[Debatte] Vom Neuen Schloss in Bayreuth bis zum Schloss Nymphenburg in München: Das Fotografieren in Bayerischen Schlössern ist nicht ganz unkompliziert. Wer als privater Besucher denkt, er könne einfach im Schloss Rosenau bei Coburg ein Erinnerungsfoto machen oder als Influencer ein Selfie aus dem Schloss Herrenchiemsee bei Instagram posten, sollte nicht davon ausgehen, dass Fotografieren selbstverständlich erlaubt wäre – oder gratis. Tatsächlich hat die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen einige Auflagen, die vor dem Fotografieren berücksichtig werden müssen. Diese Auflagen gelten übrigens nicht nur für gewerblich Fotografierende oder Social-Media-Creators. Auch Besucher, die ganz privat fotografieren wollen, sind von diesen Regeln betroffen.
Darf ich in Bayerischen Schlössern fotografieren?
Ja, sehr gerne sogar! Also eigentlich: nicht immer. Um genau zu sein, manchmal definitiv nicht! Wer die Objekte der Bayerischen Schlösserverwaltung fotografieren möchte, braucht grundsätzlich eine Fotogenehmigung – und die ist kostenpflichtig. Das gilt übrigens nicht nur für Innenaufnahmen. Selbst wer ein Schloß von außen ablichten möchte, muss eine entsprechende Genehmigung einholen. Wen das nicht abschreckt, sollte sich frühzeitig kümmern, mindestens zehn Werktage im Voraus, heißt es seitens der Schlösserverwaltung. Immerhin: Aktuelle Berichterstattung und rein dokumentarische Aufnahmen werden, wenn möglich, auch schneller genehmigt. In jedem Fall lässt die Schlösserverwaltung Sorgfalt walten, denn jede Anfrage für eine Fotogenehmigung wird im Einzelfall genau geprüft.
Brauche ich für private Fotos eine Genehmigung?
Reguläre Besucher können vermeintlich aufatmen, denn Fotos zu privaten Zwecken, sogenannte Erinnerungsfotos, werden von der Schlösserverwaltung in geringem Umfang ohne Genehmigung erlaubt. Doch es gibt ein großes ABER: Es dürften keine konservatorischen, markenrechtlichen oder organisatorischen Belange dagegen sprechen. Das klingt zunächst unproblematisch. Konservatorisch sollte vermeintlich kein Problem sein, einfache Smartphone-Fotos kann man ja ohne Blitz machen. Auch organisatorisch sollte vermeintlich nichts dagegen sprechen, denn meist schießt man so ein Erinnerungsfoto ja schnell aus dem Handgelenk. Und was sind denn markenrechtliche Belange?
Fest steht, auch als privater Besucher kann man nicht einfach davon ausgehen, in Bayerischen Schlössern fotografieren zu können, um die Bilder dann in Social Media zu veröffentlichen – auch wenn die Schlösserverwaltung einräumt sich zu freuen, wenn man Bilder postet. Sogar ein eigenes Hashtag wird dafür benannt: #schloesserbayern. Das kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass es einige Einschränkungen für das Fotografieren gibt – auch für Privatpersonen.
Welche Regeln gelten für private Fotoaufnahmen?
Keine weiterführende Nutzung von Fotos.
Eine weiterführende Verwertung des Fotomaterials ist ausdrücklich nicht gestattet. Genau genommen wäre die Veröffentlichung bei Social Media schon eine solche weiterführende Nutzung, aber der Hashtag-Aufruf legt nahe, dass man es bei der Schlösserverwaltung hier nicht so eng zu sehen scheint.
Keine Fotos in engen Räumen.
Bei Sehenswürdigkeiten mit engen Raumverhältnissen ist meist das Fotografieren nicht erlaubt. Die Schlösserverwaltung gibt hier als Begründung an, dass die fotografierenden Personen in den engen Räumen häufig nur schwer eine geeignete Position für ihre Aufnahmen finden könnten. Durch das Fotografieverbot solle ein Kontakt mit der wertvollen Raumausstattung verhindert werden, wie uns auf Nachfrage mitgeteilt wurde.
Schwer zu sagen, welche negativen Erfahrungen die Schlösserverwaltung bisher mit ihren Besuchern in dieser Hinsicht gemacht hat. Unserer Erfahrung nach braucht man für ein Smartphone-Foto, das als einfacher Erinnerungs-Schnappschuss gedacht ist, eigentlich keine besonderen Positionen zum Fotografieren. Oder anders gesagt: Wenn der Raum groß genug ist, damit ein Mensch mit Smartphone rein passt, dürfte auch das Auslösen eines Fotos möglich sein, ohne in Kontakt mit der Raumausstattung zu kommen.
Keine Fotos bei Schlossführungen.
