Das PENG!-Kollektiv bei der #rp17

Manchmal hilft nur Protest – am besten in Form von Kunst. Auf der re:publica 17 stellte das PENG!-Kollektiv seine aktuelle Kampagne vor.

Manchmal hilft nur Protest – am besten in Form von Kunst. Auf der re:publica 17 stellte das PENG!-Kollektiv seine aktuelle Kampagne vor.

[Debatte] „Wir wollen die Welt nicht den Arschlöchern überlassen“, so Tanja Haeusler zur Eröffnung der re:publica 17. Aber wo fängt man an? Es gibt so viele Menschen, die ihr Gehirn ausschalten, sobald sie sich ins Internet begeben. Oder schlimmer: Menschen, die sehr wohl nachdenken und wohlkalkuliert ihren Hass ins Netz streuen. Angesichts des ganzen Hasses (nicht nur im Netz), wollte die Digitalkonferenz re:publica dieses Jahr für laute Liebe stehen, ganz nach dem Motto „Love Out Loud“. Manchmal hilft statt Liebe aber nur Protest – am besten in Form von Kunst.


Aktionskunst gegen Waffenexporte

Das PENG!-Kollektiv mischt sich mit Aktivismus, Hacking und Kunst politisch ein. In einem Überraschungsauftritt am 9. Mai 2017 bei der re:publica ging es um die aktuelle Kampagne des Kollektivs zum Artikel 26 des deutschen Grundgesetzes. Hintergrund ist die Tatsache, dass die Rüstungsindustrie in Deutschland mit zu den größten Waffenlieferanten der Welt zählt. Durch medienwirksame Aktionen versucht PENG! die Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen, dass in Deutschland dringend strengere gesetzliche Regulierungen notwendig sind, insbesondere was den Export von Kleinwaffen betrifft. Ziel ist es, ein Gesetz in den Bundestag zu bringen, „um das florierende Geschäft mit dem Tod zu beenden“, wie es auf der Kampagnenseite heißt.

Entwickelt wurde das Konzept der Kampagne über sechs Monate gemeinsam mit dem Schauspiel Dortmund. Intention war es, die öffentlichkeitsscheue Waffenbranche zu demaskieren und eine Debatte über deutsche Waffenexporte anzustoßen.


CDU. Mit. Gefühl.

Die erste Aktion der Kampagne zum Artikel 26 war eine Petition bei change.org, die sich direkt an Bundeskanzlerin Angela Merkel richtet. Eingereicht wurde die Petition, samt umfangreichem Text und Video, von der vermeintlichen CDU Schwenke in NRW, unter dem Vorsitz der fiktiven Brigitte Ebersbach. Ganz den christlichen Werten der Partei entsprechend, wird an Angela Merkel appelliert, die Exporte von Kleinwaffen einzustellen. Aufgegriffen wurde die Kampagne, die über Associated Press gestreut wurde, übrigens von Fox News und der New York Times.


„PUT THE GUNS DOWN!“

Auf der Seite heckler-und-koch.com/recall/ war schließlich die Auflösung einer Aktion zu finden, die Waffenshop-Besitzer in den USA für kurze Zeit völlig verwirrt hatte. 300 Läden, welche Waffen des deutschen Herstellers Heckler & Koch verkaufen, hatten Briefe des PENG!-Kollektivs erhalten. Absender der Briefe war angeblich der Waffenhersteller selbst, welcher ankündigte, seine Produkte aus den USA unverzüglich zurückrufen zu wollen. Der Grund: Die USA seien seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten kein konfliktfreies Land mehr. Entsprechend wurde über die Aktion nicht nur in rechtsradikalen Waffenforen in den USA diskutiert, sondern auch die amerikanischen Medien griffen das gefälschte Rückrufschreiben auf.


Ein Friedenspreis für den Krieg

Schließlich rief PENG! als dritte Aktion den „Deutsch-Französischen Preis für Sicherheit und Frieden“ ins Leben – samt Hochglanz-Website und Preisverleihungsgala. Mit dem Preis sollte „die gute Arbeit der führenden Firmen im Sicherheits- und Verteidigungssektor geehrt und deren friedenstiftende Rolle in der Gesellschaft sichtbar gemacht werden“, wie es hier heißt. Waffen würden „Sicherheit in Krisenregionen bringen und Menschenleben schützen“. Dass das Satire ist, merkten die meisten zur Preisverleihung geladenen Rüstungsfirmen dann wohl doch selbst und erschienen nicht. Nur ein Vertreter von Thyssenkrupp Marine Systems GmbH tauchte bei der Gala tatsächlich auf – verschwand aber leider bereits kurz vor der Preisverleihung wieder. Vermutlich weil der Laudator zu umfangreich über den Artikel 26 des Grundgesetzes geredet hatte.


Kunst mit Grundgesetz-Bezug

Der Artikel 26 des deutschen Grundgesetzes verpflichtet Deutschland eigentlich dazu, Frieden zu fördern. So heißt es dort: „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig.“ Nun klingt dieser Text des Grundgesetzes nicht unbedingt vereinbar mit der Tatsache, dass Deutschland drittgrößter Waffenexporteur weltweit ist und deutsche Waffen in fast allen Kriegskonflikten der Erde zum Einsatz kommen.

Der Peng!-Sprecher nutze die re:publica daher nicht nur dazu, die drei Kunstaktionen des Kollektivs vorzustellen, sondern auch auf eine Online-Abstimmung hinzuweisen, die eine stärkere gesetzliche Regulierung deutscher Waffenexporte erwirken soll. Das Künstlerkollektiv nutzt digitale Medien so nicht nur dazu, seine Inhalte zu verbreiten und damit Aufmerksamkeit in einer breiteren Öffentlichkeit zu schaffen, sondern auch digital Druck auf Politiker und Firmen aufzubauen.


Bilder: Angelika Schoder – re:publica 17, Berlin 2017


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Angelika Schoder

Über die Autorin

Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.

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