Sepulkralkultur in der Sammlung Friedhof Hörnli bei Basel

Das Museum Sammlung Friedhof Hörnli dokumentiert mit seinen Objekten zur Sepulkralkultur den Umgang mit dem Tod im Raum Basel.

Das Museum Sammlung Friedhof Hörnli dokumentiert mit seinen Objekten zur Sepulkralkultur den Umgang mit dem Tod im Raum Basel.

[Ausstellung] Die Themen Tod, Bestattung und Trauer werden in Geschichts- oder Volkskundemuseen meist nicht oder nur am Rande aufgegriffen. Die einzige Institution in der Schweiz, die sich ganz der Sepulkralkultur widmet, ist die Sammlung Friedhof Hörnli in Riehen. Durch die Beschäftigung mit dem Sterben vermittelt die Ausstellung vieles über das Leben in und um Basel, über regionale Bräuche, (Aber-)Glauben und Traditionen.


Um die Mitte des 15. Jahrhunderts entstand in Basel eine der wichtigsten Totentanz-Darstellungen Europas.

Detail aus: Totentanz, Gesina ter Borch, nach Hans Holbein II, 1660-1687 – Rijksmuseum, BI-1887-1463-23BPublic Domain

Der Tod in Basel

Als ein Erdbeben im Jahr 1356 in Basel hunderte von Opfern forderte, wurde die Stadt angeblich erstmals weit über ihre Grenzen hinaus mit dem Tod in Verbindung gebracht. Im Laufe des Mittelalters hielt sich diese Bekanntheit als Stadt des Todes, da hier immer wieder die Pest wütete. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts, vermutlich zur Zeit des Basler Konzils (1431–1448), entstand daraus schließlich eine der wichtigsten Totentanz-Darstellungen Europas: das Totentanzbild an der Mauer des Predigerklosters. Es diente in den Folgejahren als Vorbild für eine Reihe anderer Totentanzbilder und wurde zum Wahrzeichen Basels. [1]

Die Darstellung wurde über die Jahrhunderte mehrmals übermalt und dem jeweiligen Zeitgeist angepasst. Heute sind 19 Bildfragmente des Basler Totentanzes noch erhalten und im Historischen Museum Basel zu sehen. Die Fragmente gehören zur Bilderfolge, die auf 60 Metern Länge 40 Todgeweihte darstellte. Da der Tod vor keinem Halt macht, waren Menschen verschiedenen Alters, mit unterschiedlichen Berufen und aus allen Ständen abgebildet. [2] Das Totentanzbild am Predigerkloster war so berühmt, dass Handwerksburschen zum Beweis dass sie wirklich in der Stadt gewesen waren, den „Tod von Basel“ beschreiben können mussten. [3]


Detail aus: Vanits, Aelbert Jansz. van der Schoor, 1640-1672 – Rijksmuseum, SK-A-1342Public Domain

Bruderschaften und Seelenzünfte

Im 15. Jhd. fanden sich in Basel erstmals religiös geprägte Laien zu Bruderschaften zusammen, die sich dem Totenkult und der Heiligenverehrung widmeten und auch die Funktion von Leichenträgern übernahmen. Auf Seiten der Zünfte organisierten sich Angehörige des gleichen Gewerbes in sogenannten Seelenzünften in ähnlicher Art. Mit der Reformation wurden die Bruderschaften später jedoch aufgelöst oder gingen ganz an die Baseler Zünfte über. [4]

Im Laufe des 18. Jahrhunderts wandelte sich in Basel schließlich die Bedeutung von Vereinen und Gesellschaften. Besonders im wirtschaftlichen Bereich schlossen sich Berufsgruppen zu Interessengemeinschaften zusammen. Diese übernahmen etwa die Kranken- , Hinterbliebenen- und Altersvorsorge, kümmerten sich aber auch um die Zeit nach dem Ableben. Ein Beispiel ist die Begräbnisgesellschaft Basel/Gerbergass-Traggesellschaft, die 1800 gegründet wurde. [5] Laut Vereinssatuten aus dem Jahr 1829 war es Ziel dieser Gemeinschaft,

„nicht nur im Leben treue Freundschaft und Geselligkeit zu pflegen, sondern selbst noch beim Tod eines Mitgliedes durch Tragen und Begleiten der sterblichen Hülle zur letzten Ruhestätte liebevoll und hilfreich mitzuwirken.“ [6]

