Urheberrecht vs. Internet: Wer darf Kunst online zeigen?

Wann müssen Museen und Museumsbesucher das Urheberrecht berücksichtigen und wann darf Kunst online gezeigt werden? Eine Diskussion.

Wann müssen Museen und Museumsbesucher das Urheberrecht berücksichtigen und wann darf Kunst online gezeigt werden? Eine Diskussion.

[Werbung] Viele Museen ermöglichen es mittlerweile ihren Besuchern, in Ausstellungen zu fotografieren. Der Besucher wähnt sich in Sicherheit: Das Fotografieren ist ja vom Museum erlaubt worden und man wird oft sogar dazu aufgefordert, entstandene Bilder in Sozialen Medien zu teilen und das Museum zu verlinken. Alles gut also? Leider nicht. Was die Museen oft verschweigen, oder bestenfalls nur „im Kleingedruckten“ auf ihrer Website mitteilen, ist, dass Besucher mit der Veröffentlichung des Bildmaterials in manchen Fällen das Urheberrecht der Künstler verletzen. Dann kann es unter Umständen teuer werden, denn die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst oder die Künstler selbst könnten hier eine Nutzungsgebühr für die Bilder fordern. Der Museumsbesucher würde in diesen Fällen zur Kasse gebeten. Dabei wollte er doch nur ein Foto aus einer Ausstellung teilen…


Bitte, fotografieren und posten Sie eifrig!

In ihrem Interview mit uns im Juni 2018 betonte Ulrike Lorenz, die Direktorin der Mannheimer Kunsthalle: „Uns ist bewusst, dass es den Menschen wichtig ist, Fotos zu machen und diese in Social Media zu teilen. Wir ermutigen sie sogar dazu. Deshalb ist es Teil unserer digitalen Strategie, mit der VG Bild-Kunst eine Sondervereinbarung zur Frage der Bildrechte der Künstler zu schließen, so dass wir in der Lage sind, unseren Besuchern das Fotografieren zu ermöglichen – auch bei Werken, auf denen Bildrechte liegen. Das wird mit der Eröffnung des Museums möglich sein, so dass wir hier mit Volldampf in eine neue Ära gehen“. Nun könnte der Eindruck entstehen, das Fotografieren aller Museumsinhalte sei für Besucher kein Problem – und das Veröffentlichen der Bilder in Social Media auch nicht. Leider ist das falsch!

Auf diese Falschannahme machte erst Grischka Petri von der Universität Bonn in seinem Vortrag „Rück- und Ausblicke: Bildrechte, Urheberrechte, Eigentum und Besucherordnungen“ aufmerksam, den er am 14. September 2018 im Rahmen des Symposions „Wem gehören die Bilder? Wege aus dem Streit um das Urheberrecht“ im Marta Herford hielt. Er hatte einen Blick auf die Website der Kunsthalle Mannheim geworfen. Hier steht quasi „im Kleingedruckten“: „Zu privaten Zwecken und innerhalb der Nutzung der App der Kunsthalle Mannheim ist das Fotografieren ohne Blitz in der Sammlung der Kunsthalle Mannheim gestattet. In Sonderausstellungen ist das Fotografieren hingegen untersagt.“ Auf der Website des Museums heißt es weiter: „Ohne vorausgehende Genehmigung durch die Kunsthalle Mannheim ist die kommerzielle Nutzung aller Aufnahmen ebenso wenig gestattet wie die Verwendung zusätzlicher Lichter (Blitz, Videoleuchten) und Stative.“ Der Hinweis auf die „private Nutzung“ ist ein Problem, das für den Besucher teuer enden kann.


Ist das Posten von Fotos in Social Media eine private oder kommerzielle Nutzung?

