[Online-Tipp] Die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass viele Museen umdenken mussten. Während der Phasen des Lockdown konnte Kunst und Kultur nur noch online zugänglich gemacht werden, da Räumlichkeiten vor Ort für Besucher geschlossen werden mussten. Viele Museen nutzten nun mehr als je zuvor Soziale Medien und streamten Online-Führungen auf YouTube, Facebook oder Instagram. Einige Kulturinstitutionen setzten Ausstellungen auch online als Website oder Game um. Und schließlich gibt es auch die bewährten Online-Formate des Scrollytelling, wie etwa die Digitorials. Doch einige Museen bringen nicht nur ihre Inhalte ins Netz, sondern ermöglichen auch einen tatsächlichen online-Besuch ihrer Räumlichkeiten, häufig in From eines 360-Grad-Rundgangs. Zunehmend entstehen aber auch Virtuelle Museen, die in der Realität gar nicht existieren. Wir stellen hier Beispiele aus China, den USA, der Schweiz, Deutschland und den Niederlanden vor.
Liangzhu: Das Königreich des Wassers
Zhejiang Provincial Department of Culture and Tourism
- Plattform: epub360
- Kosten: Gratis
- Nutzung: Auf einem Mobilgerät via Browser nutzbar, Virtual Reality (VR) ist möglich.
Das historische Königreich Liangzhu erstand vor etwa 5000 Jahren in einer Landschaft aus Flüssen und Seen im unteren Jangtse-Tal. Das Wasser spielte eine wichtige Rolle in der Entwicklung dieser chinesischen Hochkultur. Dies greift auch die Online-Ausstellung über das „Königreich des Wassers“ auf, die vom Zhejiang Provincial Department of Culture and Tourism entwickelt wurde. Um die Ausstellung im Netz zugänglich zu machen, wurde ein virtuelles Museumsgebäude im Wasser geschaffen, das die Bedeutung dieses Elements für die Liangzhu-Zivilisation reflektiert.
Die Ausstellung zum „Königreich des Wassers“ stützt sich vor allem auf archäologische Funde der Liangzhu-Kultur, die im Jahr 2019 auch in die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO aufgenommen wurden. Das virtuelle Museum, in dem die Ausstellung gezeigt wird, gliedert sich in vier Räume – im Mittelpunkt steht dabei die historische Stadt Liangzhu und die hier entstandenen Jade-Objekte. Innerhalb der digitalen Ausstellungsräume kann man sich nicht nur im 360-Grad-Rundgang bewegen, sondern auch Wandtexte lesen, Objekte betrachten oder Videos ansehen – etwa zu einer Opernaufführung mit dem Titel „Liangzhu“, die von Yu Yang komponiert und vom Zhejiang Symphony Orchestra aufgeführt wurde. Zudem gibt es auch interaktive Anwendungen, in denen vom Nutzer archäologische Fundstücke zugeordnet und dann in Social Media gepostet werden können, oder 3D-Animationen, die von allen Seiten betrachtet werden können.
Die virtuelle Ausstellung, die auf Basis der chinesischen Plattform epub360 läuft, kann auf dem Smartphone oder Tablet über den Browser besucht werden. Auch ein VR-Modus ist möglich, der mit einer VR-Brille oder mit einem iPhone oder Android-Smartphone und Google Cardboard genutzt werden kann.
Leider sind die englischen Texte in der Ausstellung nicht immer korrekt, auch die Ladezeit ist teils doch erheblich. Dafür überzeugen aber vor allem die visuellen Effekte und die aufwändig gestalteten Videos und Animationen, die es ermöglichen in die faszinierende Kultur von Liangzhou einzutauchen. Die Ausstellung über das „Königreich des Wassers“ gehört wohl zu den am schönsten gestalteten virtuellen Ausstellungsräumen, die man aktuell besuchen kann.
The Queen and The Crown
Brooklyn Museum / Netflix
- Plattform: Website
- Kosten: Gratis
- Nutzung: Am Desktop oder auf einem Mobilgerät via Browser nutzbar.
