Zwischen Sturm und Stille: Kunst von Friesland bis Norwegen

In der Ausstellung „Zwischen Sturm und Stille“ zeigt das Museum Kunst der Westküste als Gast im Internationalen Maritimen Museum Hamburg diverse künstlerische Perspektiven auf die Nordsee.

Die Ausstellung "Zwischen Sturm und Stille" im Internationalen Maritimen Museum Hamburg zeigt Werke aus der Sammlung des MKdW aus Föhr.

[Ausstellung] Zur Nordsee-Region gehört das raue Meer, auf dem Fischer den Wellen trotzen. Die Landschaft ist geprägt von wilden Dünen und weiten Stränden, die den Gezeiten ausgesetzt sind. Doch zur Nordsee gehören vor allem auch die vielfältigen Menschen, die hier leben. In der Ausstellung „Zwischen Sturm und Stille“ lädt das MKdW – Museum Kunst der Westküste aus Föhr dazu ein, die außergewöhnliche Region rund um die Nordsee aus diversen künstlerischen Perspektiven zu erkunden, vom 19. Jahrhundert bis heute. Zu Gast im Internationalen Maritimen Museum Hamburg zeigt das MKdW historische Gemälde, zeitgenössische Fotografien und moderne Skulpturen, die ganz unterschiedliche Sichtweisen auf die Nordseeküste eröffnen – von den Niederlanden und Deutschland über Dänemark bis nach Norwegen.


Erstmals ist das MKdW - Museum Kunst der Westküste aus Föhr im Internationalen Maritimen Museum Hamburg zu Gast und zeigt hier Werke aus seiner Sammlung.
Erstmals ist das MKdW – Museum Kunst der Westküste aus Föhr im Internationalen Maritimen Museum Hamburg zu Gast und zeigt hier Werke aus seiner Sammlung.

Historische und neue Perspektiven

Kaum jemand bleibt beim Anblick des Meeres emotional unberührt. Kunstschaffende sind seit Jahrhunderten davon fasziniert und versuchen, die ständige Veränderung und Vielfalt des Meeres darzustellen. Das Meer zeigt sich mal ruhig und spiegelnd, mal stürmisch und aufgewühlt, in verschiedenen Farben und Stimmungen.

Ob Ölstudien von bekannten Kunstschaffenden wie Anna Ancher, Kitty L. Kielland, Christian Krohg und Peder Severin Kroyer oder aktuelle Werken von Anja Jensen, Jochen Hein, Riitta Ikonen und Karoline Hjorth – die Ausstellung „Zwischen Sturm und Stille“ bietet Perspektiven auf norwegische, dänische, deutsche und niederländische Kunstwerke, für die man sonst erst nach Alkersum auf Föhr reisen müsste. Auf der Nordseeinsel zeigt das Museum Kunst der Westküste nämlich üblicherweise seine umfassende Kunstsammlung. Nun ist das MKdW mit seiner Sammlung erstmals zu Gast in Hamburg, im Internationalen Maritimen Museum. Hier präsentiert es auf Deck 1, im ersten Obergeschoss des Museums, diverse Kunstwerke, die einen historischen, oft traditionellen, teils aber auch einen neuen und ungewöhnlichen Blick auf das Weltnaturerbe Wattenmeer, die Nordsee und die hier lebenden Menschen ermöglichen.


Die Ausstellung "Zwischen Sturm und Stille" zeigt Gemälde, Fotografien und Skulpturen vom 19. Jahrhundert bis heute. Bei allen Werken steht die Nordsee mit ihrer Natur und den hier lebenden Menschen im Mittelpunkt.
Die Ausstellung „Zwischen Sturm und Stille“ zeigt Gemälde, Fotografien und Skulpturen, vom 19. Jahrhundert bis heute. Bei allen Werken steht die Nordsee mit ihrer Natur und den hier lebenden Menschen im Mittelpunkt.

Kunst von der Nordseeinsel Föhr

In der Ausstellung „Zwischen Sturm und Stille“ lässt sich anhand historischer und zeitgenössischer Kunstwerke die kulturelle Bedeutung der Nordsee für die Insel Föhr und den nordeuropäischen Küstenraum erkunden. Ein Highlight der Ausstellung ist das fotorealistisch wirkende Gemälde „Nordsee (2015) von Jochen Hein. Das Bild zeigt die unruhige Meeresoberfläche ohne Fixpunkte, eine Perspektive die den Eindruck vermittelt, man würde über dem Wasser schweben. Das wohl ungewöhnlichste Werk in der Ausstellung ist die Skulptur „Große Woge“ (1995) von Volker Tiemann. Sie bezieht sich auf das berühmte japanische Bild „Die große Welle vor Kanagawa“ von Hokusai. Tiemann hat die Welle in eine bemalte Holzskulptur umgewandelt, die aus einer Plastikwanne schwappt. Das Werk, das auf einer umgestürzten Kommode steht, will ironisch die traditionellen Methoden der Kunstpräsentation hinterfragen.

