De Koepel: Das historische Kuppelgefängnis in Haarlem

Es ist eines der imposantesten Gebäude in Haarlem: De Koepel, das ehemalige Kuppelgefängnis, ist heute ein ungewöhnlicher Ort der Kultur und Freizeitgestaltung.

De Koepel in Haarlem, das ehemalige Kuppelgefängnis, ist heute ein ungewöhnlicher Ort der Kultur und Freizeitgestaltung.

[Travel Ticket] In der niederländischen Stadt Haarlem, die in rund 20 Minuten von Amsterdam mit dem Zug erreichbar ist, lässt sich nicht nur das Flair einer historischen holländischen Stadt erleben. Haarlem bietet auch eine spannende Museumslandschaft, zu der das älteste Museum der Niederlande zählt, das Teylers Museum, das Frans Hals Museum und das preisgekrönte Museum Van De Geest, ein Museum zur Psychiatriegeschichte und mentalen Gesundheit. Sehenswert in Haarlem ist darüber hinaus auch das ehemalige Kuppelgefängnis der Stadt, ein imposanter historischer Rundbau, der heute als „De Koepel“ bekannt ist. Das Gebäude ermöglicht nicht nur einen Blick in die Architektur eines Gefängnisses aus der Zeit der Jahrhundertwende, sondern bietet unter seiner Kuppel auch Platz für eine Gedenkstätte, ein Game-Museum, Kunst, ein Kino und vieles mehr.


Das Gefängnis in Haarlem wurde zwischen 1899 und 1901 nach Plänen von W.C. Metzelaar erbaut.
Das Gefängnis in Haarlem wurde zwischen 1899 und 1901 nach Plänen von Willem Cornelis Metzelaar erbaut. Das Gebäude ist eines von drei Kuppelgefängnissen in den Niederlanden. Die beiden anderen befinden sich in Arnheim und Breda.

Das historische Kuppelgefängnis

Direkt hinter der Molen De Adriaan, einer historischen Windmühle aus dem 18. Jhd., ragt in Haarlem eine riesige Kuppel in die Landschaft. Das Gebäude wurde zwischen 1899 und 1901 nach Plänen von Willem Cornelis Metzelaar erbaut. Der Architekt verantwortete für das niederländische Justizministerium den Bau mehrerer Gefängnisse und Gerichtsgebäude, etwa in Amsterdam oder Rotterdam. Bei seinem Entwurf für Haarlem orientierte er sich an der Arbeit seines Vaters Johan Frederik Metzelaar, der bereits Kuppelgefängnisse in Breda und Arnheim realisiert hatte. Für Haarlem konzipierte Willem Cornelis Metzelaar einen umfangreichen Gefängniskomplex, dessen zentrales Gebäude De Koepel als ein Strafgefängnis genutzt wurde, während De Vest noch bis 2016 als Untersuchungsgefängnis diente.

Alle Häftlinge, die ins Kuppelgefängnis von Haarlem kamen, durchliefen die gleichen Stationen: Zunächst wurden sie von einem Pförtner empfangen, kamen dann zur Verwaltung und schließlich zur Registrierung. Persönliche Gegenstände mussten abgegeben werden und eine Registrierungsnummer wurde zugewiesen. Von da an wurde jeder Häftling nur noch mit seiner Nummer angesprochen. Nach der Registrierung wurden Häftlinge in den Desinfektionsraum und die Badezelle gebracht. Hier wurde die private Kleidung gegen „Staatskleidung“ getauscht, wozu übrigens auch, ganz holländisch, Holzschuhe gehörten. Bärte und lange haare wurden teils rasiert bzw. kahl geschoren.

In der Zelle erwartete die Häftlinge eine Holzpritsche mit einem Strohsack und einer einfachen Decke. Als Lektüre standen etwa die Bibel oder ein Abstinenz-Almanach zu Verfügung; als Waschgelegenheit gab es ein Waschbecken, einen Zinntopf und einen Krug mit Trink- und Waschwasser. In einer Ecke befand sich zudem ein Plumpsklo mit Eimer, der regelmäßig in eine Grube geleert werden musste. Verschlossen wurden die Gefängniszellen durch mit Stahlplatten ausgekleidete Türen. Diese hatten eine Klappe, durch die Essen in die Zellen gegeben werden konnte. Ein Türspion ermöglichte zudem den Wärtern einen Einblick in die Zellen.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde der Gefängniskomplex in Haarlem von den Nationalsozialisten genutzt, unter anderem um hier Widerstandskämpfer zu inhaftieren. Zu den bekanntesten zählte Hannie Schaft. An sie erinnert in De Koepel eine kleine Ausstellung in einer historischen Gefängniszelle. Jannetje Johanna „Jo“ Schaft (1920-1945) war Mitglied des kommunistischen Widerstands in den Niederlanden. Ihr Deckname in der Widerstandsgruppe Raad van Verzet war Hannie. Die aus Haarlem stammende junge Frau war bis kurz vor der Befreiung der Niederlande an militanten Aktionen gegen die nationalsozialistischen Besatzer beteiligt. Nach ihrer Verhaftung Ende März 1945 wurde sie ins Gefängnis in Haarlem gebracht und hier unter Folter verhört. Am 17. April 1945 wurde sie schließlich in den Dünen von Bloemendaal erschossen. Die Ausstellung gibt einen kurzen Überblick über das Schicksal des „Mädchens mit dem roten Haar“, das in den Nachkriegsjahren auch in Büchern, Filmen und einem Musical thematisiert wurde.


