Ein Blick ins Bauhaus-Museum Weimar

Das Bauhaus-Museum Weimar konzentriert sich in seiner Dauerausstellung vor allem auf die erste Phase der Design- und Kunstschule im thüringischen Weimar.

Das Bauhaus-Museum Weimar konzentriert sich in seiner Dauerausstellung vor allem auf die erste Phase der Design- und Kunstschule im thüringischen Weimar.

[Ausstellung] Eröffnet wurde das Bauhaus-Museum Weimar anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des 1919 in Weimar gegründeten Staatlichen Bauhauses. Der Museumsneubau, ein von Heike Hanada entworfener minimalistischer Kubus mit fünf Ebenen, zog schnell einiges an Kritik auf sich, ebenso wie die Ausstellungskonzeption: zu wenige Fenster und eine durch Details gestörte Architektur-Idee würden auf eine mit Objekten zu dicht bestückte Ausstellung treffen, die Highlights nicht von Nebesächlichkeiten trennt. Auch der Besucheransturm im Eröffnungsjahr sorgte für Unzufriedenheit beim Publikum, das teils lange Wartezeiten auf sich nehmen musste. Nun ist das Bauhaus-Jubiläumsjahr vorbei, die Besuchernachfrage hat sich normalisiert und wir nutzen die Gelegenheit für einen Blick ins Museum.


Die Ausstellung des Bauhaus-Museums

Im Erdgeschoss beginnt der Ausstellungsrundgang mit einer Einführung zur Geschichte des Bauhaus von 1919 bis 1933, eingebettet in die historischen Entwicklungen zur Zeit der Weimarer Republik. Ein Stadtmodell zeigt zudem die „Orte der Moderne“ in Weimar und verweist auf die wechselvolle Entwicklung der Stadt im Laufe des 20. Jhd.

Im 1. Obergeschoss wird das Foyer von der Installation „Sundial for Spatial Echoes“ des Künstler Tomás Saraceno dominiert. Die „Sonnenuhr für Raum-Echos“ spielt auf das Bestreben des Bauhaus an, naturwissenschaftliche mit künstlerischen Konzepten zu verbinden. Die Ausstellung setzt sich in diesem Stockwerk mit den Schwerpunkten „Der Neue Mensch“ und „Experiment“ fort. Hier geht es zum einen um die Konzepte des Neuen Menschen und der Neuen Frau, die in den 1920er Jahren am Bauhaus diskutiert wurden. Zum anderen wird der pädagogische Ansatz des Bauhaus als radikales Experiment thematisiert, verdeutlicht an den Werken von verschiedenen Lehrenden und ihrer unterschiedlichen Vorgehensweisen.

Im 2. Obergeschoss steht im Abschnitt „Neuer Alltag“ zunächst das Weimarer Haus am Horn im Mittelpunkt. Hier zeigt sich, wie die Ideen des Bauhaus das alltägliche Leben in den 1920er Jahren prägten. Die Ausstellung setzt sich mit dem Fokus „Bühne“ fort. Im Zentrum steht hier die Bühnenwerkstatt des Bauhaus als kreatives Zentrum der Institution. Eine Vielfalt an Bühnenprojekten geben einen Einblick in die Arbeit des Bauhaus, von Kostüm- bis Bühnendesign.

Im 3. Obergeschoss stehen drei wichtige Wegbereiter und Wegbegleiter des Bauhaus im Mittelpunkt: Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe und Hannes Meyer. Eine große Vitrine zeigt die weltweit älteste Bauhaus-Sammlung, die 1925 von Walter Gropius in Zusammenarbeit mit Wilhelm Köhler, dem damaligen Direktor der Staatlichen Kunstsammlungen, begründet wurde. Für die internationale Verbreitung des „Bauhaus-Stils“ steht der Abschnitt zu Ludwig Mies van der Rohe, dem letzten Bauhaus-Direktor von 1930 bis 1933. Das Museum zeigt hier von ihm entworfene Möbel, ebenso wie Architektur-Projekte. Ein weiterer Bereich widmet sich Hannes Meyer, dem zweiten Bauhaus-Direktor von 1928 bis 1930. In einem Text aus dem Jahr 1926 beschreibt er seine „Neue Welt“. Schließlich wirft der Ausstellungsabschnitt „Was bleibt?“ in einem Video einen Blick auf die Debatten, die die politisch-gesellschaftlichen Aktivitäten der Bauhaus-Schule begleiteten.


Kritik zur Ausstellung

„Das Bauhaus kommt aus Weimar“ – so lautet der Titel der Dauerausstellung. Das Bauhaus-Museum konzentriert sich entsprechend auf die erste Phase der Design- und Kunstschule in der Thüringer Stadt. Ziel der Ausstellung ist es, die Geschichte des Bauhaus mit „Fragen zur Lebensgestaltung von Heute und Morgen“ zu verbinden. Dafür hätte die Ausstellung aber auch einige aktuelle Fragen aufgreifen müssen.

Besonders aktuell erscheint das Bauhaus, weil ihm die Integration von Geschlechtern, sozialen Schichten und verschiedenen Nationalitäten gelang. Dies war kennzeichnend für die Weimarer Republik – und doch geht das Bauhaus-Museum in seiner Dauerausstellung nicht wirklich auf diesen Aspekt ein. Das Bauhaus sah sich als Teil einer globalen Vision, das sich auf Traditionen aus ganz Europa berief, aber auch auf afrikanische Kunst, auf japanischen Minimalismus und auf amerikanische Einflüsse. [1] Hier hätte der Ausstellung beispielsweise eine Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus gut getan, etwa in Anbetracht einiger Werke und Kostüme, die auf afrikanische Vorbilder verweisen, oder ein Blick auf die Bauhaus-Architektur außerhalb Europas von Hangzhou bis Lagos und Neu-Delhi. Diesem Thema widmet sich das Projekt „bauhaus imaginista“ und man hätte einiges aus dieser Forschung in die Ausstellung des Bauhaus-Museums einfließen lassen können.