Das Fotografieren „zu privaten Zwecken“ heißt nicht bei jedem Besucher, dass er die Bilder nur für sich behält oder sie Bekannten nur auf dem Display des eigenen Smartphones zeigen wird. Viele Museumsbesucher kommen sicher zunächst auf die Idee, dass auch das Posten der Bilder im eigenen Facebook- oder Instagram-Account eine „private Nutzung“ sei – schließlich verdient man damit ja kein Geld. Und das Museum fordert auch aktiv zum Teilen der Bilder in Social Media auf, etwa wenn es auf der Website der Kunsthalle Mannheim unter „Kuma-Digital“ heißt: „[V]ielmehr schärfen und stimulieren wir mit dem Digitalen die Sinne und das Bewusstsein der BesucherInnen und führen sie zum eigentlichen Ziel: zur individuell bereichernden Wahrnehmung des originalen Kunstwerks und die Teilung dieser authentischen Erfahrung mit anderen.“ Wer als Besucher seine „authentische Erfahrung“ aus dem Museum aber mit anderen in Social Media teilt, begibt sich in den Bereich der kommerziellen Nutzung.


Social Media ist immer kommerziell

Corinna Bernauer und Lars Rieck weisen im Blog von IPCL Rieck & Partner Rechtsanwälte darauf hin, dass die meisten Social-Media-Anbieter Werbung auf ihren Plattformen schalten und daher das Hochladen von Bildern auf diese Plattformen das Kriterium einer kommerziellen Nutzung erfüllt. Bernauer und Rieck betonen: „[Z]war verdient u.U. nicht der Nutzer direkt etwas an den Bildern, wohl aber der Plattformbetreiber – der das wiederum ausgleicht, indem er dem Nutzer den Dienst kostenlos zur Verfügung stellt.“

Aber wer einen privaten, nicht öffentlich einsehbaren Account bei Facebook, Instagram & Co. hat, mus hoffentlich nichts befürchten, könnte man meinen. Auch wer „nur ganz wenige Follower“ hat, ist vielleicht sicher? Falsch gedacht! Nach Bernauer und Rieck erfüllt auch ein vermeintlich „privater“ Account in Social Media kommerzielle Kriterien: „Die Nutzung auf einer kommerziellen Plattform kann nicht privat sein. Es entfällt hier lediglich eine Verwertungshandlung, nämlich die öffentliche Zugänglichmachung, § 19a UrhG. Die Verwertungshandlung der Vervielfältigung gem. § 16 UrhG liegt aber in jedem Fall vor! Auch ein geschützter Account ändert also nichts an der Sachlage – Fotos, die nur für den nicht-kommerziellen Gebrauch freigegeben sind, dürfen nicht ohne weiteres auf kommerziellen Plattformen wie sozialen Medien hochgeladen werden.“

Wissen Besucher, dass sie sich in den kommerziellen Bereich begeben, wenn sie Fotos aus dem Museum auf ihrem Social Media Account veröffentlichen? Die Kunsthalle Mannheim lässt Besucher darüber in ihrer Hausordnung im Unklaren und ist damit nur ein Museum von vielen, bei denen die Situation identisch ist. Nur wenige Museen, wie etwa das Museum Barberini, weisen in ihrer Hausordnung sachgemäß darauf hin:

„Das Photographieren für private Zwecke ist ohne Blitz und ohne Hilfsmittel wie Stative und Selfiesticks gestattet. Wir weisen darauf hin, dass die Veröffentlichung im Internet und in den Sozialen Medien keine private Nutzung darstellt und unter Umständen Urheberrechte verletzt werden.

Museum Barberini, Hausordnung

Update vom 05.11.2018

Im November hat die Kunsthalle Mannheim nach einer Anfrage von uns ihre Hausordnung ergänzt. Hier wurde zu Foto-, Film- und Audioaufnahmen der Passus hinzugefügt: „Wir weisen darauf hin, dass die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen im Internet und in den Sozialen Medien keine private Nutzung darstellt und unter Umständen Urheberrechte verletzt.“ Mittlerweile ist dieser Hinweis auch im Eingangsbereich des Museums für Besucher kenntlich gemacht.


Die Frage nach der Nutzung von Bildern

Wie mit Bild- und Urheberrechten innerhalb und außerhalb von Kulturinstitutionen umgegangen werden kann, beschäftigt seit einiger Zeit zahlreiche Akteure. Nicht nur Besucher müssen sich, wie oben erwähnt, Gedanken über Fotoverbote machen, ebenso wie um Fotogenehmigungen. Auch Museen selbst setzen sich mit der Problematik auseinander, wie Roland Nachtigäller, Direktor des Marta Herford, in einem Interview mit uns im Februar 2017 berichtete. Doch es sollte nicht beim Lamentieren über Beschränkungen im Kulturbereich bleiben, so wie es etwa die „Hamburger Note“ von 2015 noch abbildet. Die „Hamburger Note zur Digitalisierung des kulturellen Erbes“ weist auf die komplizierte Rechtesituation bei der Digitalisierung von urheberrechtlich geschützten Werken in Archiven, Bibliotheken und Museen hin und sieht sich als ein deutliches Plädoyer für eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen.

