Eignet sich ein TweetUp noch für die Kultur-Kommunikation?

Lassen sich Kultur-Events heute noch zielgruppengerecht über ein TweetUp kommunizieren? Oder hat Twitter im Kulturbereich eigentlich schon ausgedient?

Lassen sich Kultur-Events heute noch zielgruppengerecht über ein TweetUp kommunizieren? Oder hat Twitter im Kulturbereich eigentlich schon ausgedient?

[Pressetermin] Die Sopranistin Barbara Hannigan ließ sich nicht von leuchtenden Displays ablenken. Die Loge in der Staatsoper Hamburg, in der die Menschen eher auf ihre Smartphones starrten, als sich auf die Bühne zu konzentrieren, nahm sie wahrscheinlich nicht einmal wahr. Während Hannigan das Publikum der Hauptprobe zur Oper „Lulu“ in Atem hielt, hatten die Smartphone-Nutzer in der Loge ihr eigenes Publikum, um das sie sich kümmern mussten.


TweetUp-Premiere in der Staatsoper Hamburg

Für die Hamburger Staatsoper war es eine Premiere: Erstmals durften Twitter-Nutzer live von einer Opernaufführung berichten. Am 8. Februar 2017 wurde deshalb eine kleine Gruppe an Musik-interessierten Social Media Nutzern zur Hauptprobe von Alban Bergs „Lulu“ geladen. Die Tragödie über eine Frau mit mysteriöser Vergangenheit und fatalen Liebschaften sollte in 140 Zeichen kommuniziert werden, begleitet von Lob oder Kritik zur Inszenierung von Christoph Marthaler und zur Musik unter der Leitung von Kent Nagano.

Die Twitter-Nutzer waren dabei nicht nur als „Öffentlichkeitsarbeitsbienchen“ geladen, auch wenn klar ist, dass das Konzept des TweetUp immer auch als Werkzeug der Außenkommunikation vorgesehen ist, das vermitteln, Hemmschwellen abbauen oder dem Marketing dienen soll. Selbstverständlich flankiert der Output eines solchen Events die Publikationen der Institution zum Stück, ergänzt klassische Publikumsgespräche oder begleitende Blogbeiträge. Doch der Staatsoper Hamburg ging es auch um Feedback der Teilnehmer des Opern-TweetUp. In der ersten Pause und im Anschluss an die Hauptprobe wurde daher zu einem get together geladen, das Raum für Diskussionen zur Oper, aber auch zum Format des TweetUp bot.


Ein Opern-TweetUp als Teaser

Eine Besonderheit des TweetUp der Staatsoper Hamburg war, dass die 8 Teilnehmer nur die beiden ersten Akte der unvollendeten Oper zu sehen bekamen. Der III. Akt und dessen Inszenierung sollten bis zur Premiere nicht an die Öffentlichkeit dringen. Die zahlreichen Bilder und Eindrücke aus Akt I und II, die bei Facebook, Instagram und vor allem natürlich bei Twitter von den Teilnehmern des Opern-Tweetup publiziert wurden, dienten damit geschickt als Teaser. Denn in der Tat ist es der letzte Akt der Oper „Lulu“, der in jeder Inszenierung fast völliger Gestaltungsfreiheit überlassen ist. Der III. Akt liegt nur als Particell vor, als Entwurf für Gesangslinien und Klavier – nicht als Partitur. Wie das unvollendete Werk in der Staatsoper Hamburg also vollendet wird, lässt sich nur mutmaßen und wurde auch im Rahmen des TweetUp nicht verraten.

Das Opern-TweetUp trug damit zur Bildung eines Spannungsbogens bei. Fragten sich Opernfans schon im Vorfeld, wie „Lulu“ wohl nun in Hamburg aufgelöst werden würde, schürten die Informationen der TweetUp-Teilnehmer sogar noch weitere Erwartungen.


#Twoper, #KultUp & Co. – Twitter in Oper und Theater

Twitter-User einzuladen, um potentielle Interessenten „daheim an den Empfangsgeräten“ über eine Inszenierung auf dem Laufenden zu halten, ist nicht neu. Bereits mehrere Theater und Opernhäuser in Deutschland haben dieses Konzept ausprobiert oder nutzen es immer wieder, etwa die Oper Stuttgart, das Festspielhaus Baden-Baden oder das Theater Heidelberg. Das erste TweetUp eines deutschen Stadttheaters fand übrigens im Februar 2013 in Heilbronn statt.

Uneinig ist man sich bei diesen Veranstaltungen bis heute, ob nur vor bzw. nach der Aufführung und in den Pausen getwittert werden darf, oder ob auch während des Stücks die Displays vor sich hin leuchten dürfen, z.B. weil TweetUp-Teilnehmer in einer separaten Loge untergebracht werden. Einig ist man sich hingegen, dass die Einladung von Twitter-Nutzern eine gute Möglichkeit bietet, bestimmte Interessenten im Netz auf eine Aufführung aufmerksam zu machen. Denn auch wenn sich mit Twitter in Deutschland kaum das sagenumwobene „breite Publikum“ erreichen lässt, ist die Plattform für die Kommunikation mit einer kleineren, aber besonders Kultur-affinen Zielgruppen sehr gut geeignet.

musermeku dankt der Staatsoper Hamburg für den freien Eintritt zur Hauptprobe von „Lulu“.


Header-Bild: Detail aus: The Box with the Gilded Mask, Henri de Toulouse-Lautrec (1894) – Rijksmuseum – RP-P-1949-561Public Domain


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Angelika Schoder

Über die Autorin

Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.

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