Klimts Inspiration: Von Monet bis Van Gogh

In der Ausstellung „Klimt. Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse…“ beleuchtet das Belvedere in Wien die Inspirationsquellen des Künstlers.

In der Ausstellung "Klimt. Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse…" beleuchtet das Belvedere in Wien die Inspirationsquellen des Künstlers.

[Rezension] Welche Kunstwerke bekannter Zeitgenossen dienten Gustav Klimt als Inspiration? Dieser Frage gingen das Wiener Belvedere und das Van Gogh Museum in einem gemeinsamen Forschungsprojekt nach. In den Fokus gerieten dabei, neben den zur Jahrhundertwende bedeutenden Wiener Ausstellungsorten wie die Secession oder die Galerie Miethke, auch weniger bekannte Institutionen und wichtige österreichische Privatsammlungen wie die von Carl Reininghaus oder die der Familie Wittgenstein. Schließlich konnten auch Klimts Ausstellungs- und Galeriebesuche nachvollzogen werden. Das Ergebnis dieser Suche nach den Inspirationsquellen des Künstlers ist nun die Ausstellung „Klimt. Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse…“, die nach einer ersten Station in Amsterdam jetzt nach Wien ans Untere Belvedere kommt. Ein Begleitband bietet zudem einen tieferen Einblick in die Ergebnisse des Forschungsprojekts.


Gustav Klimt: Sonja Knips (1897/98) - Belvedere Museen Wien
Sonja Knips wird von Klimt fast wie die Mutter von James Abbott NcNeill Whistler in seinem Gemälde von 1871 positioniert.

Gustav Klimt: Sonja Knips (1897/98) – Belvedere Museen Wien – gemeinfrei

Künstlerische Einflüsse in Wien

Gustav Klimt (1862-1918) gilt als einer den wichtigsten Künstler der modernistischen Bewegung in Wien um 1900; seine Werke sind weltweit bekannt – allen voran sein Gemälde „Der Kuss“, aus dem das Belvedere Museum vor einigen Monaten sogar NFTs generierte. Interessanterweise wurde Klimt bereits zu Lebzeiten zunächst noch als „oberflächlicher Dekorateur“ von der Kunstkritik geschmäht. Hinsichtlich seines Stellenwerts in der Malerei wurde er lange auch deshalb von der Kunstwelt nicht besonders hoch eingestuft, da er kaum Kontakt mit zentralen Künstlerpersönlichkeiten der europäischen Avantgarde zu pflegen schien und in seinem Stil auch keinen Einfluss auf die zu der Zeit in Paris florierende Kunstszene ausübte. Statt dessen verkehrte Klimt in seinem lokalen künstlerischen Umfeld und prägte gemeinsam mit seinen Weggefährten wie Otto Wagner oder Koloman Moser den typischen Wiener Stil um die Jahrhundertende. [1]

Die Ausstellung „Klimt. Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse…“ widmet sich jetzt einer Gegenüberstellung von Gustav Klimts Werk und der westeuropäischen Moderne, die insbesondere durch seine künstlerischen Zeitgenossen in Paris geprägt wurde. Wie ein 2015 vom Van Gogh Museum und dem Belvedere angestoßenes Forschungsprojekt zeigte, war Klimt nämlich gar nicht so weit von der Pariser Szene entfernt. In Ausstellungen und Sammlungen in Wien hatte er nachweislich zentrale Werke kennengelernt, zudem kam er auch bei seinen Reisen sowie durch Publikationen in Kontakt mit internationaler Kunst. Die Schau „Klimt. Inspired by…“ arrangiert nun ein Treffen zwischen Klimts eigenen Werken mit Skulpturen und Gemälden, die den Künstler inspiriert haben könnten. Im direkten Vergleich zeigen sich faszinierende Parallelen und Einflüsse, etwa zu den Werken von Vincent Van Gogh, Auguste Rodin, Henri Matisse, Claude Monet, Jan Toorop, Henry de Toulouse-Lautrec oder Edvard Munch. Dabei wird klar, dass Klimts eigene Werke teils fast wie direkte Zitate seiner Vorbilder wirken.


Gustav Klimt: Blühender Mohn (1907) - Belvedere Museen Wien
Klimts Bild einer blühenden Wiese wird in der Ausstellung Claude Monets „Mohnfeld in einer Senke bei Giverny“ (1885) gegenübergestellt.

