[Pressereise] Die Secession gehört mit ihrer ikonischen Architektur und der Kuppel aus 3.000 vergoldeten Lorbeerblättern zu den bekanntesten Gebäuden Wiens. Heute wird das Haus mit wechselnden Ausstellungen von zeitgenössischen Kunstschaffenden bespielt. Eine Konstante bildet der Beethovenfries des Malers Gustav Klimt aus dem Jahr 1902, der in einem eigens geschaffenen Raum in der Secession zu sehen ist. Der monumentale Wandfries gilt als eines der wichtigsten Werke des Wiener Jugendstils.
Das Gebäude der Wiener Secession
Die Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession gilt heute weltweit als ältestes der zeitgenössischen Kunst gewidmetes Ausstellungshaus. Gegründet wurde die Secession im Jahr 1897 von einer Künstlergruppe um Gustav Klimt (1862-1918), die sich vom konservativen Künstlerhaus abgespalten hatte. Gründungsmitglieder waren die Architekten Josef Hoffmann (1870-1956) und Joseph Maria Olbrich (1867-1908) sowie die Maler Koloman Moser (1868-1918) und Carl Moll (1861-1945); Gustav Klimt wurde der erste Präsident der Vereinigung.
Im Jahr 1898 gestaltete Olbrich für die Secession ein neues Ausstellungshaus. Es befindet sich nur wenige Hundert Meter vom Wiener Künstlerhaus am Karlsplatz entfernt, unterscheidet sich in seinem Stil aber drastisch. Mit klaren Formen im Wiener Jugendstil sollte die Secession ein „gebautes Manifest“ für die Ideen der neuen Künstlervereinigung sein. Zu den bekanntesten Ausstellungen der Gründungsmitglieder der Secession zählte die Schau von 1902, die dem Komponisten Ludwig van Beethoven gewidmet war. Eines der Hauptwerke der Ausstellung war der Beethovenfries des Malers Gustav Klimt.
Die Beethoven-Ausstellung
Im Sommer 1901 entwickelte sich bei den Mitgliedern der Vereinigung bildender Künstler Österreichs die Idee, in einer Ausstellung Elemente der Architektur, Plastik, Malerei, aber auch Musik aufeinandertreffen zu lassen. Ein Gesamtkunstwerk der Secession sollte entstehen. Ein Jahr später wurde diese Idee in der XIV. Ausstellung verwirklicht, die dem Komponisten Ludwig van Beethoven gewidmet war. Unter der Leitung von Josef Hoffmann präsentierten 21 Mitglieder der Künstlervereinigung vom 15. April bis 27. Juni 1902 ihre Werke; zentrales Objekt war die Beethoven-Plastik von Max Klinger (1857-1920).
Zur Ausstellung im Hauptraum gelangte man über den linken Seitensaal des Gebäudes. Hier befand sich Gustav Klimts monumentaler Wandzyklus, der sogenannte Beethovenfries. Klimt ließ sich für den Fries durch Richard Wagners Interpretation der IX. Symphonie von Ludwig van Beethoven inspirieren. Symbolisch geht es hier um die Suche der Menschheit nach dem Glück.
Der Beethovenfries von Gustav Klimt
Der Beethofenfries beginnt an der linken Seitenwand mit schwebenden Genien, welche die Sehnsucht verkörpern. Die übernatürlichen Schutzgeister sind, nach der römischen Mythologie, für den alltäglichen Schutz der Menschen verantwortlich. Im Beethovenfries tauchen diese Figuren immer wieder auf. Nach den Genien folgt eine stehende nackte Frauengestalt sowie ein kniendes nacktes Paar. Als Symbole der leidenden Menschheit flehen sie einen Ritter in goldener Rüstung um Hilfe an. Als Stellvertreter der Menschheit begibt der Ritter sich auf die Suche nach dem Glück. Angespornt wird er durch die beiden Frauenfiguren hinter ihm, die als Allegorien für Ehrgeiz und Mitleid stehen.