Daneben zeigt die Ausstellung diverse Werke, die auf Föhr entstanden, etwa Gustav Schönlebers Gemälde „Nordsee“ (1882), Max Clarenbachs „Wattenmeer bei Wyk“ (um 1921/22) oder „Strandleben am Abend“ (1906) von Otto H. Engel, einem Mitbegründer der Berliner Secession, der Föhr regelmäßig bis 1914 besuchte. Auch Anja Jensens Fotografie „Der Mann am Meer“ (2010) entstand hier. Jensen schafft Bilder, die wie Ausschnitte aus einem Film wirken. Ihre Serie „Tatort“ (seit 2001) untersucht Perspektiven der Überwachung und persönliche Geschichten an verschiedenen Orten weltweit, wobei sie ihre Reise auch an die Nordsee führte.

Auch Corina Gertz erkundete die Nordseeinsel fotografisch. Für ihre Serie „Das abgewandte Porträt“ (2023) fotografierte sie Trachten auf Föhr. Durch das Abwenden der Personen rückt die Tracht in den Fokus, als Symbol kultureller Identität und regionale Herkunft. Wie fragil die Natur auf Föhr und im UNESCO-Welterbe Wattenmeer ist, zeigt Thomas Wredes Fotografie „Schlammlawine“ (2020). In dem inszenierten Katastrophenbild wird die Kraft der Natur, aber auch die Gefahren des Klimawandels deutlich.


Die Ausstellung "Zwischen Sturm und Stille" zeigt Werke aus Deutschland, den Niederlanden, Dänemark und Norwegen aus der Sammlung des Museum Kunst der Westküste auf Föhr.
Die Ausstellung „Zwischen Sturm und Stille“ zeigt Werke aus Deutschland, den Niederlanden, Dänemark und Norwegen aus der Sammlung des Museum Kunst der Westküste auf Föhr.

Skandinavische und niederländische Werke

Nach Föhr begibt sich die Ausstellung weiter in den Norden, zunächst nach Norwegen. Hier entstanden zahlreiche Werke von Carl Frederik Sorensen, etwa sein Bild „Bei einer norwegischen Schiffswerft“, das 1872 in Arendal entstand, oder das Gemälde „Zwischen den Färöern“, das ein Segelschiff auf stürmischer See zeigt. Daneben sind Hans Fredrik Gudes „Dampfschiff in Seenot, Mondschein vor Kopenhagen“ (1882) zu sehen sowie ein Selbstporträt seines Schülers Christian Krohg von 1917. Von Gude beeinflusst war auch die Künstlerin Kitty L. Kielland, die vor allem die norwegische Natur malte. Die Ausstellung zeigt ihr Gemälde „Norwegische Küstenlandschaft bei Ogna auf Jaeren“ (1878). Begleitet werden diese historischen Gemälde von Fotografien des norwegisch-finnischen Künstlerduos Karoline Hjorth und Ritta Ikonen. In ihrem Fotoprojekt „Eyes as Big as Plates“ zeigen sie ältere Menschen in der Natur, etwa die 85-jährige Fallschirmspringerin Agnes (2011), die mit einer Kopfbedeckung aus Treibholz in ihrer Verbundenheit zur stürmischen Küste Norwegens dargestellt wird.

Im folgenden Abschnitt nimmt die Ausstellung die Arbeiten der norddänischen Skagener Kunstkolonie in den Blick. Maler wie Michael Ancher und Christian Krohg hielten den harten Alltag der Fischer fest, etwa in Krohgs Gemälde „Seemann erblickt den Leuchtturm“ (um 1900). Es zeigt einen Fischer in der Nacht, der auf ein Lichtsignal schaut. Diese Werke beeinflussten auch spätere Künstler wie Edvard Munch. Neben dem Leben der Fischer wurden auch die idyllische Landschaft Skagens dargestellt, etwa von Laurits Tuxen und Viggo Johansen. Auch der Alltag der einfachen Menschen wurde festgehalten, wie bei Anna Anchers „Kleine Mädchen mit einem Dorsch“. Michael Ancher und andere Künstler wandten sich auch impressionistischen Themen zu, wie in „Vier Fischer am Strand von Skagen“ (1912). Bis heute fasziniert die Atmosphäre und das Licht Skagens diverse kunstschaffende, etwa den Fotokünstler Joakim Eskildsen. Auch die lokalen Traditionen stoßen auf künstlerisches Interesse, so dokumentiert die dänische Fotografin Trine Søndergaard in ihrer Serie „Strude“ die Fanniker Tracht.

Abschließend widmet sich die Ausstellung der Kunst von der Westküste der Niederlande, etwa der „Haager Schule“ mit ihren warmen graublauen Farben. Einer der Hauptvertreter war Hendrik Willem Mesdag, dessen dramatisches Werk „Unwetter“ (1882) in der Ausstellung „Zwischen Sturm und Stille“ zu sehen ist. Daneben werden Werke von Andreas Achenbach, Eugène Gustav Dücker, Johannes Evert Hendrik Akkeringa oder German Grobe ausgestellt. Sie zeigen die harte Arbeit von Netzflickerinnen, Fischverkäuferinnen oder die niederländische Küstenlandschaft. Auch die zeitgenössische Kunst greift diese Themen auf, so fotografiert Ellen Kooi zum Beispiel die Landschaft nahe dem Grevelingenmeer, dem größten Salzwasserbinnensee Westeuropas.


Zwischen Sturm und Stille

Internationales Maritimes Museum Hamburg,
eine Ausstellung des Museum Kunst der Westküste
03.05.2024 – verlängert bis 12.01.2025


Bilder: Angelika Schoder – Zwischen Sturm und Stille, Internationales Maritimes Museum Hamburg, 2024


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Angelika Schoder

Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.

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