[Online-Tipp] Memes bevölkern das Internet, ob in diversen Social-Media-Plattformen oder in Messenger-Diensten. Neben Motiven aus Filmen, Serien und der Pop-Kultur sind auch Art Memes beliebt, insbesondere zu mittelalterlicher Kunst. Instagram-Accounts wie @medievalistmatt von Matt Ponesse und zahlreiche weitere Medieval-Meme-Accounts mit Hunderttausenden von Followern zeigen, wie skurril und witzig mittelalterliche Kunst sein kann. Wer selbst mittelalterliche Memes erstellen möchte, für den haben wir hier zwei Tool-Tipps.

Das Bayeux Historic Tale Construction Kit
Dieser mittelalterliche Meme-Generator basiert auf Motiven aus dem Wandteppich von Bayeux, der in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts entstand. Der sogenannte Bildteppich der Königin Mathilda zeigt auf 68 Metern in 58 Szenen die Eroberung Englands durch den Herzog der Normandie, Wilhelm I. Im Meme-Generator lassen sich Ritter-Figuren, Tiere, Burgen und Schiffe aus dem historischen Wandteppich neu kombinieren und mit Texten versehen. Der perfekte Zeitvertreib für Mittelalter-Fans.
Das erste „Historic Tale Construction Kit“ wurde von zwei Studierenden aus Deutschland schon im Jahr 2002 entwickelt. Der mittelalterliche Meme-Generator von Björn Karnebogen und Gerd Jungbluth von der Kunsthochschule für Medien Köln basierte auf Adobe Flash und ist daher heute technisch leider nicht mehr nutzbar. Mittlerweile haben Maria Cosmina Etegan, Mathieu Thoretton und Leonard Allain-Launay aber eine Nachfolger-Anwendung entwickelt. Der Open-Source-Code ist auf GitHub verfügbar und kann genutzt oder auch weiterentwickelt werden.
Mit dem „Historic Tale Construction Kit“ lassen sich Mittelalter-Memes im Stil des Wandteppichs von Bayeux erstellen. Memes dieser Art, sogenannte „Medieval Tapestry Edits“, basieren auf Elementen aus mittelalterlichen Wandteppichen, die neu kombiniert und mit aktuellen Beschriftungen ergänzt werden, um dadurch einen neuen Kontext zu generieren.

Memes zum Bayeux Teppich
Im Jahr 1944 wurde der Wandteppich von Bayeux erstmals zum Meme, als die Zeitung The New Yorker eine Zeichnung anlässlich der Landung der Alliierten in der Normandie anfertigte. Das Bild, das u.a. den britischen König, Premierminister Winston Churchill und Generalfeldmarschall Bernard Montgomery zeigt, erinnerte an die mittelalterliche Stickerei des Wandteppichs und griff dessen Art der Darstellung von Figuren auf, eine Übertragung der Eroberung Englands im 11. Jahrhundert auf die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs im 20. Jahrhundert.
Mittlerweile wurde der Stil des mittelalterlichen Wandteppichs mehrfach kopiert, in der Pop-Kultur aufgegriffen und parodiert. Die Motive des Wandteppichs wurden in Metall, Holz, Sand oder LEGO nachgebildet und sogar animiert. Auch bekannte Filme und TV-Serien wurden bereits im Stil des Wandteppichs von Bayeux dargestellt, etwa die Handlung der Weltraum-Saga „Star Wars“ oder die Ereignisse des Fantasy-Epos „Game of Thrones“. Die mittelalterliche Darstellungsweise wurde außerdem auch in einer Folge von „The Simpsons“ aufgegriffen und im dritten Teil des Animationsfilms „Shrek“.

Der Wandteppich von Bayeux
Der sogenannte Bildteppich der Königin Mathilda wurde wahrscheinlich im 11. Jahrhundert von Bischoff Odo, dem Halbbruder von Wilhelm dem Eroberer in Auftrag gegeben, um die neue Kathedrale von Bayeux zu schmücken. Es gibt keine zeitgenössischen Quellen, die Auskunft darüber geben, wie der Teppich von Bayeux genau entstand. Es wird aber vermutet, dass der Entwurf von einem Künstler stammt, der direkte Kenntnisse von der Schlacht Wilhelm I. hatte. Möglicherweise wurde der Bildteppich vor 1082 in Südengland angefertigt.
Nach Ausbruch der Französischen Revolution wurde der Teppich im Jahr 1794 im Namen der Nation in Bayeux beschlagnahmt, um das wertvolle Objekt zu schützen. Zu Beginn des 19. Jahrhundert wurde veranlasst, dass der Wandteppich von Bayeux nach Paris gebracht werden sollte, um hier öffentlich ausgestellt zu werden. Vom 6. Dezember 1803 bis 18. Februar 1804 wurde der Teppich dann in der Apollo Galerie im Louvre gezeigt. Ab 1812 wurde der Wandteppich im Rathaus von Bayeux aufbewahrt und einmal jährlich öffentlich gezeigt. Ab 1842 konnte der Teppich dauerhaft in der Mathilda Galerie ausgestellt werden.
Im September 1939, vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges in Frankreich, musste der Wandteppich von Bayeux in ein sicheres Versteck gebracht werden. 1941 wurde der Teppich dann in das Depot der Nationalmuseen in Sourches gebracht, wo er bis 1944 aufbewahrt werden konnte. Schließlich wurde der Wandteppich von den nationalsozialisten beschlagnahmt und wieder in den Louvre nach Paris geschickt. Hier wurde der Teppich vom 10. November bis 15. Dezember 1944 in seinen gesamten fast 70 Metern Länge ausgestellt. Im Jahr 1945 kehrte der Teppich dann nach Bayeux zurück. Der Wandteppich ist nun seit 1983 im Bayeux Museum in der Normandie zu sehen. Seit 2007 gehört der Teppich zum UNESCO-Programm „Memory of the World“.

