Ausstellung ohne Originale: Keine Rembrandt-Werke weit und breit

Ausstellung ohne Originale: Das Rijksmuseum in Amsterdam zeigt in seiner Ausstellung „Lang Lebe Rembrandt“ Werke von Kunst-Fans nach Rembrandts Vorbild.

Ausstellung ohne Originale: Das Rijksmuseum in Amsterdam zeigt in seiner Ausstellung Lang Lebe Rembrandt Werke von Kunst-Fans nach Rembrandts Vorbild

[Ausstellung] Ein echtes Gemälde von Rembrandt van Rijn (1606-1669) sucht man in der Ausstellung „Lang Lebe Rembrandt“ des Rijksmuseum vergeblich. Dabei zeigt die Schau in Amsterdam ausschließlich Bilder des niederländischen Meisters – oder besser gesagt, dessen Motive. Statt Rembrandt selbst rücken aber aktuelle internationale Künstlerinnen und Künstler in den Fokus. Insgesamt 8.390 Werke aus 95 Ländern wurden für die Ausstellung übersandt; 788 Einsendungen stammten von Kindern und Jugendlichen. So entstand im Rijksmuseum eine hochkarätige Schau, die das Werk von Rembrandt feiert – ohne ein einziges Original des Malers zu zeigen.


Lang Lebe Rembrandt

Das Rijksmuseum stellt eigentlich nur die Werke namhafter Fotografen, Bildhauer, Maler, Designer und Zeichner aus. Doch zu Rembrandts Jubiläumsjahr ist alles anders. Hier finden sich in der Ausstellung „Lang Lebe Rembrandt“ bunte Kinderzeichnungen. Anders als die kindlichen Krakel-Bilder von Wim Delvoye, der als international erfolgreicher Künstler mittlerweile seine vermeintlichen Werke aus Kindertagen in Ausstellungen präsentiert, stammen die Buntstift- und Wachsmalstift-Zeichnungen im Rijksmuseum nicht von berühmten Kunst-Akteuren. Die Schöpfer der Werke sind tatsächlich kleine Kinder; ihre Bilder hängen sonst wohl am heimischen Kühlschrank. Und nun eben auch im Rijksmuseum, dem niederländischen Nationalmuseum für Kunst.

Die Ausstellung „Lang Lebe Rembrandt“ zeigt 575 Werke, die vom niederländischen Meister inspiriert wurden. Realisiert wurde die Ausstellung vollständig mit User Generated Content, also mit Werken, die von Museumspublikum geschaffen wurden. In acht Bereichen wird je ein bekanntes Thema Rembrandts in den Mittelpunkt gestellt: Mein Rembrandt, Menschen, Geschichtenerzähler, Selbstportrait, Nach dem Meister, Landschaften und Tiere, Meister des Lichts und Die Nachtwache.


Nach dem Meister: Bild Nr. 293 in der Ausstellung „Lang Lebe Rembrandt“ von Kees Embrechts heißt „Brexit-lady“ und ist Rembrandts Stil nachempfunden.

Eine ungewöhnliche Jubiläums-Ausstellung

Das Rijksmuseum in Amsterdam feiert Rembrandt zu seinem 350. Todesjahr als „größten niederländischen Künstler aller Zeiten“. Der Künstler scheint unsterblich – und lebt durch seine Kunst bis heute weiter. Rembrandts Werke dienen vielen Kunstschaffenden als Inspiration, das will das Rijksmuseum in seiner Sommerausstellung zeigen. Erstmals ermöglicht es das Museum Profi- und Hobbykünstlern, ihre von Rembrandt inspirierten Werke in den Ausstellungsräumen zu zeigen. Alles ist möglich, von einer exakten Kopie eines berühmten Meisterwerks bis hin zu Anlehnungen an Rembrandts Stil, seine Materialien und Techniken, seine vielfältigen Themen oder seinem Spiel mit Licht und Farbe.

Über 8.500 Menschen im Alter von 3 bis über 90 Jahre beteiligten sich an dem Aufruf des Rijksmuseums. Das Museum zeigte sich von der Fülle der Einsendungen aus 95 Ländern überrascht: „Wir hatten nicht mit so vielen Rückmeldungen auf unseren Aufruf gerechnet“, betonte Pieter Roelofs, Leiter des Departments für Malerei und Skulptur am Rijksmuseum. „In der Ausstellung sehen wir Rembrandt durch die Augen des kreativen Publikums. Daher geht es hier nicht nur um den niederländischen Meister, sondern auch um uns selbst.“


Rembrandts Vielfalt: Von Menschen und Geschichten

Die Ausstellung „Lang Lebe Rembrandt“ beginnt mit „Mein Rembrandt“. Hier berichten die beteiligten Künstler von ihrer Beziehung zum niederländischen Meister. Einige Bezüge sind spielerisch, andere emotional – in jedem Fall ist die Sicht auf Rembrandt vielfältig. Einige der Teilnehmer an der Ausstellung bilden sich sogar selbst mit der künstlerischen Identifikationsfigur ab. Andere zeigen Rembrandt in der Gesellschaft anderer Vorbilder. Häufig werden auch Szenen aus Rembrandts Leben dargestellt. Dies zeigt, dass nicht nur die Kunst des Meisters Menschen bewegt, sondern auch er selbst als historische Figur inspiriert.