Wenn ein Schloss nur mit Führung besucht werden kann, ist das Fotografieren grundsätzlich verboten. Grund dafür, so die Aussage der Schlösserverwaltung, sei die enge Taktung der Führungen zur Bewältigung des hohen Besucheraufkommens in den Sehenswürdigkeiten. In der Praxis hätte sich gezeigt, dass nur über das Fotografierverbot die Führungsgruppen zusammengehalten werden könnten. Man betont, die Regelung diene dem reibungslosen Besichtigungsbetrieb und würde so allen Gästen zugute kommen.
Um ehrlich zu sein, die Besucher sehen dies sicher anders. Wie bereits erwähnt, ein einfaches Erinnerungsfoto lässt sich meist sehr unkompliziert und schnell machen, da wo man gerade steht. Die meisten Besucher würden wohl die Meinung vertreten, es würde ihnen eher zugute kommen, ließe man sie schnell ein Foto aus dem Schloss machen, für dessen Besuch sie mitunter ein nicht gerade geringes Eintrittsgeld gezahlt haben.
Keine Fotos auf gewerblich genutzten Online-Kanälen.
Nutzt man seine Online-Kanäle auch, um für sich als Fotograf oder als Content-Creator zu werben, darf man Fotos aus den Bayerischen Schlössern hier nicht einfach veröffentlichen, indem man sich auf seinen privaten Besuch beruft. Blogger, Instagrammer & Co. werden von der Schlösserverwaltung als Unternehmer betrachtet und müssen, ebenso wie gewerblich Fotografierende, einen Antrag auf eine Fotogenehmigung stellen. Jeder Antrag wird auch hier von der Schlösserverwaltung individuell geprüft, um zu ermitteln, ob ein Social-Media-Account oder eine Publikation als gewerblich anzusehen ist. Die Follower- oder Leserzahlen sind dabei in der Regel übrigens kein zuverlässiger Indikator; auch Online-Auftritte mit nur kleinem Publikum können von der Schlösserverwaltung als gewerblich eingestuft werden.
Immerhin: In Einzelfällen kann die Veröffentlichung der Fotos als Tourismuswerbung zum Besuch der Sehenswürdigkeiten der Schlösserverwaltung gewertet werden – dann kann die Fotogenehmigung kostenfrei ausgestellt werden. Sollte man allerdings ein Schloss als reine Kulisse für Produktwerbung nutzen, würde doch eine Nutzungsentschädigung anfallen. Geht es also beim Foto nicht um die schöne bayerische Architektur, sondern eher darum die gesponserte Designer-Handtasche in royaler Atmosphäre zu präsentieren, wird die Fotogenehmigung wohl nicht gratis erteilt.
Und vielleicht interessant für Kulturblogger: Laut Website der Schlösserverwaltung wird für Fotoaufnahmen zu kulturellen Zwecken eine Fotogenehmigung nur erteilt, wenn triftige Gründe gegen die Verwendung des Bildmaterials sprechen, das die Schlösserverwaltung kostenpflichtig über sein Fotoarchiv zur Verfügung stellt.
Was müssen gewerblich Fotografierende beachten?
Wie bereits erwähnt, nicht nur für Innen- sondern auch für Außenaufnahmen der Objekte der Bayerischen Schlösserverwaltung wird eine kostenpflichtige Fotogenehmigung benötigt. Zusätzlich kommt eine kostenpflichtige Reproduktionsgenehmigung hinzu.
Ob tatsächlich Foto- und Reproduktionsgenehmigung separat berechnet werden, hängt vom jeweiligen Projekt ab. In den meisten Fällen wird, nach Auskunft der Schlösserverwaltung, eine Pauschale für Foto- und Reproduktionsgenehmigung erhoben. Bei Buchpublikationen, bei denen zuerst eine große Auswahl an Motiven fotografiert wird, aber letztlich nur ein oder zwei Fotos gedruckt werden, werden die beiden Genehmigungen separat berechnet, da das meist für die Antragstellenden die kostengünstigere Variante sei.
Weitere Regeln für gewerbliche Fotoaufnahmen:
Keine Fotos am Wochenende.
Zur Durchführung der Fotoaufnahmen verweist die Schlösserverwaltung auf einige Auflagen. Dazu gehört, dass Aufnahmen grundsätzlich nur werktags und bei Innenaufnahmen i.d.R. auch nur außerhalb der Öffnungszeiten genehmigt werden.
Vorsicht bei den Königsschlössern.
Hier kommen die markenrechtlichen Belange ins Spiel. Die sogenannten Königsschlösser, das sind Neuschwanstein, Linderhof und Herrenchiemsee, sind eingetragene Marken. Sobald die Fotoaufnahmen Markenrechte betreffen, etwa weil etwas mit dem Namen „Neuschwanstein“ beworben werden soll, wird ein Lizenzvertrag notwendig. Falls ein solcher Vertrag zustande kommt, werden die Kosten von der Rechtsabteilung der Schlösserverwaltung individuell ermittelt.
Diese behält sich übrigens auch das Recht vor, gewisse Nutzungen nicht freizugeben, falls sie zum Beispiel gegen das Image der Marke sprechen würden.