In der „Hamburger Note“ werden die geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen des Urheberrechts als „großes Hindernis“ identifiziert. Bei älteren Werken, die noch urheberrechtlich geschützt sind, sei die Rechtesituation „meist sehr kompliziert“ und es wird bemängelt, dass eine umfassende Digitalisierung des kulturellen Erbes damit noch auf Jahrzehnte hinaus nicht möglich sei, insbesondere dann, wenn Archive, Bibliotheken und Museen für jedes einzelne Objekt den urheberrechtlichen Status klären müssen. Es wird der Wunsch nach gesetzlichen Rahmenbedingungen geäußert, die für alle öffentlichen Gedächtnisinstitutionen eine rechtliche Einzelfallprüfung verzichtbar machen und grundsätzlich eine Sichtbarmachung von Beständen im Internet ermöglichen. Konkretere Möglichkeiten oder praxisnahe Empfehlungen werden hier aber nicht an- oder ausgesprochen.


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Wem gehören die Bilder?

Diese Suche nach zielführenden Optionen, wie Kunst u.a. im Internet für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann, wollte das Marta Herford mit dem Symposion „Wem gehören die Bilder? Wege aus dem Streit um das Urheberrecht“ angehen. Wichtige Anmerkungen kamen hier von Ellen Euler von der Hochschule Potsdam. In ihrem Vortrag „Visionen und Hoffnungen – Neue Formen der Gemeinfreiheit“ klärte sie einleitend den Begriff des „geistigen Eigentums“ und erläuterte, wie eine in der Eigentumslogik verhaftete Denkweise zu grundlegenden Missverständnissen führt. Diese würden verhindern, dass ein Konzept der „Gemeinfreiheit“ entstehen kann, welches Gemeinfreiheit eben bereits als Grundsatz begreift.

Euler betonte, dass sich Kulturerbe-Einrichtungen, wie z.B. Museen, als Sachwalter der Gemeinfreiheit verstehen müssten. Als geradezu absurd wurde die aktuelle Situation beschrieben, dass Museen oft nicht einmal ihre eigene Sammlung digital visualisieren können. Hier muss der Gesetzgeber Abhilfe schaffen, ähnlich der Lösung in Schweden: Hier existiert bereits seit 2015 eine funktionierende Lizenzierungslösung zwischen Digisam und BUS, der schwedischen Verwertungsgesellschaft für Werke der bildenden Kunst. Auch in Deutschland könnten hier Erfahrungswerte gesammelt werden, inwieweit eine solche Lösung Urhebern auch zugute kommen kann.

Ein wichtiger Aspekt ist hier das Thema Embedding, auf das Ellen Euler bereits in ihrem Beitrag vom 10. Juli 2018 bei iRights.info eingeht. Hier berichtet die frühere Leiterin der Geschäftsstelle und stellvertretende Geschäftsführerin der Deutschen Digitalen Bibliothek von den Verhandlungen der DDB mit der VG Bild-Kunst. Um auch geschützte Werke der bildenden Kunst des 20. Jahrhunderts online zeigen zu können, sollte ein Vertrag geschlossen werden, der die Inhalte auch via Embedding zur Verfügung stellt, etwa an kooperierende Einrichtungen. Beim Embedding liegt ein Inhalt, z.B. ein Foto oder ein Video, bei einer Quelle, z.B. auf dem Server eines Museums oder bei YouTube. Andere Websites können diese Inhalte bei sich einbinden (engl. embedding), ohne die Inhalte selbst zu besitzen. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshof von 2014 ist dies sogar im Hinblick auf das Urheberrecht möglich – dies wird durch Embedding nicht verletzt (insofern Inhalte von vorneherein rechtmäßig online gestellt wurden).


Embedding verhindern oder zulassen?

