Karoline Luise in der Kunsthalle Karlsruhe

Die Kunsthalle Karlsruhe widmet zum 300. Jubiläum der Stadt der Fürstin Karoline Luise eine große Sonderausstellung. Diese zeigt sie als Netzwerk-Expertin.

Die Kunsthalle Karlsruhe widmet zum 300. Jubiläum der Stadt der Fürstin Karoline Luise eine große Sonderausstellung. Diese zeigt sie als Netzwerk-Expertin.

[Pressereise] „Social Media wäre genau ihre Welt gewesen“, das sagt Sibylle Brosi, Leiterin der Jungen Kunsthalle Karlsruhe, über Karoline Luise von Hessen-Darmstadt. Die Fürstin kam 1751, nach ihrer Vermählung mit dem Markgrafen Karl Friedrich von Baden-Durlach, nach Karlsruhe – in eine Stadt, die kurz zuvor erst gegründet worden war. Im Jahr 2015 feiert Karlsruhe seinen 300. Geburtstag – und die Kunsthalle widmet zu diesem Anlass der „Social Media Expertin“ eine Sonderausstellung.


Karoline Luise von Hessen-Darmstadt wurde in Karlsruhe zur sozialen Netzwerk-Expertin.

Karoline Luise und das junge Karlsruhe

Die 1723 in Darmstadt geborene Karoline Luise, Tochter des Landgrafen Ludwig VIII. von Hessen-Darmstadt (1691 – 1768), heiratete nach langen Verhandlungen im Jahr 1751 den knapp fünf Jahre jüngeren Karl Friedrich von Baden-Durlach (1728 – 1811), den späteren Markgrafen von Baden. Durch ihn kam sie nach Karlsruhe, in eine zu dieser Zeit erst wenige Jahre junge Stadt, und prägte deren höfisches Leben durch ihr geisteswissenschaftliches und kulturelles Engagement nachhaltig. Karoline Luise trug dazu bei, dass Karlsruhe sich schnell zu einem intellektuellen und künstlerischen Zentrum entwickelte – nicht zuletzt durch ihren engen Austausch mit so herausragenden zeitgenössischen Persönlichkeiten wie Voltaire, Herder, Goethe, Wieland oder Klopstock.

Die Markgräfin selbst war vielseitig begabt, beherrschte mehrere Sprachen, war als Musikerin Mitglied der Markgräflichen Badischen Hofkapelle und als Künstlerin Mitglied der Kopenhagener Akademie der Künste. Doch auch die Wissenschaft hatte es ihr angetan, so reichten ihre Interessen von Botanik, Zoologie und Mineralogie bis hin zu Medizin und Chemie. Ihre Talente setzte sie als Markgräfin für ihre Residenzstadt ein, die im Jahr 1715 nach einer Idee von Karl III. Wilhelm (1679 – 1738) als Fächerstadt am Reißbrett geplant worden war.

In diesem Jahr feiert Karlsruhe nun seinen 300. Stadtgeburtstag mit einem 15-wöchigen Festivalsommer – die Feierlichkeiten hierzu beginnen am 17. Juni 2015. Auch die Kunsthalle begeht dieses Jubiläum, und zwar mit der Großen Landesausstellung „Die Meister-Sammlerin – Karoline Luise von Baden“ und mit der Begleitausstellung „11 x Karoline Luise“ in der Jungen Kunsthalle, sowie mit einem umfangreichen museumspädagogischen Begleitprogramm.


In der Jungen Kunsthalle werden Motiven aus dem Haupthaus immer wieder aufgegriffen und verschiedene Charakteristika von Karoline Luise werden vorgestellt.

Karoline Luise als Sammlerin und Soziale Netzwerk-Expertin

In der Sonderausstellung „Die Meister-Sammlerin“, welche in der Karlsruher Kunsthalle vom 30. Juni bis zum 6. September 2015 gezeigt wird, spielt das Museum geschickt mit den Begriffen: Die Markgräfin Karoline Luise wird einerseits dargestellt als Sammlerin der Werke von Alten und Neuen Meistern; andererseits wird thematisiert, dass sie selbst eine meisterhafte Sammlerin war, denn sie hatte sehr genaue Vorstellungen davon, wie ihre Kunstsammlung, die am Ende über 200 Gemälde umfassen würde, konzipiert sein sollte. Ihr Malereikabinett setzte sich aus niederländischer Kunst des 17. und französischer Kunst des 18. Jh. zusammen, wobei sie stets Wert auf höchste Qualität legte.

Ein wichtiger Faktor bei der Entstehung des Malereikabinetts stellte das Korrespondenzwesen dar – Karoline Luise kann hier regelrecht als Netzwerk-Expertin bezeichnet werden. Ihr Nachlass umfasst 154 Bände mit Briefen, knapp 1/3 davon mit Bezügen zur Kunst. Ihr „Social Network“ umfasste über 750 Korrespondenzpartner – wäre sie heute bei Facebook oder Twitter, könnte man das als bemerkenswertes Netzwerk bezeichnen.