An der Stirnwand des Raumes zeigt der Beethovenfries, wie sich der Ritter, stellvertretend für die Menschheit, den Gefahren und Verführungen feindlicher Gewalten ausgesetzt sieht. Ihn erwartet der Gigant Typhoeus, ein Ungeheuer mit Fell, blauen Flügeln und schlangenartigem Körper, der sich über den gesamten Wandabschnitt ausbreitet. Links neben dem Ungeheuer befinden sich die drei Gorgonen, seine Töchter. Die maskenartigen Köpfe über ihnen stehen als Allegorien für Krankheit, Wahnsinn und Tod. Rechts neben Typhoeus sind Wollust, Unkeuschheit und Unmäßigkeit als Frauengestalten dargestellt. Abseits dieser Figuren kauert die Frauengestalt des Kummers; rechts darüber schwebt eine der Genien. Klimt bringt so zum Ausdruck, dass die Sehnsüchte der Menschen über den feindlichen Gewalten stehen.
Die rechte Seite des Beethovenfries zeigt, wie die Sehnsucht der Menschheit ihre Erfüllung in der Poesie findet. Diese wird dargestellt als Frauengestalt mit einer Leier. Darauf folgt ein leerer Wandabschnitt; ursprünglich war hier für die Ausstellung von 1902 eine Öffnung in der Wand, die einen Blick auf Klingers Beethoven-Plastik ermöglichte. Schließlich zeigt der Beethovenfries die Schlussszene: Frauengestalten als Sinnbild der Künste verweisen auf die ideale Sphäre der Kunst. Ein „Chor der Paradiesengel“ bildet daneben den Hintergrund für ein küssendes Paar. Mit Bezug auf Beethoven verweist Klimt hier auf den Schlusschor der IX. Symphonie des Komponisten.
Die Provenienz des Beethovenfries
Eigentlich hatte Gustav Klimt den Beethovenfries extra für die XIV. Ausstellung der Vereinigung bildender Künstler Österreichs erstellt. Die Dekorationsmalerei sollte nach dem Ende der Ausstellung abgetragen werden. Der Sammler Carl Reininghaus erwarb jedoch Klimts Arbeit und veranlasste, dass der Fries 1903 in acht Teile zerlegt und von der Wand genommen wurde. Im Jahr 1915 ging der Beethovenfries dann in den Besitz des Industriellen August Lederer über, doch die Familie Lederer wurde 1938 von den Nationalsozialisten enteignet.
Erst 1973 erwarb die Republik Österreich den Fries rechtmäßig und ließ Klimts Arbeit restaurieren. Im Jahr 1986 wurde für den Beethovenfries schließlich in der Secession ein eigener Raum geschaffen. Hier ist Gustav Klimts Kunstwerk als Dauerleihgabe der Belvedere Museen Wien für die Besucher der Secession zugänglich.
Wiener Secession. Vereinigung bildender KünstlerInnen
Friedrichstr. 12
1010 Wien
musermeku dankt der Albertina für die Übernahme der Kosten der Reise.
Header-Bild: Detail aus: Gustav Klimt: Beethovenfries, „Die feindlichen Gewalten“ (Wandbild, Tafel 1, Stirnwand – 1901) – Belvedere Museen Wien,
Foto des Gebäudes: Angelika Schoder – Secession, Wien 2020
Wir brauchen deine Unterstützung
Werde jetzt Mitglied im musermeku Freundeskreis: Erhalte wöchentlich News zu Kunst und Kultur direkt per E-Mail, sichere dir den Zugang zu exklusiven Inhalten und hilf uns dabei, unsere Betriebskosten für musermeku.org zu decken.
Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.
Linktipps
Der Newsletter zu Kunst & Kultur
In unserem kostenlosen Newsletter informieren wir einmal im Monat über aktuelle Neuigkeiten aus dem Kunst- und Kulturbereich.