Die VG Bild-Kunst befürchtet, in Anbetracht dieser Embedding-Möglichkeit, dass bildende Künstler ihrer Rechte enteignet würden, wenn jeder ihre Werke durch Einbetten auf eigenen Seiten zeigen könnte. Denn die Frage „Wem gehören die Bilder“ bezieht sich ja immer auch auf die Urheber eines Werkes (oder auf ihre Erben, bis zu 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers). Unter dieser Voraussetzung ist die VG Bild-Kunst nur bereit, eine Online-Darstellung von Werken zu lizensieren, wenn Embedding (bzw. Framing) verhindert wird durch eine Art „Framing-Verhinderungs-Technologie“. Traurigerweise gibt es zahlreiche Museen, die hier bereitwillig zustimmen, wie die „Münchner Note“ zeigt.

Die Unterzeichner der „Münchner Note“, u.a. die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, das Städel Museum, die Kunsthalle Mannheim, die Klassik Stiftung Weimar und auch das Marta Herford, eint der gemeinsame Wunsch, urheberrechtlich geschützte Bildwerke der Öffentlichkeit im Internet zugänglich machen zu können. Ziel soll ein fairer Ausgleich zwischen dem Interesse der Gesellschaft am Zugang zu Abbildungen (von urheberrechtlich geschützten Werken) und den Rechten der Urheber sein. Notwendig ist hierfür, dass Kulturinstitutionen einerseits Rechtssicherheit für die digitale Sichtbarmachung ihrer Bestände erhalten. Andererseits sollen die Urheber von Kunstwerken aber natürlich auch eine gerechte Vergütung für die Abbildung ihrer Werke im Internet erhalten.


Kunst unter Kontrolle?

Eine faire Vergütung für Urheber (und ihre Erben) ist die eine Seite, die sicher niemand bestreiten wird, der ernsthaft an einem verantwortungsvollen Umgang mit Kunst im Internet interessiert ist. Die andere Seite ist aber der Aspekt der Kontrolle, um den es auch in der „Münchner Note“ geht. Hier heißt es nämlich weiter: „Um den Bildungsauftrag auch im digitalen Raum erfüllen zu können, fordern die Unterzeichner eine Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen auf deutscher und europäischer Ebene: […] Eine Korrektur des Richtlinienrahmens, welcher der Rechtsprechung des EuGH zum Framing [auch Embedding] zugrunde liegt, damit die Bildurheber/innen mit der Sichtbarmachung der Bestände nicht die Kontrolle über weitere Nutzungen ihrer Werke im Internet verlieren. Die Kultureinrichtungen sind zu einer technischen Sicherung gegen Framing nicht in der Lage.“


Wie viel Kontrolle ist sinnvoll?

Geht man von der Fehlannahme des „geistigen Eigentums“ aus, auf die Ellen Euler im Rahmen ihres Vortrags beim Symposion „Wem gehören die Bilder?“ einging, stellt sich die Frage, ob eine Kontrolle über die Darstellung von Kunst überhaupt mit der Überlegung einer Gemeinfreiheit vereinbar ist. Soll hier wirklich eine Art von Deutungshoheit über die Nutzung von Kunst etabliert werden? Treten Museen und Kulturinstitutionen hier als „Hüter der Kultur“ in Erscheinung, die allein entscheiden dürfen, wer die Inhalte ihrer Sammlung nutzen darf? Es schwingt eine Angst vor potentiellem Missbrauch von Bildern mit.

Diesen Aspekt brachte Alfried Wieczorek, der Direktor der Reiss-Engelhorn-Museen, mit ins Spiel. Die Museen aus Mannheim befinden sich im Rechtsstreit mit Wikimedia Deutschland. Während der Auseinandersetzung wurde immer wieder auf den Anspruch auf eine „Entscheidungsbefugnis über die Frage des Ob und vor allem des Wie der öffentlichen Zugänglichmachung unserer Bestände“ als Museum verwiesen. Dies betrifft nicht nur die Kontrolle über eine weitere kommerzielle Nutzung von Werken, sondern auch eine Kontrolle über die Nutzung an sich, um Missbrauch zu verhindern.


Möglicher Missbrauch von Kunst?