Der aus diesem internationalen Netzwerk hervorgegangene schriftliche Nachlass Karoline Luises wurde nun gleichberechtigt mit dem künstlerischen Nachlass der Markgräfin erforscht, und zwar in dem interdisziplinär angelegten Forschungsprojekt „Aufgeklärter Kunstdiskurs und höfische Sammelpraxis. Das ‚Mahlerey-Cabinet‘ Karoline Luises von Baden (1723 – 1783) im europäischen Kontext“. Dieses Projekt bildete die Grundlage für die aktuelle Sonderausstellung in der Kunsthalle Karlsruhe.


Die Gliederung der Ausstellung in der Kunsthalle Karlsruhe

Die Sonderausstellung „Die Meister-Sammlerin“ ist in 15 Bereiche gegliedert; gezeigt werden rund 160 Bilder aus Karoline Luises Malereikabinett und etwa 300 Leihgaben, wie etwa Möbel, Porzellan, Manuskripte, Urkunden und Bücher sowie naturwissenschaftliche Objekte. Die Ausstellung beinhaltet zudem multimediale Inhalte und wird durch zwei Datenbanken ergänzt.

Der Ausstellungsrundgang beginnt im ersten Obergeschoss der Kunsthalle Karlsruhe mit einem kurzen Einleitungstext und einer Vitrine mit einer goldenen Medaille. Dargestellt wird hier Karoline Luise als „hessische Minerva“ – als Göttin der Weisheit, ein Sinnbild für die vielfältigen Interessen der Markgräfin. Im ersten Ausstellungsraum sind darüber hinaus Bücher und Dokumente zu sehen, etwa der Ehevertrag mit dem Karoline Luises Vermählung mit Markgraf Karl Friedrich von Baden-Durlach besiegelt wurde, sowie ihr Schreibtisch als Symbol für ihre umfangreiche Korrespondenz mit ihrem Sozialen Netzwerk.

Die Ausstellungsräume im Anschluss zeigen Werke von Künstlern wie Liotard oder Boucher und auch Karoline Luises eigenes künstlerisches Schaffen wird thematisiert. So übte sich die fürstliche Malerin etwa im Kopieren anderer Werke, wobei ihr Niveau so hoch war, dass sich oft kaum ein Unterschied zum Original feststellen lässt. Zum Ende der Ausstellung hin rückt das Interesse der Markgräfin für Naturwissenschaften in den Fokus, etwa in Form von botanischen Zeichnungen, wissenschaftlichen Publikationen oder Mineralien.


Die Gestaltung der Ausstellung

Die Thematik der Meister-Sammlerin ist in einer eher konventionellen Ausstellungsgestaltung umgesetzt. Die zurückhaltend gestalteten Räume der Kunsthalle wurden in hellen Pastellfarben gestrichen – gelblich, grünlich und in Grautönen – teilweise weil bekannt war, wie die Werke zur Zeit Karoline Luises präsentiert wurden, teils weil die Wandfarbe lediglich die Werke ansprechend in Szene setzen sollte. Auch mit den Hängungen wird in der Kunsthalle Karlsruhe experimentiert – mal sind die Werke modern nebeneinander gehängt, mal überwältigt den Besucher eine Petersburger Hängung. Diese Art der Abwechslung lässt die Ausstellung leicht und kurzweilig wirken – trotz der Fülle an Werken.


Mit der Ausstellung „11 x Karoline Luise“ begleitet die Junge Kunsthalle die Sonderausstellung „Die Meister-Sammlerin – Karoline Luise von Baden“ in der Kunsthalle Karlsruhe.

Die Junge Kunsthalle: Karoline Luise als Entdeckerin

Mit der Ausstellung „11 x Karoline Luise“ begleitet die Junge Kunsthalle die Sonderausstellung im Haupthaus. Ausgewählt wurden 11 Dinge, die für die Interessen und Talente der Markgräfin von Baden stehen. Es geht um ihre Rolle als Kunstsammlerin und Künstlerin, um Karoline Luise als literarisch und historisch interessierte Frau und um ihre Liebe zu den Naturwissenschaften.

Die Ausstellung in der Jungen Kunsthalle lädt Kinder und Jugendliche zum Entdecken ein, denn obwohl sie übersichtlich in die namensgebenden 11 verschiedene Bereiche gegliedert ist, ist jeder dieser Bereich für sich genommen kreativ und wild gestaltet. Der Hauch von Durcheinander wirkt nicht abschreckend steif sondern einladend kreativ – ein perfekter Rahmen, um den Entdeckergeist der jungen (aber auch der erwachsenen) Besucher anzuregen.

Im exklusiven Interview mit uns geht Sibylle Brosi, Leiterin der Jungen Kunsthalle Karlsruhe, auf die Hintergründe des Museums ein und erläutert das Konzept der aktuellen Sonderausstellung.

