommen und den Fokus auf das Experiment gelegt. Wo möglich haben wir trotz der kurzen Projektlaufzeit versucht, Barrieren abzubauen“, betont Projektmanagerin Laura Wünsche. Es gibt beispielsweise einen Umschaltbutton, der die Grundfarben des Collaboratory so ändert, dass ein höherer Schrift-Hintergrund-Kontrast entsteht. Zudem sind Hauptnavigation und Menüseiten für Screenreader lesbar und auch eine Nutzung auf Mobilgeräten ist möglich.

Bei der technischen Umsetzung des Collaboratory entschied man sich übrigens für das Content Management System (CMS) Kirby, das ohne Datenbank auskommt und sich sowohl technisch als auch inhaltlich an verschiedene Anforderungen anpassen lässt. „Bei der Auswahl des CMS haben wir auf eine hohe Flexibilität geachtet. Es sollte die Möglichkeit bestehen, sowohl eigene redaktionelle Inhalte als auch User Generated Content mit dem System verwalten zu können. Das CMS Kirby erschien uns hier gut geeignet, denn durch die offene Architektur des Systems muss man das CMS nicht ‚verbiegen‘ um gewünschte Funktionen umzusetzen und die Redaktion kann die Inhalte aus verschiedenen Quellen in einer einheitlichen, aufgeräumten Bedienoberfläche verwalten“, erklärt Programmierer Tilman Reiff. Wenn zum Beispiel ein Nutzer im Modul Laden 2021 ein eigenes Foto ins Collaboratory hochlädt, werden die Daten im CMS gespeichert und es wird automatisch eine E-Mail an die Redaktion versendet. Diese Mail enthält einen Link, der die Redaktion direkt an die richtige Stelle im Backend der Website führt, um dort den hochgeladenen Inhalt zu prüfen. Über eine definierte Schnittstelle am CMS, eine sogenannte API, greifen die Module des Collaboratory diese Inhalte in strukturierter Form ab und stellen sie dann im 3D-Raum dar.


Kultur braucht Förderung und Ressourcen

Ohne die Förderung durch die Kulturstiftung des Bundes hätte das Collaboratory nicht entstehen können, bilanziert Projektleiterin Jacqueline Seeliger: „Um digitale Formate zu entwickeln bedarf es – genau wie bei analogen Projekten – einer gute Konzeption und Vorbereitung sowie einer durchdachten Gestaltung, die den Inhalten, Zielen und Zielgruppen entspricht. Wir benötigen u.a. technisches Know-how und eine gute technische Ausstattung aller Beteiligten, zudem kuratierte Inhalte, die verschiedene Perspektiven sichtbar machen, und Personen, die in Testings Feedback geben. All das muss finanziert, organisiert und erstellt werden – ohne zusätzliche Budgets und personelle Ressourcen ist das nicht umsetzbar.“ Seeliger appelliert daher, bei der Vergabe von einer solchen Projektförderung auch die Nachhaltigkeit im Blick zu haben, schließlich können und sollten sich digitale Projekte auch weiterentwickeln: „Die Förderung des Collaboratory endet nun, ebenso die Stelle des Projektmanagements bei uns im Museum. Wir möchten die Plattform aber natürlich auch weiterhin als Angebot beibehalten und sie entsprechend betreuen. Auch wenn die Förderung als Anstoß in Zeiten der Pandemie gedacht war, haben wir aus dem Projekt gelernt, wie wichtig es ist, verschiedene Ebenen des Austauschs mit unseren Besuchern anzubieten – auch wenn das Museum wieder geöffnet ist. Aus unserer Erfahrung würden wir uns deshalb sehr wünschen, dass bereits die Projektträger von Förderprogrammen die Nachhaltigkeit mit im Blick haben.“ Denn digitale Projekte und Community-Arbeit können nur dann sinnvoll und dauerhaft umgesetzt werden, wenn dafür auch die notwendigen Infrastrukturen in den Museen geschaffen werden.

Wie geht es mit dem Collaboratory jetzt weiter? „Das Collaboratory, wie es nun online ist, ist nach wie vor als Prototyp zu verstehen, auch wenn es sehr durchdacht ist und ‚fertig‘ wirken mag. Wir nutzen den digitalen Raum auch weiterhin, um mit unterschiedlichen Möglichkeiten der Partizipation zu experimentieren und somit verschiedene Formen der Beteiligung zu ermöglichen,“ betont Projektmanagerin Laura Wünsche. „Das Potential ist noch lange nicht ausgeschöpft“, ergänzt Klaus Neuburg vom Serve and Volley Studio.

Doch das Ende der finanziellen Förderung bringt nun neue Herausforderungen für das Projekt mit sich: „Wir werden 2022 nicht im gleichen Umfang weitermachen können wie bisher“, räumt Jacqueline Seeliger ein. Dennoch soll das Collaboratory weiterentwickelt werden. Zunächst soll der Fokus dabei auf der Verbesserung der Usability liegen: „Wir wollen die Nutzer noch etwas mehr an die Hand nehmen und die Lust am Erkunden des Raumes vertiefen. Öffentlichkeits-, Community- und Vermittlungsarbeit sind für uns ebenfalls wesentliche Aufgaben für dieses Jahr, denn auch digitale Formate und Plattformen leben von aktiver Ansprache und gemeinsamem Austausch.“

Für das Lenbachhaus bleibt das Collaboratory also ein Raum, der auch in Zukunft als weiterer Begegnungsort mit der Kunst des Hauses eine wichtige Rolle spielen wird.


Collaboratory

Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München
Digitaler Open Space

Dieser Beitrag entstand im Auftrag der Städtischen Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München.


Header-Bild: Screenshot einer Light Interaction auf der Startseite des Collaboratory (collaboratory-lenbachhaus.de/de/open-space)


Wir brauchen deine Unterstützung

Werde jetzt Mitglied im musermeku Freundeskreis: Erhalte wöchentlich News zu Kunst und Kultur direkt per E-Mail, sichere dir den Zugang zu exklusiven Inhalten und hilf uns dabei, unsere Betriebskosten für musermeku.org zu decken.


Angelika Schoder

Über die Autorin

Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.

Bei LinkedIn vernetzen


Linktipps


Der Newsletter zu Kunst & Kultur

In unserem kostenlosen Newsletter informieren wir einmal im Monat über aktuelle Neuigkeiten aus dem Kunst- und Kulturbereich.


|

, , |