[Reisetipp] Rund 25 Kilometer westlich von Lissabon liegt die Küstenstadt Cascais. Die Geschichte der Stadt geht bis in die Römerzeit zurück; erstmals urkundlich erwähnt wurde der Ort 1159; im Jahr 1364 wurde Cascais das Stadtrecht verliehen. Aus dieser Zeit stammt auch die erste Bastion der Stadt. Im Jahr 1537 wurde hier zudem einer der ersten Leuchttürme Portugals errichtet. Besonders sehenswert ist nicht nur die zerklüftete Atlantikküste, die viele Wander- und Rad-begeisterte Besucher anzieht. Die Stadt hat darüber hinaus auch jede Menge Kultur zu bieten. Wir geben hier einen kleinen Überblick über die schönsten Museen in Cascais.
Die Casa das Histórias Paula Rego
Zu den wohl bekanntesten Museen in Cascais zählt die Casa das Histórias Paula Rego, das „Haus der Geschichten“, das dem Werk der portugiesischen Künstlerin Paula Rego (1935-2022) gewidmet ist. Die Sammlung umfasst rund 550 Gemälde, Radierungen und Zeichnungen der Künstlerin, eine große Patchwork-Arbeit und persönliche Dokumente. In wechselnden Sammlungspräsentationen zeigt das Museum Regos Werke aus rund 50 Jahren.
Als in den 2000er Jahren in Cascais ein Museum für ihre Werke geplant wurde, wählte die Künstlerin selbst den aus Porto stammenden Architekten Eduardo Souto de Moura aus. Für seinen Entwurf ließ sich der Architekt von der historischen Architektur der Region inspirieren, insbesondere vom nahe gelegenen Palácio Nacional da Sintra. Dessen zwei kegelförmige Schornsteine griff Eduardo Souto de Moura als Motiv auf und entwarf sein Museumsgebäude mit zwei großen pyramidenförmigen Türmen. Sie sind heute das Markenzeichen des Museums, das nördlich der historischen Innenstadt von Cascais im Jahr 2009 eröffnet wurde.
- Casa das Histórias Paula Rego | Av. da República 300 | 2750-475 Cascais
Das Leuchtturm-Museum im Farol de Santa Marta
Der Farol de Santa Marta aus dem Jahr 1867 wird von der portugiesischen Marine bis heute als aktiver Leuchtturm genutzt. Seit 2007 ist das Gelände aber auch als Leuchtturm-Museum zugänglich. Der Ausstellungsbereich ist in zwei Räume unterteilt, die in den ehemaligen Wohnhäusern der Leuchtturmwärter untergebracht sind. Zunächst geht es um die Technik und die Geschichte portugiesischer Leuchttürme. Der zweite Ausstellungsabschnitt befasst sich mit Santa Marta und der historischen Entwicklung vom Fort zum Leuchtturm. Dabei wird auch die Arbeit der Leuchtturmwärter beleuchtet, unter anderem anhand der Aufzeichnungen in einem Logbuch.
Auf dem Außengelände des Leuchtturm-Museums, das auf dem Standort des früheren Fort von Santa Marta aus dem 17. Jhd. entstand, sind Infotafeln angebracht, die über die bekanntesten Leuchttürme Portugals informieren. Vorgestellt werden dabei ihre unterschiedlichen Bauweisen und ihre historische Bedeutung als Spiegel wissenschaftlicher und technischer Entwicklungen, aber auch als Ausdruck architektonischer Trends und repräsentativer Ansprüche.
- Farol Museu de Santa Marta | Praceta Farol | 2750-642 Cascais
Die Casa de Santa Maria
Direkt vor dem Leuchtturm-Museum, in der Bucht von Santa Marta, liegt die Casa de Santa Maria. Entworfen wurde das prachtvolle Wohnhaus im Jahr 1902 von Raul Lino im Auftrag des irischen Aristokraten Jorge O’Neill. Über 100 Jahre wurde die Casa de Santa Maria privat bewohnt, zunächst von Maria Teresa O’Neill und António Avillez von 1918 bis 1920, dann von José Lino, dem Bruder von Architekt Raul Lino, und schließlich ab 1934 vom Manuel Ribeiro de Espirito Santo Silva. In dieser Zeit waren bedeutende Persönlichkeiten im Haus zu Gast, etwa die Großherzogin Carlota von Luxemburg, die Grafen von Barcelona, König Humberto II von Italien, die englische Königsfamilie oder US-Präsident Richard Nixon.
Im Jahr 2004 ging die Casa de Santa Maria in den Besitz der Stadt Cascais über und ist seitdem als Museum der Öffentlichkeit zugänglich. Seit 2012 steht das Gebäude mit seinen reich verzierten Kacheln und typisch portugiesischen Bodenfliesen unter Denkmalschutz.
