Wie lässt sich kulturelle Teilhabe ermöglichen?

Public Viewing kann kulturelle Teilhabe ermöglichen. Ein Beispiel sind Übertragungen von Theater-Aufführungen oder Konzerte mit Klassischer Musik.

Public Viewing kann kulturelle Teilhabe ermöglichen. Ein Beispiel sind Übertragungen von Theater-Aufführungen oder Konzerte mit Klassischer Musik.

[Pressereise] Public Viewing ist längst nicht mehr nur etwas für Fußballfans. Großbildleinwände unter freiem Himmel spielen seit einigen Jahren auch im Kulturbereich eine wichtige Rolle. Eines der ältesten Events dieser Art – und gleichzeitig das wohl größte Kultur-Public-Viewing in Europa – findet jedes Jahr in Salzburg statt. Die „Siemens Fest>Spiel>Nächte“ in der Altstadt sind mittlerweile zu einer festen Größe im Rahmen der Salzburger Festspiele avanciert. Tausenden Salzburgern und Besuchern der Stadt wird damit auf niederschwellige Art kulturelle Teilhabe ermöglicht.


Public Viewing als Kultur-Event

Im Jahr 2007 hatte Katharina Wagner noch verkündet, dass Oper live nur im Opernhaus erlebt werden könne. Alles andere wäre eine Illusion. Doch schon ein Jahr später lenkte sie im Interview mit der ZEIT ein: „Natürlich ist die Akustik im Festspielhaus durch nichts zu ersetzen. Andererseits können Übertragungen auf Großleinwände und im Internet Menschen neugierig machen, die nicht ohne Weiteres eine Opernkarte kaufen würden. In Bayreuth kommt noch hinzu, dass man erst nach mehreren Jahren Wartezeit an Karten kommt.“ Auch im Hause Wagner hatte man also erkannt, dass das Elitäre der Bayreuther Festspiele weder zeitgemäß noch sinnvoll ist, wenn es darum geht, auch in Zukunft Interesse für Klassische Musik zu wecken – besonders bei „nicht klassischen“ Zielgruppen.

Schließlich ermöglicht eine Übertragung von Aufführungen im Rahmen eines Public Viewing auf Großleinwänden einen zwanglosen Rahmen, der auch Vorteile bringt. Das Angebot ist kostenfrei, spontan und flexibel nutzbar. Und Interessenten müssen sich nicht den Kopf über einen Dresscode zerbrechen. Dies alles kann Hemmschwellen abbauen – und das ist heute notwendiger denn je. Teils herrscht bei vielen Menschen noch immer die Vorstellung, Klassik sei langweilig, kompliziert oder sogar generell nur etwas für „Kultur-Nerds“. Public Viewing ermöglicht einen unverbindlichen Zugang und Interessenten können spontan in ein Event hineinschnuppern. Wenn es gefällt, kann man sogar an beliebig vielen Events teilnehmen, ohne dass man sich dabei in Unkosten für Tickets oder wechselnde Garderobe stürzen muss. Man kann sogar während den Vorführungen etwas trinken oder mit Bonbonpapier rascheln, so viel man möchte. Klassik oder Theater kann zum lockeren Event werden – ebenso wie das gemeinsame Fußballschauen zur WM.


Kulturelle Teilhabe ermöglichen

Am 27. Juli 2008 wurden „Die Meistersinger von Nürnberg“ live aus dem Bayreuther Festspielhaus übertragen – das erste Public Viewing der Festspiele. Rund 15.000 Zuschauer sahen damals die Oper auf einer Großleinwand. In den Jahren 2008 bis 2011 kamen so insgesamt wohl rund 100.000 Menschen auf dem Bayreuther Volksfestplatz zusammen, um im Rahmen der „Siemens Festspielnacht“ Wagners Musik live aus dem Festspielhaus zu erleben. Als Siemens nach vier Jahren sein Sponsoring beendete, war es in Franken mit dem kostenlosen Wagner-Open-Air-Erlebnis vorerst vorbei. Ein großer Verlust für alle, die das Public Viewing in Bayreuth gerne wahrgenommen hatten.

Immerhin: In Salzburg erhält Siemens sein Engagement aufrecht. Bereits seit 1996 unterstützt der Konzern die Salzburger Festspiele als Projektsponsor, seit 1999 sogar als Hauptsponsor. Parallel zu den Festspielen finden seit 2002 auf dem Kapitelplatz in der Altstadt die „Siemens Fest>Spiel>Nächte“ statt – ein kostenloses Public Viewing mit Stücken aus dem aktuellen Programm, die live aus dem Festspielhaus übertragen werden, sowie mit beliebten Aufzeichnungen aus vergangenen Jahren. Mittlerweile hat sich das Public Viewing der Festspiele zu einem kulturellen Highlight in Salzburg entwickelt, das jährlich von etwa 70.000 Menschen besucht wird. Besonders während der Live-Übertragungen platzt der Kapitelplatz aus allen Nähten – und selbst bei schlechtem Wetter kommen vor der Großbildleinwand regelmäßig hunderte von Klassik- und Theater-Fans zusammen, um gemeinsam die Aufführungen zu erleben. Von gut gekleideten älteren Herrschaften, über Campingstuhl-Mitbringern im Freizeitoutfit, bis hin zu Studierenden und Touristen, ist das Publikum bunt gemischt.


Klassische Musik und Theater für Kinder und Familien

Seit 2008 ergänzt das „Kinder>Festival“ das Public-Viewing-Programm der Salzburger Festspiele. Dank einer tageslichttauglichen LED-Leinwand können Vorführungen hier schon zur familienfreundlichen Zeit um 16 Uhr starten, wenn es im Sommer noch hell ist. Immer von Freitag bis Sonntag werden Kinderopern und kindgerechte Ballett- und Theaterstücke gezeigt. Besonders für Familien mit kleinen Kindern bietet das Public Viewing hier eine gute Gelegenheit, unkompliziert Kultur zu erleben und dabei ganz flexibel zu sein. Kinder können währenddessen beispielsweise essen und trinken oder man kann jederzeit kommen und gehen. Und das Angebot ist natürlich ebenso kostenfrei, wie auch die Abendveranstaltungen im Public Viewing.

Sowohl die „Fest>Spiel>Nächte“ als auch das „Kinder>Festival“ zielen darauf ab, ein lebendiger Faktor im sozialen Leben der Stadt Salzburg zu sein. Die Angebote sind ein Versuch, kulturelle Teilhabe zu ermöglichen, indem Kulturinhalte von höchster Qualität an diejenigen vermittelt werden sollen, die bisher eher wenig Kontakt zu diesen Inhalten hatten. Gelingt dies, können neue Zielgruppen für Theater und Klassische Musik geschaffen werden.

musermeku dankt dem Siemens Arts Program für die Einladung zum Besuch der Veranstaltung und für die Übernahme der Kosten der Reise.


Header-Bild: Angelika Schoder – Salzburg, 2018


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Angelika Schoder

Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.

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