[Rezension] August Macke verstarb früh. Bereits kurz nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges fiel er am 26. September 1914 bei Perthes-lès-Hurlus in Frankreich, im Alter von nur 27 Jahren. Der Künstler hinterließ zahlreiche Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen, die bis heute zu den bedeutendsten Werken des Expressionismus zählen. Die Ausstellung „August und Elisabeth Macke. Der Maler und die Managerin“ sowie die begleitende Publikation konzentrieren sich nun auf Elisabeth Macke, die sich nicht nur um den Nachlass ihres Mannes kümmerte, sondern auch zu seinen wichtigsten Modellen zählte. Bereits kurz nach August Mackes Tod begann Elisabeth 1915 seine künstlerischen Gedanken aufs Papier zu bringen und seine Werke in einem ersten Verzeichnis zu erfassen. Ihr strategisches Agieren bildet die Grundlage für die Rezeption von August Mackes Werk bis heute.
Die Frau hinter dem Künstler
Alles begann mit dem Bild „Sitzender weiblicher Akt“. Mit dem Ankauf des Gemäldes im Jahr 1953 legte das LWL-Museum für Kunst und Kultur den Grundstein für eine umfangreiche Sammlung zu August Macke. Heute umfasst das Macke-Archiv des Museums rund 400 Werke, 80 Skizzenbücher sowie Briefe und weitere Dokumente. Aus diesem reichen Bestand schöpft nun die aktuelle Ausstellung „August und Elisabeth Macke. Der Maler und die Managerin“, die nur mit wenigen externen Leihgaben ergänzt wurde. Erstmals steht nicht nur das Werk des Künstlers August Macke im Mittelpunkt, sondern thematisiert wird vor allem Elisabeth Macke. Als Ehefrau des Künstlers, Modell für zahlreiche Arbeiten und spätere Nachlassverwalterin nimmt sie eine wichtige Rolle in Bezug zu August Mackes Werk ein.
Elisabeth war die Jugendliebe des Künstlers. Er begegnete ihr erstmals 1903, als er 16 Jahre alt war. Die beiden trafen sich zunächst regelmäßig auf dem Schulweg. Unter dem Vorwand seinen Klassenkameraden Walter Gerhardt portraitieren zu wollen, erhielt August Macke Zugang zur Familie Gerhardt. So portraitierte er schließlich auch dessen zwei Jahre jüngere Schwester Elisabeth. In den folgenden Jahren verbrachten August und Elisabeth sehr viel Zeit zusammen, wanderten, reisten und besuchten Ausstellungen und Theateraufführungen. Am 5. Oktober 1909 heirateten beide; Elisabeth war bereits schwanger mit ihrem ersten Sohn Walter, der 1910 auf die Welt kam. 1912 wurde Wolfgang geboren, der zweite Sohn der Mackes. Nur zwei Jahre später starb August Macke im Krieg.
„Aber mein Leben mit August war ja so unsagbar schön, vom ersten bis zum letzten Tag unserer Gemeinschaft, dass mir in allem Leid nur schöne Gedanken kommen […]. Dann kommen oft Tage – Abende -, wo ich glaube, ich kann es nicht tragen, wo sich meine ganze Lebendigkeit und mein Daseinswille aufbäumen gegen dieses Schicksal, das mir in solchen Stunden nur sinnlos und ungerecht erscheint […]. Wenn ich dann die Kinder atmen höre im Schlaf […] dann habe ich wieder Kraft, dann weiß ich, was ich aushalten muss.“
Elisabeth Macke an Franz Marc, 1915 [1]
Elisabeth Macke als Muse und Managerin
August Macke malte häufig sein häusliches Umfeld, das Spielzeug der Kinder, seine schlafenden Söhne und immer wieder seine Jugendliebe und spätere Ehefrau Elisabeth. In über 200 Werken portraitierte er sie, zeichnete sie als Akt, inszenierte sie in Genre-Bildnissen oder malte sie bei Spaziergängen oder als Kundin in Modegeschäften. Doch Elisabeth Macke war mehr als nur ein Modell und die Muse für ihren Mann. Bereits zu August Mackes Lebzeiten stellte sie wichtige gesellschaftliche Kontakte für ihn her und managte den Verkauf seiner Werke. Nach dem Tod des Künstlers machte sie es sich zur Lebensaufgabe, seinen künstlerischen Nachlass zu verwalten. Sie trug so wesentlich dazu bei, dass August Macke heute zu einem der bekanntesten Künstler des deutschen Expressionismus zählt.