Bis 1857 fungierten die Mitglieder der Begräbnisgesellschaft als Leichenträger, später wurde per Mehrheitsbeschluss festgelegt, einen Leichenwagen zu nutzen. Durch die Baseler Begräbnisordnung von 1868 wurde die Nutzung eins Totenwagens ohnehin verpflichtend, womit die eigentliche Funktion der Traggesellschaft aufgehoben war. Die Begräbnisgesellschaft löste sich jedoch nicht auf, sondern wurde in eine „gegenseitige Unterstützungskasse“ umgewandelt. [7] In dieser Funktion besteht die Begräbnisgesellschaft Basel bis heute fort, wobei mittlerweile eher das gesellige Vereinsleben im Vordergrund steht. Mit ihrer über 215 Jahre alten Geschichte ist die Begräbnisgesellschaft Basel mittlerweile die letzte noch existierende Gesellschaft dieser Art im Kanton.


Detail aus: Stilleben mit Vanitas Symbolen, Jean Aubert, nach Edme Bouchardon, 1708-1741 – Rijksmuseum, RP-P-OB-41.432Public Domain

Die Sammlung Friedhof Hörnli

Begründet wurde die Sammlung Friedhof Hörnli von einem Mitglied der Begräbnisgesellschaft Basel: Peter Galler. Der Pensionär, der sich ehrenamtlich um die Sammlung kümmert, ist Ausstellungskurator, Sammlungsleiter, Museumspädagoge und Raumpfleger in einem. Als Friedhofsmitarbeiter hatte er noch als junger Mann zunächst privat damit begonnen, Grabsteine, Urnen und Kreuze vor ihrer Zerstörung zu bewahren. Auf dem Friedhof Hörnli, übrigens der größte Friedhof der Schweiz, dürfen Gräber laut Friedhofsordnung nämlich nur 20 Jahre unterhalten werden. Danach werden diese eigentlich geräumt. Nachdem Galler jahrelang privat sammelte, konnte er 1994 durch die Gründung eines Trägervereins auch offiziell die Sammlung Friedhof Hörnli einrichten.

Heute ist die Sammlung unterhalb der Kapelle 5 auf dem Friedhof Hörnli untergebracht, etwas versteckt hinter dem Aufbahrungsgebäude. Der umfangreiche Bestand der Sammlung umfasst dabei alle Aspekte der Baseler Sepulkralkultur. Der Begriff (von lat. sepulcrum = Grab[lege]) verweist auf den kulturellen Umgang mit Tod und Sterben. Auch Begräbniskultur sowie Trauerbräuche und -riten spielen hier eine Rolle. In Europa gibt es nur sehr wenige Museen und Sammlungen, die sich diesem Themenfeld im Schwerpunkt widmen. Die Sammlung Friedhof Hörnli ist die einzige Schweizer Institution ihrer Art. Anhand zahlreicher Leichenwagen aus verschiedenen Epochen, einer Vielzahl an Urnen aus unterschiedlichsten Materialien und Regionen bis hin zu Gartengeräten für die Friedhofsarbeit dokumentiert die Sammlung, wie im Raum Basel im Laufe der Jahrhunderte der letzte Abschied genommen wurde.


Sammlung Friedhof Hörnli

Geöffnet jeden 1. + 3. Sonntag im Monat, 10-16 Uhr
Friedhof Hörnli, Riehen – Eintritt frei


Header-Bild: Detail aus: Vanits, Aelbert Jansz. van der Schoor (1640-1672) – Rijksmuseum, SK-A-1342Public Domain


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Angelika Schoder

Über die Autorin

Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.

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Fußnoten

[1] Marc Sieber: Basel und der Tod, In: Tragbrüder in Basel. Die Geschichte der „Begräbnisgesellschaft Basel – Gerbergass-Traggesellschaft 1800“, Hg.v. John A. Jeker, Muttenz 2001, S. 6f

[2] Konrad Witz: Basler Totentanz, Fragment des Herolds. Basel, 1435/1440 – Historisches Museum Basel, Sammlung – Inv. 1870.692

[3] John A. Jeker: Tragbrüder in Basel, S. 7

[4] Ebd., S. 11

[5] Ebd., S. 21

[6] Ebd., S. 25

[7] Ebd., S. 47


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