In einer ehemaligen Gefängniszelle erinnert eine kleine Ausstellung an die kommunistische Widerstandskämpferin Hannie Schaft, die als "Mädchen mit dem roten Haar" bekannt wurde.
In einer ehemaligen Gefängniszelle erinnert eine kleine Ausstellung an die kommunistische Widerstandskämpferin Hannie Schaft, die als „Mädchen mit dem roten Haar“ bekannt wurde.

De Koepel heute: Kino, Kunst und Game Museum

Nach einer umfangreichen zweijährigen Restaurierung der Außenfassade und Umbauarbeiten im Inneren durch das Architekturbüro van Stigt wurde De Koepel 2022 neu eröffnet. Das Gebäude des ehemaligen Kuppelgefängnisses wurde dabei in seiner ursprünglichen Struktur aus vier übereinander liegenden Zellenringen mit insgesamt 240 Zellen erhalten, um einen öffentlichen Begegnungsort für die Stadt Haarlem zu schaffen.

Im Keller von De Koepel entstand ein Kino mit sechs Sälen, das FilmKoepel. Im Foyer ist ein 11,11 Meter breites Wandrelief der Haarlemer Künstlerin Marissa Evers platziert. Das Werk mit dem Titel „DB-AA-23 level 5, A New Hope“ greift die Architektur des historischen Gebäudes auf und ist gleichzeitig ein Verweis auf einen Klassiker der Kinogeschichte. Evers sagt zu ihrer Inspiration für ihr Kunstwerk:

„Meine erste Assoziation mit de Koepel war die eines Raumschiffs. Der Raum ohne Anfang und Ende, der den Gefangenen die Orientierung nahm, kann als eine Art Mutterschiff gesehen werden und weckt Assoziationen zu Weltraumfilmen wie Stanley Kubricks ‚2001: Odyssee im Weltraum‘, Christopher Nolans ‚Interstellar‘ und George Lucas‘ ‚Star Wars‘-Saga.“

Marissa Evers

Die Künstlerin sieht auch eine Verbindung zwischen ihrem Werk und der ursprünglichen Funktion des ehemaligen Gefängnisses:

„Wie in einem Raumschiff leben Insassen und Gefängniswärter in einem geschlossenen Biotop. Solange man sich darin befindet, ist diese geschlossene Welt alles, was es gibt. In gewisser Weise gilt das auch für das Kino: Sobald man den Saal betritt, schließt man sich von der Realität ab und begibt sich in die Welt der Fantasie.“

Marissa Evers

Für die Gestaltung des Wandreliefs ließ sich Marissa Evers schließlich von einem Filmstill aus „Star Wars IV: Eine neue Hoffnung“ (1977) von George Lucas inspirieren. Der Titel des Werks bezieht sich auf Koordinaten in Darth Vaders Raumstation, dem Todesstern. Hier wird im Film Prinzessin Leia gefangen gehalten, bis sie vom Team um Luke Skywalker befreit wird. Für Evers schließt sich in ihrem Werk der Kreis zwischen der Filmgeschichte und der Geschichte des Gefängnisses. Zugleich schließt sie aber auch einen Materialkreislauf, denn ihr Wandrelief besteht aus dem Kino-freundlichen, akustisch dämpfenden Material PetFelt – Filzplatten aus recycelten PET-Flaschen.

In den oberen Stockwerken des Gebäudes sind über dem Kino ein Co-Working Space und der Haarlem Campus untergebracht, sowie Gastronomie und das Level One Game Museum. Das Spielemuseum umfasst eine kleine Fläche im Erdgeschoss, in dem unter anderem historische Arcade-Spielautomaten ausgestellt sind. Ein Blick in die Ausstellung ermöglicht eine echte Zeitreise für Game-Fans der 1980er und 90er Jahre. Infotafeln geben zudem einen Einblick in die Bedeutung der Spieleindustrie auf unsere Gesellschaft von den 1960er Jahren bis heute.


Bis heute ist in "De Koepel" die historische Gefängnisarchitektur von 1900 erhalten.
Bis heute ist in „De Koepel“ die historische Gefängnisarchitektur von 1900 erhalten.

De Koepel

Harmenjansweg 4/ Koepelplein 1
2031 WK, Haarlem

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Bilder: Angelika Schoder – De Koepel, Haarlem 2023


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Angelika Schoder

Über die Autorin

Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.

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