Neben der fesselnden Handlung und den großartigen Darstellern sind in den beiden Netflix-Serien „The Queen’s Gambit“ und „The Crown“ die aufwändigen zeitgenössischen Kostüme die heimlichen Stars. Die Arbeiten der beiden Kostümdesigner Gabriele Binder und Amy Roberts werden daher nun in einer virtuellen Ausstellung gezeigt, als Kooperation zwischen dem Streaming-Anbieter Netflix und dem Brooklyn Museum. Kuratiert von Matthew Yokobosky, Kurator für Mode und Materialkultur, entstand so die Ausstellung „The Queen and The Crown“.
In einem virtuellen Ausstellungsraum, der dem Lichthof des Brooklyn Museum nachempfunden ist, kann sich der Nutzer durch ausgewählte Kostüme der beiden Netflix-Serien bewegen und diese von allen Seiten betrachten. Auch Bilder und historische Objekte aus der Sammlung des Brooklyn Museum sind in der Ausstellung zu sehen, etwa ein Altägyptisches Spiel mit einer Inschrift für Amenhotep III oder eine Mixed-Media-Installation eines Porträt von Queen Elisabeth II des Künstlers Hew Locke mit dem Titel „Koh-i-noor“, das aus Plastik-Spielzeug besteht.
Ein Klick auf die Kostüme und Objekte in der virtuellen Ausstellung öffnet ein Fenster mit weiteren Informationen zu den Ausstellungsstücken, etwa Video-Ausschnitte aus den Serien und Texte zu historischen Hintergründen. Ergänzt wird die virtuelle Ausstellung durch Interviews mit den Kostümdesignern.
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Das Haus zum Kirschgarten
Historische Museen Basel
- Plattform: Matterport
- Kosten: Gratis
- Nutzung: Am Desktop oder auf einem Mobilgerät via Browser nutzbar, VR ist möglich.
Das Haus zum Kirschgarten, das zu den Historischen Museen Basel gehört, kann in einem digitalen 360-Grad-Rundgang besucht werden – regulär über den Browser oder auch als VR-Erlebnis. Optimiert ist die Anwendung für Oculus Quest, doch auch ein iPhone oder ein Android-Smartphone können mit einem Google Cardboard für das VR-Erlebnis genutzt werden.
Zwischen 1775 und 1780 wurde das Haus zum Kirschgarten in Basel für den Seidenbandfabrikanten Johann Rudolf Burckhardt im Stil des Frühklassizismus erbaut. Seit 1951 ist das Gebäude als Museum zugänglich. Die meisten Ausstellungsräume sind als bürgerliche Wohnräume des 18. und 19. Jahrhunderts gestaltet, ergänzend sind hier aber auch zahlreiche historische Objekte ausgestellt, etwa Gegenstände des Basler Münsterschatzes, historische Instrumente oder Porzellan. Im 360-Grag-Rundgang begibt man sich durch die Räumlichkeiten des Museums, auf Wunsch auch verbunden mit einem Suchspiel.
Für das virtuelle Suchspiel im Haus zum Kirschgarten wird vom Museum ein Lösungsblatt mit 28 Abbildungen zur Verfügung gestellt. Jedem Bild, das ein Kunstwerk oder einen Einrichtungsgegenstand im Museum zeigt, ist ein Buchstabe zugeordnet. Wo die entsprechenden Objekte im virtuellen Museum zu finden sind, zeigt eine Karte. Begibt man sich per Klick an den jeweils markierten Punkt im Museum, wird hier zu jedem Suchspiel-Objekt ein Buchstabe zum Lösungswort angezeigt. Sobald das Haus zum Kirschgarten nach den Corona-Maßnahmen wieder öffnen kann, erhalten Nutzer mit ausgefülltem Lösungsblatt eine kleine Belohnung und freien Eintritt, damit man die virtuell gefundenen Objekte nochmal vor Ort im Original betrachten kann.
Berechenbar – Unberechenbar
ZKM Karlsruhe (bis Oktober 2021)
- Plattform: Digitale Kunsthalle, ZDF Kultur
- Kosten: Gratis
- Nutzung: Am Desktop oder auf einem Mobilgerät via Browser nutzbar.
