[Ausstellung] Im Teylers Museum treffen Millionen Jahre alte Fossilien auf Zeichnungen von Michelangelo und auf historische Maschinen, die Elektrizität erzeugen. Das 1784 eröffnete Museum ist nicht nur weltweit die älteste Institution ihrer Art, sondern auch eines der schönsten und abwechslungsreichsten Museen der Niederlande.
Das älteste Museum der Niederlande
Das Teylers Museum in der niederländischen Stadt Haarlem gilt als ältestes öffentlich zugängliches Museum der Niederlande. Es wurde 1778 gegründet und 1784 als eine Bildungseinrichtung für die Bürger der Stadt eröffnet. Das Ziel der Institution war es, wissenschaftliche Erkenntnisse und naturwissenschaftliche Objekte sowie Kunstwerke jedem zugänglich zu machen. Heute haben sowohl das Gebäude am Fluss Spaarne als auch die Sammlung des Museums den Status eines Nationaldenkmals inne.
Zu den Besonderheiten der Institution zählt eine eigene Sternwarte. Zu verdanken ist dies Jacobus Barnaart (1726-1780), einem der ersten fünf Direktoren des Museums. Zunächst plante er, ein Observatorium auf den zentralen ovalen Raum des Museumsgebäudes zu bauen. Doch das Dach war aus Holz – ein Material, was leicht vibriert und deshalb für Geräte zur Himmelsbeobachtung keine geeignete Basis bildet, wie sich schnell herausstellte. Als Alternative wurde schließlich ein quadratischer Turm gebaut, der als Sternwarte dienen sollte.
Die Sammlung des Teylers Museum
Das erste Objekt in der Sammlung des Teylers Museum war eine im Jahr 1780 erworbene Erstausgabe der Enzyklopädie von Diderot und d’Alembert. Zur Sammlung des Museums gehört außerdem die „Encyclopédie Methodique“ mit 195 Bänden. Es ist damit die weltweit vollständigste Ausgabe dieser Enzyklopädie. Neben weiteren historischen Büchern gehören zur Sammlung zahlreiche wissenschaftliche Instrumente, etwa ein „Magnet Elektromotor“ nach Christian Ernst Neeff (1839), ein „Azimuth Kompass“ nach Kenneth McCulloch (1788) sowie diverse historische Mikroskope und Teleskope aus dem 18., 19. und frühen 20. Jhd. Sehr beeindruckend ist auch die umfangreiche Mineralien- und Fossilien-Sammlung des Museums.
Neben seiner naturwissenschaftlichen Sammlung verfügt das Teylers Museum auch über eine sehenswerte Kunstsammlung. Der Bestand an 10.000 Zeichnungen und etwa 25.000 Drucken umfasst u.a. 25 Originalzeichnungen von Michelangelo Buonarroti (1475-1564), darunter Vorstudien für die Deckengemälde der Sixtinischen Kapelle im Vatikan in Rom. Daneben gehören auch Werke von Rembrandt van Rijn (1606-1669), Raffael da Urbino (1483-1520) oder Claude Lorrain (1600-1682) zur Sammlung.
Eine Bildungsinstitution für Bürger
Benannt ist das Museum nach Pieter Teyler van der Hulst (1702-1778), einem Bankier sowie Tuch- und Seidenhersteller aus Haarlem. Privat interessierte sich Pieter Teyler sehr für verschiedene Naturwissenschaften und zeitgenössische Kunst, was sich in seiner umfangreichen Privatsammlung wiederspiegelt. Um die Sammlung zu erhalten, aber auch um Kunst und Wissenschaft zu fördern, wurde schließlich die Teylers Stiftung gegründet.