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion am 18. November 2016 im Rahmen der Konferenz „Kulturelles Erbe: Zugang gestalten!“ in Berlin betonte Wieczorek hierzu: Man wolle „dafür Sorge tragen, dass damit [mit Kunstwerken] nicht Schindluder getrieben wird oder es in falschen Zusammenhängen zu einer Veröffentlichung oder Erwähnung kommt. Was ist ein falscher Zusammenhang? Ein falscher Zusammenhang ist, wenn ein Kunstwerk, nehmen wir mal an von einer Nazi-Gruppe verwendet wird, um damit Werbung zu machen für ihre eigenen Zwecke. Das würde ich zum Beispiel versuchen zu verhindern und das wäre ein Weg, der meines Erachtens denen, die über diese Exponate zu verfügen haben, zusteht, darauf zu achten, dass solche Missbräuche nicht geschehen.“

Bei der digitalen Zugänglichkeit von Kunstwerken geht es eben aber nicht nur um Gefahren von Missbrauch. Es geht auch um die positive Nutzung im Bildungs- und Forschungsbereich. Wer Embedding von urheberrechtlich geschützten Inhalten verhindern will – oder wie die Unterzeichner der „Münchner Note“ eine Blockierung von Embedding unterstützen würde – schränkt damit auch den Zugang von Wissenschafts- und Bildungsangeboten zu diesen Inhalten ein. Man muss sich fragen: Ist die Gefahr einer missbräuchlichen Nutzung durch Embedding größer als der Vorteil, der für Akteure geschaffen wird, die Inhalte positiv zu nutzen?

Sind Bilder einmal online, lassen sie sich ohnehin nicht mehr „einfangen“. Wie Hubertus Kohle vom Institut für Kunstgeschichte an der LMU München im Rahmen der erwähnten Podiumsdiskussion mit Wieczorek in Berlin hierzu anmerkte: „Sobald wir uns ins Internet begeben, sollten wir diesen Gedanken [der Kontrolle] lieber aufgeben. […] Das Leben ist kein Ponyhof! Und wer es wagt mit diesen neuen Medien zu agieren, der muss bestimmte Konsequenzen auch ertragen.“


Wer darf Kunst online zeigen?

Wer Bilder missbräuchlich nutzen möchte, den wird blockiertes Embedding nicht abhalten. Man könnte einen Screenshot der Website anfertigen, auf dem ein urheberrechtlich geschütztes Bild zu sehen ist, und könnte damit fortan auch illegal kommerziell arbeiten. Wer z.B. in China Bilder von Picasso auf Tassen und T-Shirts druckt, der interessiert sich nicht für Urheberrechte. Ganz im Gegensatz zu Wissenschaftlern, Bildungseinrichtungen, aber auch Journalisten, die sich mit der Möglichkeit des Embedding auch auf urheberrechtlich geschützte Werke beziehen könnten, ohne die Nutzung bezahlen zu müssen und ohne die Urheberrechte tatsächlich zu verletzen. Wie Ellen Euler in einem Beitrag zum Thema Open Access hinweist, profitieren Schätzungen zufolge nur ca. 4 % der geschützten Werke von einem Rechtsschutz, der die freie Verbreitung und Weiterentwicklung reguliert, während 96 % der geschützten Werke von einem solchen Schutz in ihrer Verbreitung negativ beeinflusst werden. Eine Verhinderung von Embedding könnte ähnliche Folgen haben.

Vor diesem Hintergrund gibt es nun eine Reihe an Aufgaben, die auf Museen, aber auch auf den Deutschen Museumsbund zukommen. Wie Jens Bortloff, Vorstand des Deutschen Museumsbunds, in seinem Vortrag „Auf dem Weg zum neuen Gesamtvertrag mit der VG Bild-Kunst – ein Zwischenstand“ am 15.09.2018 im Rahmen des Symposions „Wem gehören die Bilder? Wege aus dem Streit um das Urheberrecht“ betonte, strebt der Museumsbund nämlich eine neue Regelung mit der VG Bild-Kunst an. Dieser soll es Museen ermöglichen, flexibler – und v.a. den Gegebenheiten des Internets entsprechend – mit urheberrechtlich geschützten Werken zu arbeiten. Ziel ist es, dass Museen die Bilder auch für ihre eigene Kommunikations- und Vermittlungsarbeit online nutzten können, und zwar über einen Zeitraum der aktuellen Berichterstattung im Rahmen einer Ausstellung hinaus. Dies würde auch die dauerhafte Nutzung der Bilder in den Social-Media-Accounts der Museen mit einschließen, ebenso wie in Museumsblogs und auf Museumswebsites.


