Per App in den Schlaf: SLEEP von Max Richter

Musik fürs Unterbewusstsein: Die App zu SLEEP von Max Richter bietet ein Musikerlebnis, das nicht im Konzertsaal stattfindet, sondern im eigenen Bett.

Die App SLEEP von Max Richter bietet ein Musikerlebnis, das nicht im Konzertsaal stattfindet, sondern im eigenen Bett

[Online-Tipp] Der Mond entfernt sich von uns. Wie die New York Times vor kurzem berichtete, haben Wissenschaftler festgestellt, dass der Erdtrabant jedes Jahr fast 4 cm weiter von unserem Planeten weg driftet. In einigen Millionen Jahren wird sich der Mond sogar so weit von der Erde entfernt haben, dass es nicht mehr zu einer kompletten Sonnenfinsternis kommen kann. Vorerst bleibt der Mond jedoch nah genug, um Ebbe und Flut zu beeinflussen und nachts unseren Schlaf zu stören, wenn er zu hell durchs Fenster scheint. In Bezug auf das Thema Schlaf spielt der Mond auch in einer neuen App der Deutschen Grammophon eine zentrale Rolle. Der Himmelskörper ist Ausgangspunkt einer gedanklichen Reise in der App zu SLEEP von Max Richter – ein Musikerlebnis, das man nicht im Konzertsaal erlebt, sondern im eigenen Bett.


Monumentales Schlaflied

Als „SLEEP“ im Jahr 2015 veröffentlicht wurde, scherzte die Süddeutsche Zeitung, man könne nicht ahnen, ob und wie oft der deutsch-britische Komponist Max Richter (*1966) bei der Komposition des über 8-stündigen Werks wohl eingeschlafen sei. Das „persönliche Wiegenlied für eine überdrehte Welt“ wurde im Rahmen des MaerzMusik-Festivals 2016 uraufgeführt, und zwar von Mitternacht bis morgens um acht Uhr. Passenderweise mussten die Konzertbesucher die Nacht auch nicht auf unbequemen Stühlen verbringen, denn es wurden 400 Feldbetten im Berliner Kraftwerk platziert. So konnte während des Stücks, das den Phasen des nächtlichen Biorhythmus eines Menschen folgt, tatsächlich geschlafen werden.

Als Vorbild für sein Werk nennt Max Richter, der an der University of Edinburgh und an der Royal Academy of Music in London Komposition und Klavier studiert hat, übrigens die „Goldberg-Variationen“ von Johann Sebastian Bach. Es ist eine Anspielung auf eine Anekdote aus dem 19. Jhd. zur Entstehung der Komposition. Angeblich ist die „Aria mit verschiedenen Veränderungen“ für den russischen Gesandten am Dresdner Hof, den Grafen Hermann Carl von Keyserlingk, komponiert worden. Der Cembalist Johann Gottlieb Goldberg sollte dem Grafen daraus vorspielen, um diesen in seinen schlaflosen Nächten damit aufzuheitern. Wenn schon schlaflos, dann zumindest mit guter Musik, könnte man meinen. Tatsächlich ist „SLEEP“ von Max Richter aber seinen drei Kindern gewidmet, deren Schlaf ihn zu seinem Werk inspirierte.


Mit App ins Bett

Max Richter komponierte sein 8 1/2-stündiges Werk „SLEEP“ in Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Neurowissenschaftler David Eagleman. Ziel war es, die Musik an die verschiedenen Phasen des menschlichen Biorhythmus anzupassen. Mehrere Sequenzen aus „SLEEP“ wurden nun in Form einer individualisierbaren App aufgegriffen. In Kooperation mit dem Komponisten entstand so die Möglichkeit eines neuartigen Zugangs zu Klassischer Musik, die sich an das Unterbewusstsein richtet. Statt die Musik bewusst wahrzunehmen, soll hier ein Zustand der tiefen Entspannung erreicht werden, bis hinein in den Schlaf.


„When we are sleeping we are not absent. It’s a different comatose state. Wouldn’t it be interesting to make a piece which is made to exist in that space? Not necessarily listened to but to be experienced. […SLEEP is] a ritual which shifts your state of mind. […] It’s like moving from a space which we know into a space we don’t know. Into the dark.“

Max Richter

Die App hat drei Schwerpunkte:

  • Schlaf: Beruhigende Musik, die speziell für den Schlafzustand komponiert wurde, soll das Einschlafen erleichtern. Das Aufwachen wird von entspannenden Klängen eingeleitet, die von Max Richter speziell für die App komponiert wurden.
  • Meditieren: Aufeinander abgestimmte visuelle und akustische Kompositionen sollen Geist und Körper entspannen.
  • Fokussieren: Das Ausblenden von Alltagsgeräuschen soll dabei helfen, sich zu konzentrieren.

Die App bietet zudem eine „Tagebuch“-Funktion, in der Notizen erstellt werden können – zum Beispiel über Gedanken vor dem Einschlafen oder Erinnerungen an Träume.


SLEEP von Max Richter

Die App selbst ist kostenfrei, man benötigt jedoch Apple Music oder Spotify Premium.

Tipp: Man kann einen kostenfreien Spotify Account nutzen, um einen ersten Eindruck von der App zu bekommen. Da in dem Fall aber Werbung eingespielt wird, die das Musikerlebnis komplett zerstört, lässt sich SLEEP tatsächlich nur mit Spotify Premium sinnvoll nutzen.


Header-Bild: Lewis M. Rutherford: Der Mond (ca. 1889) – RijksmuseumPublic Domain – bearbeitet


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Angelika Schoder

Über die Autorin

Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.

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