Es enttäuscht auch, dass die Lehrer und Schüler des Bauhaus als Personen in der Ausstellung fast völlig abwesend sind – bis auf die drei Direktoren zum Ende der Ausstellung. Man vermisst nicht nur die Biografien der Akteure, die die Ideen und den Stil des Bauhaus geprägt haben. Besonders wünscht man sich auch einen umfangreicheren Blick auf die Bauhaus-Frauen, deren Werke zwar in der Ausstellung gezeigt werden, etwa die Fotos von Lucia Moholy, deren Besonderheit als Studentinnen in den 1920er Jahren aber nicht thematisiert wird. Dabei hätte die Ausstellung „Bauhausmädels“, die vom 23.03. bis 16.06.2019 in den Kunstmuseen Erfurt gezeigt wurde, gute Anknüpfungspunkte geliefert. Für die Frauen bedeutete ihr Studium und das Leben in der Bauhaus-Gemeinschaft eine für die Zeit ungewöhnliche schöpferisch-kreative Entfaltungsmöglichkeit, jenseits von traditionellen „Frauentätigkeiten“ und typischen Berufsbildern. Gerade weil sich in den letzten Jahren zunehmend Publikationen und Ausstellungen mit den Bauhaus-Frauen beschäftigt haben, ist es ein großes Versäumnis, dass das Bauhaus-Museum diesem Aspekt der Geschichte der Kunstschule nicht mehr Aufmerksamkeit zukommen lässt.


Literaturtipp: Frauen am Bauhaus

Wer sich für die Geschichte der weiblichen Bauhaus-Akteure interessiert, muss da schon auf die Publikation „Frauen am Bauhaus. Wegweisende Künstlerinnen der Moderne“ von Patrick Rössler und Elisabeth Otto zurückgreifen, die zum Bauhaus-Jubiläumsjahr, aber unabhängig vom Bauhaus-Museum Weimar erschien. Das Buch stellt 45 der insgesamt 462 Frauen vor, die am Bauhaus in Weimar, Dessau und Berlin zwischen 1919 und 1933 studierten, und gibt Einblicke in ihre Biografien. Die Publikation beinhaltet zudem selten gezeigte historische Fotografien und Werk-Abbildungen.

Rund ein Drittel der sogenannten „Bauhäusler“ waren Frauen – dieser Anteil blieb in den knapp 15 Jahren des Bestehens der Kunstschule relativ konstant. Doch auch wenn die Gleichstellung von Frauen in der Verfassung der Weimarer Republik festgeschrieben war, herrschte am Bauhaus nicht eine vollständige Gleichbehandlung. Die Handwerkskünste wurden klar priorisiert gegenüber dem Kunstgewerbe, das als „weiblich“ galt. Zudem wurde nach und nach versucht, die Anzahl weiblicher Studierender zu reduzieren – obwohl offiziell die Devise galt, am Bauhaus Studierende unabhängig ihres Geschlechts aufzunehmen.

Bereits kurz nach Gründung der Kunstschule wurde eine „Frauenklasse“ eingerichtet, die Frauen aus den Bereichen „männlicher Arbeit“ ausschließen sollte. Einige Frauen drängten deshalb bewusst in die Männer-dominierten Werkstätten – andere fügten sich und entgingen dem vermeintlichen Wettbewerb mit männlichen Studierenden. Dennoch stellte der Essay „Mädchen wollen etwas lernen“ aus der Zeitschrift Die Woche aus dem Jahr 1930 den Typus des „Bauhaus-Mädels“ als ehrgeiziges Vorbild für junge Frauen vor. [2]

Die Publikation „Frauen am Bauhaus“ geht auch auf das Schicksal der Bauhäusler in der Zeit nach 1933 ein. Nach der Schließung aufgrund des Drucks durch die Nationalsozialisten mussten jüdische oder linksorientierte Schüler und Lehrende ins Exil oder wurden deportiert. Auch wenn ihnen die Flucht gelang oder sie in Deutschland bleiben konnten, war es insbesondere für die Frauen häufiger viel schwerer, eine neue Beschäftigung zu finden. Meist endeten ihre Karrieren, ohne dass sie ihrer Kunst- und Design-Tätigkeit in ihrer neuen Heimat oder in Nachkriegsdeutschland fortsetzen konnten. Die Publikation ermöglicht hier einen Blick auf vielfältigen Akteurinnen, die heute sonst in der Geschichte des Bauhaus wohl fast vergessen wären.


Bauhaus-Museum Weimar

Stéphane-Hessel-Platz 1
99423 Weimar

Frauen am Bauhaus. Wegweisende Künstlerinnen der Moderne
Hg.v. Patrick Rössler und Elisabeth Otto
Knesebeck 2019
ISBN: 978-3-95728-230-9


Fotos: Angelika Schoder – Bauhaus-Museum Weimar, 2019


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Angelika Schoder

Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.

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Fußnoten

[1] Dazu: Elisabeth Otto und Patrick Rössler: Einleitung, In: Frauen am Bauhaus. Wegweisende Künstlerinnen der Moderne, Knesebek 2019, S. 6-11, hier S. 8f

[2] Dazu: Ebd., S. 9f – Dazu: Anja Baumhoff: The Gendered World of the Bauhaus. The Politics of Power at the Weimar Republic’s Premier Art Institute, 1919 – 1932, Peter Lang 2001


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