Im virtuellen Lichthof des Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, dessen 3D-Modell von Thomas Schwab für die Digitale Kunsthalle von ZDF Kultur gestaltet wurde, ist die von Livia Nolasco-Rózsás und Teresa Retzer kuratierte Ausstellung „Berechenbar – Unberechenbar“ virtuell erlebbar. Während man sich im 360-Grad-Rundgang im Lichthof umsehen kann, sind die eigentlichen Kunstwerke hier aber nicht ausgestellt. Die Arbeiten werden verdeutlicht durch abstrakte bunte Pixel-Skulpturen, die im Raum schweben und sich leicht um die eigene Achse drehen. Nach einem Klick auf die jeweiligen Objektbeschriftungen öffnet sich ein PopUp-Fenster mit den eigentlichen Werken, teils ergänzt durch einen erklärenden Text.
Die Ausstellung „Berechenbar – Unberechenbar“ unterscheidet sich insofern von den übrigen Ausstellungen der Digitalen Kunsthalle, als dass sie in einem virtuellen Raum stattfindet, der einem tatsächlichen Ort nachempfunden ist – nämlich dem Lichthof des ZKM. Üblicherweise werden die wechselnden Ausstellungen, die in Kooperation mit verschiedenen Museen in ganz Deutschland stattfinden, nämlich in der eigentlichen „Digitalen Kunsthalle“ gezeigt – einem abstrakten Virtuellen Museum mit generischem beigen Laminat-Fußboden, einem Oberlicht in jedem Raum und abgerundeten Durchgängen, die in ihrer Form an die Korridore im Raumschiff Enterprise erinnern. Ebenso wie in der Ausstellung im Lichthof des ZKM, öffnet sich auch in der Digitalen Kunsthalle bei einem Klick auf ein Werk ein PopUp-Fenster mit weiteren Informationen, zusätzlichem Bildmaterial oder Audio-Kommentaren.
Kremer Collection: Die Gemälde der Alten Meister
Kremer Museum
- Plattform: Download
- Kosten: Kostenpflichtig
- Nutzung: Nur über ein VR-Headset nutzbar.
Das Kremer Museum, das im Jahr 2018 seine Sammlung von Gemälden Alter Meister digital zugänglich machte, setzt auf Virtual Reality (VR). Für die Werke von Rembrandt, Aelbert Cuyp, Frans Hals und anderen niederländischen Künstler des sogenannten Goldenen Zeitalters wurde eigens ein virtuelles Museumsgebäude geschaffen, entworfen von Architekt Johan van Lierop. Über ein VR-Headset können sich digitale Museumsbesucher hier insgesamt 74 Werken von niederländischen und flämischen Alten Meistern nähern und sogar einzelne Pinselstriche und den Farbauftrag auf den Leinwänden genau betrachten. Virtuell sind auch George und Ilone Kremer vertreten, die Gründer der Kremer Collection, die den Nutzer begrüßen und in die Ausstellung einführen.
Die Kremer Collection kann nur mit einem VR-Headset genutzt werden, etwa mit HTC Vive oder Oculus Rift. Nach dem kostenpflichtigen Download muss sich der Nutzer auf der Website des Museums registrieren und kann sich mit einem Passwort in die Anwendung einloggen. Das Virtuelle Museum ist aufwändig gestaltet, der Nutzer kann hier zwischen fünf verschiedenen Galerien wählen, die je nach Stil kuratiert wurden, wobei bekannte Werke Alter Meister den Gemälden von eher unbekannten Zeitgenossen gegenübergestellt werden.
Spannend ist, dass man in der VR-Anwendung hinter die Gemälde laufen kann – oder durch sie hindurch. Zu den Bildern sind zudem Text- und Audikommentare auf Englisch verfügbar.
Header-Bild: Screenshot aus der Ausstellung „Liangzhu: Das Königreich des Wassers“ – Zhejiang Provincial Department of Culture and Tourism
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Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.
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