Bereits 1915, nur wenige Monate nach dem Tod ihres Mannes, begann Elisabeth Macke damit, ein vorläufiges Verzeichnis mit dessen Werken zu erstellen. Diese Vorarbeiten flossen in das Werkverzeichnis ein, das 1953 von Gustav Vriesen veröffentlich wurde. Als Andenken für ihre Söhne schrieb sie zudem ihre Aufzeichnungen zu ihren Jahren mit August Macke nieder. Diese erschienen 1962 unter dem Titel „Erinnerung an August Macke“. Über Jahre hinweg unterhielt sie enge Kontakte zu Galeristen, Museen und Privatsammlern. 1921 arrangierte Elisabeth, dass einige Werke Mackes an die Nationalgalerie in Berlin gingen. Auch Museen in Breslau, Essen und Düsseldorf erwarben Werke des Künstlers. In der Kriegszeit war es Elisabeth gelungen, August Mackes Werke vor den Bombardierungen in Sicherheit zu bringen. Ab 1948 betreute sie den Nachlass Mackes zusammen mit ihrem Sohn Wolfgang bis zu ihrem Tod 1978.
Die Netzwerkerin
Die künstlerische Auseinandersetzung August Mackes mit seiner Frau wurde 2009 bereits in einer Ausstellung des August Macke Haus unter dem Titel „Mein Zweites Ich“ thematisiert. Die Ausstellung „August und Elisabeth Macke. Der Maler und die Managerin“ im LWL-Museum für Kunst und Kultur geht nun darüber hinaus, denn nun rückt Elisabeth Macke nicht nur als passives Modell sondern auch als aktive Künstler-Managerin und Nachlassverwalterin in den Mittelpunkt. Zahlreiche Dokumente, die aus dem Archiv des LWL-Museums für Kunst und Kultur stammen, belegen hier, wie intensiv sich Elisabeth Macke mit der Verbreitung des Werkes ihres ersten Mannes beschäftigt hat. Zudem zeigt sich auch, wie sie in die künstlerische Tätigkeit August Mackes involviert war und auch an seiner Arbeit mitwirkte. Elisabeth war dabei eingebunden in ein komplexes Geflecht aus Kunstakteuren und Gruppen, privaten Clubs, Galerien und Kunsthändlern sowie Sammlern und Museen.
Die Publikation, die begleitend zur Ausstellung „August und Elisabeth Macke. Der Maler und die Managerin“ erschienen ist, zeigt nicht nur Elisabeth Macke in einem neuen Licht. Der Katalog gibt auch einen Überblick über die verschiedenen Schaffensphasen und Themenwelten von August Macke, von intimen Portraits über Gemälde von Spaziergängern und Modegeschäften bis hin zu seiner Arbeit im Kreis des Blauen Reiters, seinen Einflüssen durch den Kubismus sowie seinen Reisen, etwa nach Nordafrika. Schließlich wird auch die Rezeption von Mackes Werken thematisiert sowie das Fortwirken seines künstlerischen Erbes.
Die Publikation „August und Elisabeth Macke. Der Maler und Managerin“, herausgegeben von Hermann Arnold für das LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster ist 2021 im E.A. Seemann Verlag erschienen (ISBN: 978-3-86502-454-1). Der Band, der die gleichnamige Ausstellung begleitet, enthält neben zahlreichen Abbildungen, einer Biografie sowie einer Bibliografie und einem Ausstellungsverzeichnis auch Texte von Anna Luisa Walter, Tanja Pirsig-Marshall, Peter Vergo, Claudia Leonore Kreile, Ina Ewers-Schultz, Ulrike Gärtner und Eline van Dijk.
August und Elisabeth Macke. Der Maler und die Managerin
LWL-Museum für Kunst und Kultur
28. Mai – 5. September 2021
musermeku dankt dem LWL-Museum für Kunst und Kultur für die kostenfreie Überlassung der Publikation als Rezensions-Exemplar.
Header-Bild: August Macke: Porträt mit Äpfeln (Gemälde, 1909) – Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München – CC BY-SA 4.0 – beschnitten
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Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.
Fußnote
[1] Zitiert nach: Grußwort, In: August und Elisabeth Macke. Der Maler und Managerin, Hg.v. Hermann Arnold, E.A. Seemann Verlag 2021, S. 7
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