Als Pieter Teyler im Jahr 1778 verstarb, wurde beschlossen, hinter seinem Wohnhaus ein Zentrum für Wissen und Bildung zu errichten. Zunächst wurden hier Bücher, wissenschaftliche Instrumente, Fossilien, Mineralien und Zeichnungen präsentiert, die Pieter Teyler im Laufe seines Lebens gesammelt hatte. Das Konzept dieses Bildungszentrums stand dabei ganz im Zeichen des Zeitalters der Aufklärung: Durch die Bildung der Vernunft sollten starre und überholte Vorstellungen und Ideologien überwunden werden. Die neu gegründete Institution, die besonders eine Hinwendung zu den Naturwissenschaften zeigte, sollte ein Wissensinstitut von und für Bürger sein. Die Menschen sollten sich hier ihre eigene Meinung über die Welt bilden und ihren intellektuellen Horizont erweitern – ganz ohne den Einfluss von Staat oder Kirche.
Der historische Museumsbau
Das Herzstück des Teylers Museum bildet ein ovaler Raum, der im Jahr 1779 von Leendert Viervant (1752-1801) entworfen wurde. Die Gestaltung des „Ovale Zaal“ im Stil des Neoklassizismus basiert auf Vorbildern wie den Arbeiten von Jean François de Neufforge, Michelangelo Buonarroti und Artus Quellinus. Die Stuckverzierungen des Raumes wurden von Leendert Viervants Onkel Husly angefertigt. Viervant entwarf zudem auch die Museumshalle, die pyramidenförmigen Vitrinen und ein Gehäuse für den damals größten elektrostatischen Generator, der im Museum zu sehen ist.
Im Jahr 1784 konnte „Teyler’s Physisch en Naturaliën Kabinetten en Bibliotheek“ schließlich öffentlich zugänglich gemacht werden. Als erster Direktor wurde Martinus van Marum (1750-1837) benannt, ein anerkannter Arzt, Naturforscher, Chemiker und Wissenschaftler. Das Museum vergrößerte im Laufe der Jahrzehnte seine Sammlung stetig und insbesondere die elektrischen Apparate und Maschinen gehörten zu den Publikumslieblingen. Auch das Museumsgebäude wurde nach und nach erweitert, so kamen im Jahr 1825 ein Lesesaal und 1838 ein Malzimmer hinzu.
Anlässlich des 100. Jubiläums 1878 wurde beschlossen, den Komplex um den sogenannten „Spaarnevleugel“ zu erweitern. Dieser Bau sollte nicht nur einen Eingang zur Fluss-Seite hin bieten, sondern das Museum auch um drei zusätzliche Ausstellungsräume sowie im Obergeschoss um ein Auditorium und eine Bibliothek erweitern. Die Eingangshalle mit ihrer reich verzierten Fassade und einem Oberlicht wurde vom Wiener Architekten Christian Ulrich (1836-1909) entworfen. Die neuen Museumsräume wurden vom Haarlemer Architekten Adrianus van der Steur (1836-1899) gestaltet: zwei Räume für Fossilien sowie einen Instrumentenraum. Der Museumsanbau wurde 1885 eröffnet. Im Jahr 1893 folgte dann ein weiterer Gemäldesaal, um die wachsende Kunstsammlung des Museums unterzubringen. Im Jahr 1996 wurden schließlich noch ein Gartenzimmer für das Museumscafé und ein Raum für Wechselausstellungen errichtet. Das Museum verfügt heute über 12 Ausstellungsräume.
Teylers Museum
Spaarne 16
2011 CH Haarlem, NL
Bilder: Angelika Schoder – Teylers Museum, Haarlem 2019
Wir brauchen deine Unterstützung
Werde jetzt Mitglied im musermeku Freundeskreis: Erhalte wöchentlich News zu Kunst und Kultur direkt per E-Mail, sichere dir den Zugang zu exklusiven Inhalten und hilf uns dabei, unsere Betriebskosten für musermeku.org zu decken.
Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.
Linktipps
Der Newsletter zu Kunst & Kultur
In unserem kostenlosen Newsletter informieren wir einmal im Monat über aktuelle Neuigkeiten aus dem Kunst- und Kulturbereich.