An die entgeldfreien Belegaufnahmen denken.
Die Bayerischen Schlösserverwaltung räumt zusätzlich zu den kostenpflichtigen Genehmigungen ein, dass ihr entgeltfrei Belegaufnahmen des entstandenen Fotomaterials zur Verfügung gestellt werden müssen, um diese für interne Zwecke nutzen zu können.
Mit welchen Kosten muss man rechnen?
Laut Auskunft der Schlösserverwaltung richten sich die Kosten für eine Fotogenehmigung nach unterschiedlichen Faktoren, beispielsweise nach der Prominenz des Motivs, nach dem Aufwand für die Aufnahmen und schließlich nach der Art der Nutzung. Die Preisspanne bewegt sich dabei zwischen 50 Euro, dem Mindestsatz, bis über 3.000 Euro bei aufwändigen Produktionen mit hoher und langfristiger Verbreitung. Letztendlich wird das je nach Einzelfall von der Schlösserverwaltung kalkuliert.
Für gewerblich Fotografierende, die Außenaufnahmen ausschließlich auf Social Media nutzen möchten, bietet die Schlösserverwaltung eine Pauschale in Höhe von 50 Euro für maximal sechs Fotos eines Objektes an.
Zu den Kosten für eine Fotogenehmigung kommen Reproduktionsgebühren für die Veröffentlichung der Bilder.
Was passiert bei Verstößen gegen die Fotoauflagen?
Schaut man sich in Sozialen Medien um, findet man zahlreiches Bildmaterial von Bayerischen Schlössern. Bei Instagram haben alleine die Hashtags #neuschwanstein und #neuschwansteincastle über eine dreiviertel Million Nennungen. Vermutlich haben nicht alle, die diese Bilder veröffentlichen, im Vorweg eine Genehmigung bei der Bayerischen Schlösserverwaltung eingeholt. Sollte man es also einfach darauf ankommen lassen und spontan ohne Genehmigung fotografieren? Lieber nicht…
Auf Nachfrage teilt die Schlösserverwaltung mit, dass sie, wenn sie auf ungenehmigte Fotonutzungen aufmerksam werden, Kontakt zum Publizierenden aufnehmen. Je nach Art der Nutzung wird dann entweder eine nachträgliche Genehmigung (mit entsprechenden Kosten) erstellt. Aber man behält sich auch gegebenenfalls andere rechtliche Schritte vor, wie es heißt.
Fazit zum Fotografieren in Bayerischen Schlössern
In den Verwaltungsbereich der Bayerischen Schlösserverwaltung fallen unter anderem 45 Schlösser, Burgen und Residenzen sowie weitere Baudenkmäler bzw. Künstlerhäuser. Ein zentraler Zweck ist die Erhaltung und Bewahrung dieses wichtigen Kulturerbes. Laut eigener Aussage wird darüber hinaus aber auch ein „besonderes Augenmerk auf die zeitgemäße Betreuung der Besucherinnen und Besucher gerichtet“, um „den Reiz dieser Kulturdenkmäler erlebbar zu machen“. In gewisser Weise gilt es hier also, zwei unterschiedliche Welten miteinander in Einklang zu bringen: Bewahrung vs. Erlebnis. Dabei geht es nicht nur um das logistische Management des teils sehr großen Besucherandrangs, sondern auch um das Management der Erwartungen von Besuchenden. Und diese erwarten eben nicht nur, ein Bayerisches Schloss zu besuchen, sondern dieses auch ganz selbstverständlich zu fotografieren.
Zahlreiche Bilder in Sozialen Netzwerken zeigen, dass längst auch überall dort fotografiert wird, wo die Bayerische Schlösserverwaltung dies eigentlich nicht erlaubt: bei Führungen, in engen Räumen, ohne Erlaubnis. Wer selbst schon das eine oder andere Objekt der Schlösserverwaltung besichtigt hat, kann dieses Besucherverhalten auch live beobachten. Ermahnende Hinweise auf ein Fotoverbot sorgen für Frust unter den Besuchenden, dagegen verstoßen wird natürlich trotzdem. Und das so heimlich, dass selbst das Führungspersonal dies nicht bemerkt. Es wird fotografiert, ganz ohne sich von der Gruppe zu entfernen, ohne umständliche Positionen einzunehmen, ohne Blitz und ohne Objekte zu gefährden.
Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, wie sinnvoll es für die Schlösserverwaltung weiterhin ist, Fotoverbote für Privatpersonen aufrecht zu erhalten. Das Fotografieren zu verhindern klappt in der Praxis jedenfalls längst nicht mehr. Und ob es für das Image des Kulturerbes zielführend sein kann, jedem digitalen Content-Creator, der ohne Fotoerlaubnis unterwegs war, nachträglich eine Rechnung für seine Social-Media-Bilder zukommen zu lassen, könnte man auch diskutieren.
Header-Bild: Angelika Schoder, 2017
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