[Reisetipp] In Porto lässt sich einer der wohl schönsten Landschaftsparks von Portugal entdecken: der Park von Serralves, entworfen vom französischen Architekten Jacques Greber. Die weitläufige Anlage umfasst, neben mehrere Blumen-, Kräuter- und Obstgärten sowie Teichanlagen und Viehweiden, auch einen TreeTop Walk, auf dem man sich zwischen Baumwipfeln bewegen kann. Neben der Natur spielt hier aber vor allem auch die Kunst eine zentrale Rolle. In den Park fügen sich diverse Skulpturen ein, zudem findet sich in Serralves auch das von Álvaro Siza entworfene Museum für zeitgenössische Kunst, die Casa de Serralves im Art-déco-Stil und ein Filmmuseum, das dem portugiesischen Regisseur Manoel de Oliveira gewidmet ist. Unser Kultur-Tipp für eine Reise nach Porto.
Das Museu de Arte Contemporânea de Serralves
Direkt am Parkeingang befindet sich das Museu de Arte Contemporânea de Serralves, das Museum für zeitgenössische Kunst. Hier werden wechselnde Einzel- und Themenausstellungen gezeigt mit Arbeiten aus der rund 4.300 Werke umfassenden Sammlung von Serralves oder von zeitgenössischen Kunstakteuren. Nicht immer beschränken sich die Ausstellungen dabei auf das Museumsgebäude; häufig sind die Kunstwerke auch im Park um das Museum herum präsentiert.
Das Museumsgebäude mit seinen 14 Ausstellungsräumen auf drei Etagen wurde von Álvaro Siza Vieira entworfen und im Sommer 1999 eröffnet. Es fügt sich fast unauffällig in die Parklandschaft ein; im Zentrum der Aufmerksamkeit steht nicht die Architektur des Gebäudes selbst, sondern die Schaffung von Innen- und Außenräumen für die Präsentation von zeitgenössischer Kunst. Immer wieder ergeben sich hier Blickachsen in das Grün des Parks und auf die Skulpturen im Umfeld des Museums.
Der Parque de Serralves
Der in den 1930er Jahren von dem Architekten Jacques Greber entworfene Park von Serralves etstand im Auftrag des Industriellen Carlos Alberto Cabral (1895-1968) zunächst als private Anlage. Heute vereint der Park, der sich über eine Fläche von insgesamt rund 18 Hektar erstreckt, nicht nur Waldgebiete, Teiche, Blumen-, Obst- und Kräutergärten, sondern auch einen traditionellen Bauernhof mit Viehweiden, inklusive Schafen, Rindern und Hühnern. Als Besucher kann man den Park auf verschiedenen Routen durchqueren und die vielfältige Natur erkunden, die etwa 230 Arten von in Portugal heimischen und exotischen Bäumen, Sträuchern und Zierpflanzen umfasst. Im Park finden sich verschiedene Kiefer- und Eichenarten, Lorbeer- und Haselnussbäume, Virginia-Tulpenbäume, Riesen-Mammutbäume, verschiedene Zedern- und Kastanienarten sowie vielfältige Rhododendren und zahlreiche Kamelien-Sorten.
Zahlreiche Skulpturen von bekannten Künstlern sind im Park platziert, aktuell etwa die über 7 Meter hohe Arbeit „Plantoir“ (2001) von Claes Oldenburg und Coosje van Bruggen. Es ist eine riesige bunte Gartenschaufel, die mit ihrer Spitze in der Erde steckt, so als würde der Park gerade mit ihr umgegraben werden. Seit 1976 setzt das Künstlerduo farbenfrohe Skulpturen um, die an Gegenstände des täglichen Lebens erinnern. Ganz in der Nähe ist zudem eine Stahlskulptur von Olafur Eliasson installiert, die an eine Art offenen Pavillon erinnert. Die Arbeit mit dem Titel „The curious vortex“ (2019) verweist auf Eliassons Interesse für Geometrie und die Konstruktion von physischen, aber auch sozialen und kulturellen Räumen. Verflochtene Stahlrohre erinnern hier an einen Strudel, wirken aber gleichzeitig wie ein durchlässiger Raum, in den sich Besucher hinein begeben können, um von hier aus die Natur in der Umgebung zu beobachten. Weitere Skulpturen im Park stammen von Angelo de Sousa, Maria Nordman, Aristide Maillol oder Richard Serra.