Im Schwerpunkt „Menschen“ steht eines von Rembrandts wichtigsten Motiven im Mittelpunkt. Er portraitierte seine Modelle mit all ihren Stärken und Schwächen und war in der Lage, ihre Persönlichkeit einzufangen. Inspiriert durch Rembrandt, portraitierten die Künstler der Ausstellung „Lang Lebe Rembrandt“ ebenso ihr Umfeld und orientierten sich an seinem Stil, sei es in der Arbeit mit Farbe und Licht oder in der Darstellung von Stoffen und Materialien.

Wie Rembrandt als „Geschichtenerzähler““mit seinem Werk andere Künstler inspirierte, zeigt sich in Raum 3 der Ausstellung im Rijksmuseum. Meist stellte der Meister Szenen dar, die den Betrachter regelrecht in ein Gemälde ziehen. Auch die Künstler der Ausstellung „Lang Lebe Rembrandt“ zeigen Bewegung, Interaktionen und Emotionen in ihren Werken, inspiriert durch die bekannten Vorlagen des 17. Jhd.

Natürlich darf auch das Thema „Selbstportrait“ in der Ausstellung nicht fehlen. Kein anderer Künstler des 17. Jhd. portraitierte sich so oft selbst wie Rembrandt, der sich auf Gemälden, Radierungen oder Zeichnungen verewigte. Der „Meister des Selbstportraits“ wird in der Ausstellung auch dadurch gewürdigt, dass die Künstler Rembrandts Selbstportraits aus allen Schaffensphasen aufgreifen und neu interpretieren.


Zahlreiche Künstler interpretierten Rembrandts Selbstportrait neu, u.a. auf Bild Nr. 184 Tjaard van Holten, dessen Werk „Rembrandt van Uylenburgh“ den Maler mit einer Eule auf der Schulter zeigt.

Rembrandts Experimentierfreude: Ikonen der Kunstwelt

Bereits im 17. Jhd. galt Rembrandt als innovativ und experimentierfreudig in seiner Kunst. Immer war er auf der Suche nach neuen Darstellungsformen – kein Wunder, dass er bis heute vielen Künstlern als Inspiration gilt. In „Nach dem Meister“ wird in der Ausstellung des Rijksmuseums deutlich, welchen Einfluss der Niederländer auf Kunstschaffende weltweit hatte. Von exakten Kopien oder Interpretationen von Originalwerken bis hin zu zeitgenössischen Versionen ist hier alles vertreten.

Neben der Darstellung von Personen zählen auch „Landschaften und Tiere“ zu den Hauptmotiven Rembrandts. Der Künstler war ein genauer Beobachter und hielt besonders sein Umfeld außerhalb Amsterdams in seinen Werken fest. Durch den Meister inspiriert, schufen die Künstler in der Ausstellung des Rijksmuseums Bilder, die sich an ihrer eigenen Umgebung orientieren. Besonders Kinder ließen sich hier von ähnlichen Tieren und Objekten inspirieren, wie Rembrandt zuvor.

Für viele gilt Rembrandt als „Meister des Lichts“. Er nutzte dramatischen Lichteinfall, um Szenen intensiver und aufregender zu gestalten. Ob natürliches Sonnenlicht, eine flackernde Kerze oder die dunklen Schatten, die ein Kaminfeuer wirft – das alles findet sich auch in den Werken wieder, die die Künstler für die Ausstellung „Lang Lebe Rembrandt“ geschaffen haben. Wenig überraschend: Als aktuelle Lichtquellen tauchen plötzlich auch Smartphones und Computer auf.

Die Ausstellung im Rijksmuseum schließt mit dem wohl bekanntesten Werk von Rembrandt. Das große Gemälde „Die Nachtwache“ wird sogar als „Herz des Rijksmuseum“ bezeichnet. Das Original wird als Highlight für Besucher in der „Ehrengalerie“ des Museums prominent präsentiert und aktuell im Rahmen der „Operation Nachtwache“ öffentlichkeitswirksam restauriert. In der Ausstellung „Lang Lebe Rembrandt“ ist eine Vielfalt an Interpretationen des Werks zu sehen: als Teppich gewebt, von Kinderhand als Strichmännchen gemalt oder als Tableau vivant mit Darstellern für ein Foto nachgebildet. Kein anderes Werk von Rembrandt wurde so oft von Künstlern neu umgesetzt und nachempfunden. Jedes Werk überrascht dabei aufs neue und zeigt, dass Rembrandt bis heute sehr lebendig ist.


Lang Leve Rembrandt

Rijksmuseum
15.07. – 15.09.2019


Fotos: Angelika Schoder – „Lang Lebe Rembrandt“, Rijksmuseum, 2019


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Angelika Schoder

Über die Autorin

Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.

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