Legalize it!

Wichtig wäre, dass die Bilder von den Websites der Museen aber auch Wissenschaftlern, Bildungseinrichtungen oder Journalisten (und jedem, der dies möchte) via Embedding zur Verfügung stehen können. Aus diesem Grund sollte der Deutsche Museumsbund diesen Aspekt im angestrebten Gesamtvertrag mit der VG Bild-Kunst mit einschließen. Ebenso sollten die Museen, welche die „Münchner Note“ unterzeichnet haben, sich dahingehend einigen, von der Zustimmung zu einem „Framing-Verbot“ zurückzutreten. Was hingegen in eine Lizenzvereinbarung mit der VG Bild-Kunst aufgenommen werden sollte, ist eine Regelung zum Fotografieren und Veröffentlichen urheberrechtlich geschützter Werke in Social Media durch Museumsbesucher.

Hier muss stärker differenziert werden zwischen Akteuren, die Kunstwerke tatsächlich kommerziell nutzen wollen, um damit z.B. Produkte zu verkaufen, und Besuchern, die Bilder ihres Museumsaufenthalts in Social Media „privat“ teilen wollen. Rein rechtlich findet die Nutzung von Instagram, Facebook, Twitter & Co. in einem kommerziellen Rahmen statt. Aber i.d.R. handeln Museumsbesucher mit der Veröffentlichung der Bilder hier nicht selbst in einer kommerziellen Absicht. Statt dessen übernehmen sie für das Museum sogar einen Teil der Öffentlichkeitsarbeit – und vielleicht sogar einen Teil der Vermittlungsarbeit, wenn sie Inhalte aus dem Museum auf diese Art an ein kleines oder großes Publikum kommunizieren.


Kunst lebt in Social Media fort

Es reicht einfach nicht aus, dass Museen für ihre Besucher nur das Fotografieren in ihren Ausstellungen erlauben. Im Zeitalter von Social Media ist davon auszugehen, dass die meisten Besucher die Bilder auch in Sozialen Medien nutzen werden – unabhängig davon, ob es sich um Fotos von urheberrechtlich geschützter Kunst handelt oder nicht. Die Realität ist, dass Besucher hierdurch wissentlich oder unwissentlich eine Urheberrechtsverletzung begehen, wenn sie urheberrechtlich geschützte Werke bei Instagram, Facebook & Co. veröffentlichen. (Dazu auch Barbara Fischer von der Deutschen Nationalbibliothek in ihrem Beitrag zu #SalonEuropa.)

Museen dürfen nicht zulassen, dass dieser Zustand so bleibt – aus Verantwortung den Besuchern gegenüber, aber auch aus Verantwortung den Urhebern gegenüber. Aus diesem Grund muss das, was nicht aufgehalten werden kann, endlich legalisiert werden. Von einer entsprechenden Lizenzvereinbarung würden alle profitieren: die Urheber, da sie eine pauschale Vergütung erhalten, die Museumsbesucher, die endlich nicht mehr illegal handeln, und schließlich die Museen, die guten Gewissens ihren Besuchern das Fotografieren aller Werke gestatten können. Denn wie die Kunsthalle Mannheim betont: Die Teilung einer authentischen Erfahrung aus dem Museum mit anderen kann neue Erkenntnisse bringen und sogar zu einem Bildungserlebnis werden. Nur legal sollte es sein!

Dieser Beitrag entstand im Auftrag des Marta Herford im Nachgang zum Symposion „Wem gehören die Bilder? Wege aus dem Streit um das Urheberrecht“ am 14./15.09.2018 in Herford.


Header-Bild: Werbung für die Exposition du Centenaire de la Lithographie organisiert von der Galerie Rapp, anonym, nach Hugo d’Alesi (1895 – 1900) – Rijksmuseum, RP-P-2015-26-1685Public Domain


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Angelika Schoder

Über die Autorin

Bei musermeku schreibt Dr. Angelika Schoder über Themen zur Digitalisierung, über Museen und Ausstellungen sowie über Reise- und Kultur-Tipps.

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