Gustav Klimt: Blühender Mohn (1907) – Belvedere Museen Wien – gemeinfrei

„Sensibel und mit einem feinen Gespür für herausragende Qualitäten nahm er die künstlerischen Strömungen seiner Zeit wahr. Klimt war ein Meister darin, aus all diesen Einflüssen das seinen künstlerischen Arbeiten Entgegenkommende für sein Schaffen zu entlehnen und selbständig zu verwerten.“

Stella Rollig und Emilie E. S. Gordenker zur Ausstellung [2]

Einblick in die Forschung

Wer die Gegenüberstellung von Gustav Klimts Werken mit seinen Inspirationsquellen genauer studieren möchte, dem sei die Publikation empfohlen, die begleitend zur Ausstellung im Hirmer Verlag erschien. Eine ausführliche und mit historischen Fotografien bebilderte Zeitleiste gibt hier zunächst Einblick in das Leben des Künstlers und seine Kontaktpunkte zu möglichen künstlerischen Einflüssen. So ist sein Besuch der Biennale di Venezia 1899 ebenso dokumentiert wie sein regelmäßiger Besuch in der Galerie Miethke, wo Ausstellungen zu international bekannten Künstlern wie Van Gogh, Gauguin oder Monet gezeigt wurden. Zudem wird ersichtlich, dass Klimt auch persönlich diverse Kunstschaffende kennengelernt hatte, etwa 1902 Auguste Rodin, und dass er bei Reisen nach Paris oder Madrid stets auch private und öffentliche Kunstsammlungen besichtigte.

Im Anschluss zeigt die Publikation, wie es für Gustav Klimt war, als Wien zur Jahrhundertwende durch die Präsenz von internationaler zeitgenössischer Kunst seinen eigenen Worten nach „aus dem Schlaf gerüttelt“ wurde. [3] Dank der zahlreichen Ausstellungen in der österreichischen Hauptstadt konnte sich der Künstler umfangreich über die westeuropäische Gegenwartskunst informieren. Insbesondere die Gründung der Secession leitete hier eine Blütezeit zeitgenössischer internationaler Kunst ein, denn hier wurden zwei bis drei Ausstellungen pro Jahr organisiert. Viele Ausstellungen, die zwischen 1898 und 1905 stattfanden, boten einen Überblick über die neuesten künstlerischen Entwicklungen aus dem Ausland.

Ob Werke des Impressionismus, Arbeiten von Théo Van Rysselberghe, Paul Signac oder Charles Rennie Mackintosh – Klimt setzte sich mit diesen auseinander und ließ sich davon immer wieder zu Anspielungen in seinen eigenen Werken verleiten. Dabei erscheinen seine Arbeiten teils sogar als direkte Verweise auf seine Vorbilder, fast wie eine Hommage. Insbesondere bei einigen Landschaftsgemälden von Gustav Klimt wird dies immer wieder deutlich, wenn man sie im Vergleich zu ausgewählten Werken von Claude Monet betrachtet. Der Ausstellungskatalog wirft daneben auch einen Blick auf die Einflüsse internationaler Kunst auf Klimts Porträts von Damen aus der Gesellschaft sowie seine Inspirationen, aus denen er in seinem Früh- und Spätwerk schöpfen konnte.


Gustav Klimt: Johanna Staude (1917/18) - Belvedere Museen Wien
Klimts Porträt von Johanna Staude wird in der Ausstellung dem Gemälde „Das Mädchen mit den grünen Augen“ (1908) von Henri Matisse gegenübergestellt.

Detail aus: Gustav Klimt: Johanna Staude (1917/18) – Belvedere Museen Wien – gemeinfrei

Anlässlich der Ausstellung „Klimt. Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse…“ erschien 2022 der begleitende Ausstellungskatalog, herausgegeben von Stella Rollig, Markus Fellinger, Emilie E. S. Gordenker und Edwin Becker, im Hirmer Verlag (ISBN: 978-3-7774-3517-6). Die Publikation mit historischen Fotos und zahlreichen farbigen Werkabbildungen beinhaltet auch Beiträge von u.a. Stephanie Auer, Marian Bisanz-Prakken, Lisa Smit und Renske Suijver.


Klimt. Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse…

3. Februar 2023 – 29. Mai 2023
Unteres Belvedere, Wien

Zuvor war die Ausstellung vom 07.10.2022 bis 08.01.2023 im Van Gogh Museum in Amsterdam zu sehen.

musermeku dankt dem Hirmer Verlag für die kostenfreie Überlassung der Publikation als Rezensions-Exemplar.


Header-Bild: Detail aus: Gustav Klimt: Judith (1901) – Belvedere Museen Wien – gemeinfrei


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Angelika Schoder

Über die Autorin

Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.

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Fußnoten

[1] Dazu: Stella Rollig und Emilie E. S. Gordenker: Vorwort, In: Klimt. Inspired by Van Gogh, Rodin, Matisse…, Hg.v. Stella Rollig, Markus Fellinger, Emilie E. S. Gordenker und Edwin Becker, 2022, S. 6-9, hier S. 6.

[2] Zitiert nach: Ebd., S. 7.

[3] Siehe dazu: Lisa Mit, Renske Suijver, Edwin Becker: Die Wiener Kunst aus dem Schlaf gerüttelt, In: Ebd., S. 36-55, hier S. 38.


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