Frau Brosi, wie entstand die Idee zur Jungen Kunsthalle?

Sibylle Brosi: „Die ursprüngliche Idee geht auf das Jahr 1973 zurück. Damals hatte meine Vorgängerin, Frau Dr. Anne Reuter-Rautenberg, die Idee, eine Ausstellung speziell für Kinder auszurichten. Sie begann mit einer Ausstellung, bei der sie zum Beispiel die Bilder tiefer hängte und bei der einfach die Objekte für die Kinder besser einsehbar sein sollten. Und siehe da: Es hat so guten Anklang gefunden – und zwar auch beim Direktor der Kunsthalle – dass sich das Kindermuseum schnell etablieren konnte und zu einer festen Einrichtung wurde.“

Bestehen besondere Herausforderungen, wenn man Ausstellungen für Kinder und Jugendliche konzipiert?

Sibylle Brosi: „Es ist wichtig, dass man die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen berücksichtigt und darauf eingeht, dass sie sich selbsttätig Wissen aneignen können. Aber es muss auch Spaß machen! Am besten sollen sie etwas lernen, ohne sich dessen bewusst zu sein.“

Wie erfolgt die Abstimmung der Jungen Kunsthalle mit dem Haupthaus?

Sibylle Brosi: „Wir werden bei den Sitzungen zur Konzeption der Ausstellungen im großen Haus eingeladen, beziehen dann unser Wissen daraus und werden auch im Anschluss immer auf dem Laufenden gehalten. Bei uns „gärt“ es dann sozusagen, das Thema muss sich ein bisschen setzen und dann muss man damit auch etwas spielen. Wir probieren immer verschiedene Dinge aus, bis wir sagen können: Jetzt sind wir zufrieden!“

Welche Besonderheiten hat die aktuelle Ausstellung „11 x Karoline Luise“?

Sibylle Brosi: „Man lernt in dieser Ausstellung eine Frau kennen, die genau so neugierig und wissbegierig ist, wie Kinder und Jugendliche es selbst sind. Wie Detektive müssen sich die jungen Besucher in der Ausstellung zunächst in die verschiedenen Fachbereiche „einarbeiten“. Beim Besuch der großen Ausstellung findet dann ein wunderbares Wiedererkennen statt.

Die Kinder und Jugendlichen entdecken dann dort Seiten, denen sie schon in der Ausstellung in der Jungen Kunsthalle begegnet sind. Ich denke, die Ausstellung Karoline Luise kommt bei einem jungen Publikum sehr gut an, denn sie hat mit Sammeln und Vertiefen zu tun. Kinder sind ebenso neugierig und sie beschäftigen sich in der Ausstellung mit Fragen, die auch für Karoline Luise wichtig waren.“

Wie genau gestaltet sich die Ausstellung?

Sibylle Brosi: „Wir haben für die Ausstellung in der Jungen Kunsthalle 11 Objekte ausgewählt, die stellvertretend für Karoline Luises Leidenschaften, für ihre Vorlieben und für ihre Tätigkeitsbereiche stehen. Es gibt Stationen zu ihrer Herkunft und Kindheit über die Beziehung zu ihrem Gatten bis hin zur Botanik, Zoologie und zu den Naturwissenschaften. Auch Geologie spielte eine wichtige Rolle, denn Karoline Luise beschäftigte sich unter anderem mit Marmorqualitäten. Dies brachte uns den Badischen Marmor, der dann auch exportiert wurde und somit auch für das Land von Vorteil war.

Sie hat aber auch Arzneien selbst hergestellt und hat sich in der Medizin kundig gemacht, was man eher von einem Arzt oder Anatom erwarten würde und nicht von einer Fürstin, die im Schloss residiert. Ansonsten steht bei uns in der Ausstellung – ebenso wie im großen Haus – auch die Sammlungstätigkeit und ihr grandioses Können in der Malerei im Mittelpunkt. Auch ihre Korrespondenz spielt bei uns eine wichtige Rolle, denn Karoline Luise hätte heute sicher SMS, Twitter und ähnliches benutzt – und hätte so viele Möglichkeiten zur Kommunikation nutzen können. Es wäre sicher spannend zu wissen, wie sie heute mit den ganzen Social Media-Möglichkeiten umgehen würde. Das wäre bestimmt genau ihre Welt!“

Vielen Dank!


Die Meister-Sammlerin. Karoline Luise von Baden

30.05.-06.09.2015
Staatliche Kunsthalle Karlsruhe

musermeku dankt der Kunsthalle Karlsruhe, der Karlsruhe Tourismus GmbH sowie Art & Design Museums Basel für die Einladung zum Besuch des Museums und für die Übernahme der Kosten der Reise.


Bilder: Angelika Schoder – Karlsruhe, 2015


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Angelika Schoder

Über die Autorin

Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.

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