- Casa de Santa Maria | Rua do Farol de Santa Marta | 2750-642 Cascais
Das Museum Conde Castro Guimarães
Gegenüber der Casa de Santa Maria befindet sich der Torre de São Sebastião, eine Residenz, die ebenfalls auf Initiative von Jorge O’Neill um die Jahrhundertwende errichtet wurde. Eigentümer war der Graf von Castro Guimarães, der das prunkvolle Gebäude mitsamt seiner persönlichen Buch- und Kunstsammlung im Jahr 1924 der Stadt Cascais vermachte. Auf seinen Wunsch hin sollte hier ein städtisches Museum und eine öffentliche Bibliothek für die Bürger der Stadt entstehen. Seit 1931 ist die Residenz als Museum zugänglich.
Man betritt das Museu Condes de Castro Guimarães über einen Innenhof, der von einem Kreuzgang im maurischen Stil gesäumt wird und der mit aufwändigen Keramik-Ornamenten und Kacheln verziert ist. In der Mitte des Hofs befindet sich ein Brunnen, der dem des bekannten Jerónimos-Klosters in Belém bei Lissabon nachempfunden ist. Im Inneren des Gebäudes kann man die historischen Räume der Residenz besichtigen, etwa das sogenannte Kleeblatt-Zimmer, dessen aufwändige Holzdecke auf die Irische Herkunft des Erbauers Jorge O’Neill verweist, den Musiksaal mit einer französischen Orgel und das reich verzierte neugotische Zimmer, das zur ersten öffentlichen Bibliothek von Cascais wurde.
Hinter dem Torre de São Sebastião erstreckt sich der mit mediterranen Pflanzen und Kakteen bewachsene Parque Marechal Carmona, in dem sich auch die Kapelle São Sebastião aus dem Jahr 1594 befindet.
- Museu Condes de Castro Guimarães | Av Rei Umberto II de Itália Parque Marecha Carmona | 2750-319 Cascais
Der Citadel Art District
Nur wenige Minuten zu Fuß vom Museu Condes de Castro Guimarães entfernt liegt die Zitadelle von Cascais. Hier befindet sich, umgeben von den massiven Steinmauern der historischen Anlage, der Citadel Art District mit sechs offenen Ateliers, sechs Galerien und zahlreichen Kunstwerken zeitgenössischer Kunstschaffender im öffentlichen Raum.
Ziel des Projekts ist es, Kunstwerke in den Alltag von Cascais zu integrieren und die Zitadelle als Arbeitsbereich für Kunstakteure in einen neuen Kontext zu stellen, der auch den Austausch mit kunstinteressiertem Publikum und den Bewohnern der Stadt ermöglicht. Diverse Skulpturen finden sich daher in der Zitadelle als „Interventionen“ an allen möglichen Orten, über das gesamte Gelände verteilt.
- Citadel Art District | Av. Dom Carlos I | 2750-310 Cascais
Der Palácio da Cidadela de Cascais
Auf dem Gelände der Zitadelle von Cascais, umgeben von den Kunstwerken des Art District, liegt das Museum des Palácio da Cidadela. Es ist das ehemalige Gouverneurshaus der Zitadelle, das im Jahr 1870 im Auftrag von König Luís, der von 1861 bis 1889 regierte, zu einer Ferienresidenz umgebaut worden war. Bis zur Ermordung von König Carlos (1889-1908) verbrachte die königliche Familie hier jedes Jahr die Herbstmonate. Carlos richtete hier auch das erste portugiesische Labor für Meeresbiologie ein, da er sich privat für ozeanografische Forschung interessierte.
Mit der Ausrufung der Republik Portugal im Jahr 1910 wurde der Palácio da Cidadela de Cascais dem Präsidentenamt unterstellt und in den folgenden Jahren von mehreren Staatsoberhäuptern genutzt, etwa von Marschall António Óscar de Fragoso Carmona (1928-1951) oder von Marschall Francisco Higino Craveiro Lopes (1951-1958). Seit 2011 sind die prunkvollen Räumlichkeiten, die nach wie vor als Sommerresidenz des Präsidenten der Republik dienen, auch als Museum für die Öffentlichkeit zugänglich.