Der Medieval Memes Meme-Generator
Wem das „Bayeux Historic Tale Construction Kit“ nicht ausreicht, um mittelalterliche Memes zu erstellen, findet bei „Medieval Memes“ noch mehr historische Vorlagen. Der Meme-Generator aus den Niederlanden bietet diverse mittelalterliche Motive, die sich für Memes nutzen lassen. Zusätzlich verfügt „Medieval Memes“ auch über eine Anbindung an die Datenbank der Koniklijke Bibliotheek, die Nationalbibliothek der Niederlande, in der weitere mittelalterliche Manuskripte recherchiert werden können – für noch mehr mittelalterliche Memes.
Der Meme-Generator entstand mit der Unterstützung des Niederländischen Creatives Industries Fund und wurde von der Nationalbibliothek der Niederlande in Kooperation mit BLIS Studio, Gek van Software und dem Museum Huis van het boek umgesetzt. Für die Inhalte der Website, angefangen bei den Texten bis hin zur Auswahl der Bilder, ist ein Team von Ehrenamtlichen der Niederländischen Nationalbibliothek verantwortlich. Bisher steht auf der Seite von „Medieval Memes“ eine kleine Auswahl an mittelalterlichen Illustrationen zur Verfügung, die im Meme-Generator bearbeitet werden können. Tatsächlich kann aber auf eine noch viel größere Auswahl über die Datenbank Medieval Illuminated Manuscripts der Niederländischen Nationalbibliothek und des Museum Meermanno-Westreenianum zugegriffen werden.
Mehr mittelalterliches Meme-Material
Wenn man sich zunächst einen allgemeinen Überblick über die Datenbank der Medieval Illuminated Manuscripts verschaffen möchte, kann man über eine Highlight-Suche starten. So kann man sich generell mit der Sammlung und konkret mit der Thematik der Motive vertraut machen. Der Überblick enthält Links zur Datenbank, so dass man sich eine eigene Bildergalerie zusammenstellen kann.
In der Medieval Illuminated Manuscripts Datenbank kann auch direkt nach Themen auf Englisch, Deutsch oder Französisch recherchiert werden. Die Datenbank enthält über 10.000 mittelalterliche Miniaturen, historisierte Initiale und Randverzierungen. Wer sich mit Handschriften auskennt, kann direkt die Datenbanksuche nutzen.
Die Geschichten hinter den Medieval Memes
Die Website „Medieval Memes“ bietet nicht nur einen Meme-Generator, sondern erklärt auch die Hintergründe zu den ausgewählten mittelalterlichen Meme-Vorlagen:

Das Bild zeigt das Jüngste Gericht: Alle guten Seelen kommen in den Himmel und die schlechten Seelen werden in die Hölle geworfen. Der Himmel ist eine schöne Stadt, während die Hölle dem brennenden Rachen eines schrecklichen Monsters gleicht. Während der Teufel gerade eine neue Seele in die Hölle hievt, wird er von einem Engel, der die guten Seelen in den Himmel bringt, entsetzt beobachtet. Der Heilige Petrus, der an der Himmelspforte steht, starrt ebenfalls auf das Tor zur Hölle. Der Urheber des Werks ist nicht bekannt, da aber alle Figuren auf seinen Zeichnungen dieselben großen dunklen Augen haben, erhielt der Künstler den Spitznamen „Meister der dunklen Augen“.

Das Bild zeigt die Heilige Margarete. Als sie sich weigerte ihrem Glauben abzuschwören, wurde sie in eine Zelle gesperrt. Der Teufel erschien in Gestalt eines Drachen, um sie zu fressen, doch sobald der Drache sie verschlang, machte sie das Kreuzzeichen, um zu entkommen. Auf dem Bild hat der Drache noch ihr Gewand im Maul. Das Bild ist in einem Stil gemalt, der Grisaille genannt wird, einem mittelalterlichen monochromen Stil. Die Darstellung stammt aus einem Stundenbuch, das um 1455 für Herzog Philipp den Guten angefertigt wurde.

Das Bild zeigt ein Rad des Glücks, im Hintergrund die Glücksgöttin Fortuna. Sie dreht das Rad, um das Schicksal des Königs auf der linken Seite, des Priesters auf der rechten Seite und aller dazwischen zu bestimmen. Die Miniatur stammt aus dem Buch „Denkwürdige Taten und Sprüche“. Es wurde um 1413 in Paris hergestellt und ist die Abschrift eines römischen Textes, der von Valerius Maximus verfasst wurde. Solche Bücher wurden im Mittelalter als Lehrbücher verwendet.
Header-Bild: Living hell, 1490 – Medieval Memes Generator
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Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.
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