Die Casa de Serralves
Ein besonderes Schmuckstück im Park ist die Casa de Serralves, die seit 2012 zusammen mit dem gesamten Landschaftsareal unter Denkmalschutz steht. Sie wurde ursprünglich als Privatresidenz für Carlos Alberto Cabral, den zweiten Grafen von Vizela, in Auftrag gegeben. Zwischen 1925 und 1944 wurde das Gebäude auf dem Gelände der ehemaligen Sommerresidenz der Cabral Familie am Stadtrand von Porto errichtet, vermutlich nach Entwürfen der Architekten Charles Siclis und José Marques da Silva. Heute gilt sie als herausragendes Beispiel der Art-déco-Architektur in Portugal.
Im Laufe der Zeit war das Mobiliar aus der Villa verkauft worden, weshalb das weitestgehend leer stehende Gebäude nun auch als Ausstellungsraum für Wechselausstellungen moderner und zeitgenössischer Kunst genutzt wird. Doch auch wenn gerade keine Ausstellung hier zu sehen ist, ist die dreigeschossige Villa schon aufgrund ihrer Architektur und Gestaltung sehr sehenswert. Im Untergeschoss befinden sich die Küche, die Speisekammer und die Wirtschaftsräume; im Erdgeschoss die Wohn-, Ess- und Eingangsbereiche; und im ersten Stock die Schlafzimmer. Gestaltet wurden diese Räume von bekannten zeitgenössischen Designern, u.a. Jacques Émile Ruhlmann, René Lalique und Edgar Brandt.
Der Serralves TreeTop Walk
Seit 2019 ist im Park von Serralves der sogenannte TreeTop Walk begehbar, eine Holzkonstruktion, über die man sich zwischen Baumkronen bewegen kann. Der Baumwipfelpfad wurde von dem Architekten Carlos Castanheira entworfen und ermöglicht es, den Park aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen und tiefer in dessen Biodiversität einzutauchen. In erster Linie finden auf dem TreeTop Walk Führungen und pädagogische Angebote für Kinder und Jugendliche statt. Er steht aber auch allen anderen Parkbesuchern offen, die Lust haben, sich zwischen den Ästen der meterhohen Bäume zu bewegen und dabei die hier lebenden Tiere zu beobachten.
Der im Zickzack angelegte und ca. 250 Meter lange Walk ist übrigens barrierefrei zugänglich und wurde bewusst so angelegt, dass auch Menschen im Rollstuhl oder mit Gehhilfe sich hier gut bewegen können. Ergänzt wird der Pfad durch diverse Aufenthaltsbereiche und Sitzgelegenheiten, um die Aussicht zu genießen, die bis zum Atlantik reicht. Langfristig ist geplant, die Äste der Bäume so zu leiten, dass sie um die Holzkonstruktion des Pfades herum wachsen. So soll sich der TreeTop Walk mit der Zeit immer organischer in die Natur einfügen, die ihn umgibt.
Die Casa do Cinema Manoel de Oliveira
Am östlichen Rand des Parks von Serralves findet man die Casa do Cinema, ein Kinomuseum das dem aus Porto stammenden Regisseur und Drehbuchautor Manoel de Oliveira (1908-2015) gewidmet ist. Er gilt als Regisseur mit der längsten Karriere in der Geschichte des Kinos: Insgesamt 84 Jahre lagen zwischen seinem Regiedebüt „Douro, Faina Fluvial“ von 1931 (dt.: Harte Arbeit am Fluss Douro) und seinem letzten Film „Um Século de Energia“ von 2015 (dt.: Ein Jahrhundert der Energie). Insgesamt schuf de Oliveira über 50 Filme und bildet in seinem Werk damit die Geschichte des Kinofilms selbst ab: Er ging vom Stummfilm zum Tonfilm über, von Schwarz/Weiß zum Farbfilm und vom Nitratfilm schließlich zu digitalen Medien.
Die Casa do Cinema vereint auf zwei Etagen eine Dauerausstellung, ein Dokumentationszentrum und einen Raum für Filmvorführungen. Hier wird nicht nur das Werk von Manoel de Oliveira zugänglich gemacht, es werden auch andere Verbindungen zur Geschichte des Kinos aufgegriffen. Anhand von zahlreichen Filmausschnitten, Requisiten, Dokumenten und persönlichen Gegenständen wie Filmpreisen erhält man so einen umfangreichen Einblick in das wechselvolle Leben und in das umfangreiche Werk des Regisseurs.
Parque de Serralves
R. Dom João de Castro 210
4150-417 Porto, Portugal
Bilder: Angelika Schoder – Parque de Serralves, Porto 2022
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Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.
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