- Palácio da Cidadela de Cascais | Av. Dom Carlos I | 2750-642 Cascais
Das Museu da Vila
Das Stadtmuseum zeigt in fünf Themenbereichen die Geschichte von Cascais: Dokumentiert werden die wichtigsten historischen Ereignisse in der Region anhand von archäologischen Fundstücken aus neolithischer Zeit, mit Fotografien aus den vergangenen 100 Jahren, die die Umwandlung des einstigen Fischerdorfes in eine lebhafte Stadt zeigen, bis hin zu zeitgenössischen Exponaten. Zu den Highlights der Sammlung gehört das sogenannte Foral de Cascais, das im Jahr1514 von König Manuel I verliehen wurde.
Ergänzt wird die Ausstellung durch eine Multimedia-Anwendung, mit der Besucher durch die Geschichte von Cascais navigieren können. Auch das Gebäude, in dem die Stadtverwaltung untergebracht ist, ist mit seinen typisch portugiesischen Kacheln sehenswert.
- Museu da Vila – Câmara Municipal de Cascais | Praça 5 de Outubro 1 | 2750-320 Cascais
Street Art, der Boca do Inferno und die Küste von Cascais
Im Jahr 2016 fand in Cascais das Muraliza statt, ein Mural Art Festival. Hier entstanden im Vorort Torre, der in den 1960er Jahren für Arbeiter und Fischer erbaut wurde, diverse kunstvolle Hausbemalungen. Zu den bekanntesten zählen die Arbeiten des lokalen Künstlers Add Fuel, der u.a. das Motiv der blau-weißen Kacheln aufgreift, mit denen viele Häuser in Cascais verziert sind. Im Jahr 2018 kamen im Rahmen des Infinito Festival weitere Murals hinzu. Seitdem findet sich Street Art in Cascais an verschiedenen Orten – an Hauswänden, an Mauern und Stromkästen und sogar mitten in der Natur an der felsigen Küste.
Anders als die Sandstrände der Costa de Estoril, die sich von Cascais in Richtung von Lissabon erstrecken, ist der Küstenabschnitt der Serra de Sintra in Richtung Westen felsig und zerklüftet. Zu den schönsten Aussichtspunkten gehört hier der Boca do Inferno, der Höllenschlund. Hier hat das Wasser des Atlantiks ein natürliches Felstor geschaffen, das international bekannt wurde, als der britische Okkultist Aleister Crowley im Jahr 1930 hier aus Liebeskummer seinen Tod vortäuschte.
- Boca do Inferno | Av. Rei Humberto II de Itália 642 | 2750-642 Cascais
Weitere Museen und Sehenswürdigkeiten in Cascais
Die Sammlung von Duarte Pinto Coelho
Im ehemaligen Gebäude der Casa dos Guardas des Palácio Condes de Castro Guimarães ist heute die Sammlung des portugiesischen Dekorateurs Duarte Pinto Coelho zu sehen. Das Haus entstand um 1900, etwa zur gleichen Zeit wie der Torre de São Sebastião.
- Casa Duarte Pinto Coelho | Av. Rei Humberto II de Itália | 2750-800 Cascais
Das Stadtarchiv von Cascais
Die 2016 eröffnete Casa Sommer beherbergt das Archiv der Stadt Cascais. Das neoklassizistische Gebäude entstand im 19. Jhd. im Auftrag von Henrique Sommer als prunkvolles Privathaus.
- Casa Sommer | Av. Vasco da Gama | 2750-509 Cascais
Die Bastion São Jorge de Oitavos
Zwischen der Landzunge Guia und Cabo Raso liegt das von 1642 bis 1648 erbaute Forte de São Jorge, das ursprünglich auch als Oitavos-Bastion bekannt war. Seit 2001 befindet sich hier ein Museum, das die Geschichte der Bastion in Kriegs- und Friedenszeiten beleuchtet, vom 15. bis ins 19. Jhd.
- Forte de São Jorge de Oitavos | 2750-004 Cascais
Das Museum für Portugiesische Musik
Das Museum, das sich in der Nähe von Cascais in Estoril befindet, zeigt die Sammlung portugiesischer volkstümlicher Musikinstrumente und ethnografischer Objekte des Musikethnologen Michel Giacometti. Zur Sammlung gehört auch der Nachlass des Komponisten Fernando Lopes Graça, der mit Michel Giacometti zusammenarbeitete.
- Museu da Música Portuguesa – Casa Verdades de Faria | Av. Sabóia 1146 | 2765-420 Estoril
Der Wachturm Vigia do Facho
Der Vigia do Facho liegt ganz in der Nähe des Boca do Inferno. Seit 1977 steht der aus Stein gemauerte Turm, der heute eine verlassene Ruine ist, unter Denkmalschutz. Der Wachturm war einst Teil des Verteidigungssystems am Eingang der Tejo-Mündung.
- Vigia do Facho | 2750-642 Cascais
Bilder: Angelika Schoder – Cascais, 2021 & 2023
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Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.
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